Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten

Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten

Titel: Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
Vom Netzwerk:
Schwache Zauberer nehmen von Tieren, stärkere von Wasser, oder Wind, oder Feuer. Es sind starke Zauberer in Mahratgath. Aber einer sollte nicht hier sein.«
    Sahif fragte erst gar nicht. Ihn beschäftigte etwas ganz anderes. » Ich verstehe immer noch nicht, worauf wir hier warten. Grams wurde festgenommen und zur Burg geschafft, Ela ist ebenfalls dort. Wir müssen doch etwas unternehmen!«
    » Wir warten«, sagte Marberic, und gerade als Sahif wieder große Wut in sich aufsteigen fühlte, fügte er hinzu: » Auf Amuric.«
    » Noch einer aus deinem Volk? Warum hast du das nicht gleich gesagt?«
    » Ich war nicht sicher, ob er kommt. Aber er kommt.«
    » Und wer ist dieser Amuric?«
    » Er ist einer der Ältesten. Er hat Mahratgath gebaut. Kennt alle Wege. Besser als ich. Aber …«
    » Aber?«
    » Er mag keine Menschen. Vor allem jene nicht, die zaubern können.«
    Nestur Quent rollte gähnend seine Pergamente zusammen. Der Wanderer war hinter dem Horizont verschwunden und mit ihm das Sternbild des Jägers. Die Sterne begannen schon zu verblassen. Er hatte es gesehen, mit eigenen Augen: Der Wanderer hatte die Pfeilspitze berührt, war mit ihr verschmolzen und dann wieder hervorgetreten, um seinen Weg fortzusetzen. Ein erhabener Augenblick, etwas, worauf er Jahre gewartet und hingearbeitet hatte. Quent streckte sich und ließ den Blick über seine Apparaturen schweifen, das Fernrohr, die Sanduhren, die Winkelmesser. Er schüttelte den Kopf. Er würde sie sicher noch brauchen, die Arbeit war schließlich nicht getan. Es gab noch viele Sterne, deren Position und Bahn nur ungenau bekannt war, und die Gilde der Seefahrer in Frialis war immer interessiert an verbesserten Mond- und Sterntabellen, weil sie damit in fremden Gewässern navigierten. Quent gähnte noch einmal herzhaft, deckte seine Werkzeuge zu und verschloss den Verschlag. Seefahrt hatte ihn nie sonderlich beschäftigt, und dass die Kapitäne seine Sterntabellen nutzen konnten, nur um herauszufinden, vor welchem sandigen Eiland sie gerade ankerten, kam ihm irgendwie entwürdigend vor. Er warf einen letzten Blick auf das Firmament und seine Sterne und machte sich dann, beladen mit Pergamenten, an den Abstieg. Der Nordturm hatte den Vorteil, dass er hoch und etwas abgelegen stand, aber es war eben auch ein weiter Weg mit vielen Stufen.
    Er summte leise, als er die lange Wendeltreppe hinunterstieg. Er hatte ihn gesehen, den Beweis, dass alle seine Berechnungen richtig waren – ein wirklich erhabener Moment. Aber nun machte sich in ihm ein seltsames Gefühl breit. Er hatte ein Ziel erreicht, ein schönes, ein prachtvolles Ziel, und was nun? Er würde einige Schreiben verfassen, an Kollegen, die an anderen Orten ähnlichen Beschäftigungen nachgingen. Man würde Wissen und Höflichkeiten austauschen, und die Briefwechsel würden sich über Monate hinziehen. Einige würden ihm zustimmen, andere würden ihm trotz des offensichtlichen Beweises Fehler in seinen Berechnungen unterstellen. Quent brummte, als er den Turm verließ und die Pforte sorgfältig verschloss. Im Grunde genommen fand er es fürchterlich uninteressant, was andere Astronomen dachten. Er hatte sie gesehen, die Hochzeit des Wanderers mit der Pfeilspitze, mit eigenen Augen, und nun hatte er das seltsame Gefühl, dass ihm die Sterne nichts mehr geben konnten. Er dachte darüber nach, während er dem Wehrgang zu den Hauptgebäuden der Burg folgte. Ja, wenn er nicht noch einmal fünfundsiebzig Jahre wartete, würde er dort oben wohl nichts Vergleichbares mehr entdecken. Er schlurfte durch die dunklen Gänge zu seinem Wohnturm auf der Ostseite der Burg. Wie müde er sich fühlte. Er stieg die Treppe hinauf, betrat seine Kammer, legte die Pergamente auf den Tisch und stellte sich ans Fenster. Der Hausberg ragte vor ihm in die Dämmerung. Wie sehr das seine Sicht doch begrenzte. Er fühlte sich plötzlich eingeengt. Eine Reise, er könnte eine Reise unternehmen. Vielleicht nach Frialis, er war seit Jahrzehnten nicht mehr dort gewesen. Er könnte die Schule des Lebendigen Odems besuchen, sehen, ob alte Freunde von ihm noch dort unterrichteten. Er kratzte sich am Rücken und starrte gähnend auf den Berg. Dann durchfuhr es ihn wie ein Blitz – der Schatten, die Prinzen! Er hatte vollkommen vergessen, dass er sich um einige wichtige Dinge zu kümmern hatte. Er war der Sache mit den Einladungen immer noch nicht nachgegangen.
    Er riss das Fenster auf und ließ frische Luft in die Kammer. Der kalte Wind, der die

Weitere Kostenlose Bücher