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Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten

Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten

Titel: Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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seinen Augen. Diese Frau, sie sagte etwas, aber gerade, als sie sich ihm zuwandte, verschwand das Bild, und er bekam ihr Gesicht nicht zu sehen.
    » Was hat es mit dieser Frau auf sich, Schwester?«, fragte er schließlich.
    Sie lächelte wieder, offensichtlich hatte sie sich beruhigt. Dann sagte sie: » Vier Jahre hast du unserem Vater treu gedient und in allem gehorcht, ohne zu fragen oder zu klagen. Du warst wie eine marmorne Statue am Thron unseres Vaters. Dann jedoch bist du Aina begegnet, einer Dienerin im Palast, und ich kann verstehen, dass du ihrer Schönheit nicht widerstehen konntest. Um es kurz zu machen – dein steinernes Herz erweichte sich, und du bist ihr verfallen. Aber natürlich hätte Vater dir nie erlaubt, sie zu heiraten, oder überhaupt mit ihr zusammenzukommen.«
    » Aina?«
    » Sie war es, die dich zu mir geschickt hat, denn wir waren Freundinnen, bevor ich in dieses kalte Land gesandt wurde.«
    » Und wir haben uns verbündet?«
    Shahila nickte und musterte ihren Bruder verstohlen. Seine Bewegungen waren fahrig, sein Blick unstet, sie konnte ihm ansehen, dass er bis ins Mark verunsichert war. Schon bald, vielleicht schon am kommenden Tag, war diese Angelegenheit erledigt, und sie brauchte ihn nur noch als Leiche. Sie freute sich auf sein Gesicht im letzten Augenblick seines Lebens, wenn er begriff, wie sehr sie ihn betrogen und belogen hatte. Wie ahnungslos er war! Er wusste nicht, dass es seine Mutter Mitaqi war, wegen der ihre Mutter vom Padischah verstoßen worden war, denn er hatte diese falsche Schlange zu seiner neuen Lieblingsfrau auserkoren. War es denn nicht mehr als gerecht, dass die schöne Nilami sich gewehrt und die Rivalin getötet hatte, als sie erfahren hatte, dass diese ihr den kostbaren Platz an der Seite ihres Mannes rauben wollte? Shahila hätte nicht anders gehandelt. Doch von alldem hatte Sahif, der damals noch ein Kind gewesen war, nie etwas erfahren. Ihr Blick verdüsterte sich. Auch sie war ein Kind gewesen, aber ihr Vater hatte sie gezwungen, der Auspeitschung ihrer eigenen Mutter zuzusehen. Sie träumte manchmal davon. Das alles war Mitaqis Schuld. Aber da sie sich an einer Toten nicht mehr rächen konnte, hatte sie Sahif, den verhassten Sohn, als todgeweihtes Werkzeug ihrer Rache ausersehen, einer Rache, deren Weg als Nächstes über die Leiche des Herzogs von Atgath führte.
    Es hatte sie viel Beherrschung gekostet, ihm nicht all das ins Gesicht zu schreien, aber jetzt hatte sie sich wieder im Griff, und es war Zeit, ihm das Fallbeil zu zeigen, unter dem er lebte. Shahila war nicht zimperlich, wenn es darum ging, ihren Vater als Ungeheuer darzustellen, doch jetzt musste sie einfach nur die Wahrheit erzählen: » Es gibt da noch etwas, was du vermutlich vergessen hast, Sahif: das Gesetz der Skorpione.«
    Sein fragender Blick verriet ihr, dass er natürlich keine Ahnung hatte, wovon sie sprach. Sie seufzte. » Weißt du, das Reich von Oramar ist groß und vereint viele Stämme und Völker. Früher, in der alten Zeit, wurde es oft von Bruderkriegen erschüttert, vor allem, wenn der alte Padischah gestorben war und mehrere Söhne nach seinem Thron griffen. Sie verbündeten sich mit diesem oder jenem Stamm, und dann führten sie lange und blutige Kriege gegeneinander. Aus diesem Grund erließ unser Ur-Urgroßvater ein Gesetz, das dem ein für alle Mal ein Ende bereitete.«
    » Das Gesetz der Skorpione?«
    Sie nickte. » Es verlangt, dass nach dem Tod des Padischahs der Erbe seine Brüder tötet, um die Ordnung im Reich zu wahren.«
    Sahif starrte sie ungläubig an. » Die Brüder töten sich gegenseitig?«
    » Warum, glaubst du, nennt man unser Haus das Haus der Skorpione? Unser Vater hatte acht Brüder, doch keiner unserer Onkel hat das erste Jahr seiner Herrschaft überlebt. Die klügeren unter ihnen legten sich freiwillig unter das Schwert des Scharfrichters, weil sie damit wenigstens ihre Frauen und Töchter, wenn auch nicht ihre Söhne retten konnten, die anderen ließ er ermorden – mit ihren Frauen und Kindern. Nun war unser Vater im vergangenen Jahr erkrankt, ein tückisches Fieber, das er sich in Damatien beim endlosen Krieg gegen die Bergvölker geholt hatte. Er wäre fast daran gestorben, und unsere Brüder begannen schon, sich an die Gurgel zu gehen. Betai – du wirst dich auch an ihn wohl nicht erinnern, aber er war ein Liebling unseres Vaters – ist bereits unter rätselhaften Umständen gestorben. Nun, der Große Skorpion erholte sich, und damit

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