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Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten

Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten

Titel: Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Pergamente über den Tisch rollen ließ, vertrieb die Müdigkeit. Quent schüttelte sich. Warum beschäftigten ihn diese Einladungen so? Es war doch beinahe offensichtlich, was hier geschehen war: Jemand hatte im Namen, aber ohne das Wissen des Herzogs dessen Brüder nach Atgath eingeladen. Vermutlich hatte es Zusagen gegeben, von denen sie nie erfahren hatten, weil es ihnen jemand verheimlichte. Wer kam dafür in Frage? Verwalter Ludgar, wer sonst? Der Mann war tot, gestorben, kurz bevor Baron Beleran mit seiner Gattin hier eingetroffen war. Quent ging ein paar Schritte auf und ab. Das alles ergab dennoch keinen Sinn. Der Herzog war nicht so einfach zu töten, und seine Brüder …? Der alte Zauberer hielt inne. Die beiden Prinzen waren auf dem Weg hierher, das hatte Beleran gesagt, und sie reisten gemeinsam. Der Wind! Er hatte den Wind fragen wollen, was es mit der Galeere auf sich hatte. Das war es, was er über die Sterne vergessen hatte.
    Er blickte schuldbewusst auf seinen Tisch, auf dem sich Tafeln und Pergamentrollen türmten, dann wischte er sie kurzentschlossen mit einer einzigen Armbewegung zur Seite. Er trat an eines der hohen Regale und suchte die Fächer ab, bis er einige staubige Blätter fand, zog sie heraus und warf sie auf den leeren Schreibtisch. Er überflog die Zeichen und nickte grimmig. Im Grunde genommen kannte er diesen Zauber in- und auswendig, aber es konnte nicht schaden, die alten Kenntnisse etwas aufzufrischen. Er brauchte Laub, oder würde es auch mit Pergament gehen? Laub war ohne Zweifel besser, aber Pergament war doch ganz ähnlich. Er nahm ein kleines, unbeschriebenes Blatt und zerriss es in vier Teile. Noch einmal überflog er die Notizen, dann trat er ans Fenster, hielt die vier Fetzen zwischen den Händen und begann die Beschwörungsformeln zu murmeln. Eigentlich hätte er einen Sturmkreis gebraucht, und Blatt vom Baum, kein Pergament, aber vielleicht würde es auch so gehen. Er fragte den Wind, fragte ihn nach einer Galeere, einer bestimmten unter den hunderten, die das Goldene Meer kreuzten. Die vier Pergamentfetzen in seiner Hand begannen leise zu rascheln. Nestur Quent wiederholte die Beschwörung, bis sich das Rascheln des Pergaments zu einem Wispern wandelte. Der Bergwind wusste nichts vom Meer, aber er trug die Frage weiter. Feuer, flüsterten die Blätter. Aber Quent wollte nichts von Feuer wissen; das Meer, er suchte ein Schiff. Es klopfte an der Tür. Feuer und Tod. Quent lauschte angestrengt. Wellenbrennen. Er schüttelte den Kopf. Das ergab keinen Sinn. Wieder klopfte es. Hatte er den Wind falsch verstanden? Das Wispern wurde immer leiser. Laub, er brauchte Laub. Ein drittes Mal klopfte es leise, beinahe schüchtern. Quent ließ die Hände sinken, und die Pergamentfetzen trudelten zu Boden. Er spürte ein leichtes Zittern der Hände. Beinahe wäre es dennoch gelungen. Aber es war auch kein Wunder, dass er den Zauber nicht in den Griff bekam, wenn er dauernd gestört wurde. Wellenbrennen? Was mochte das bedeuten? Er ging zur Tür. Wer immer es wagte, ihn zu belästigen, er würde es bereuen.
    Kapitän Sepe Baak sah brennendes Wasser und eine gewaltige schwarze Rauchwolke, die sich dann plötzlich wieder in das endlose Meer verwandelte, ein Meer, auf dem er ganz allein durch raue See trieb. Und dann kamen die Gesichter, Kindergesichter. Sie tauchten aus der Tiefe auf, sahen ihn stumm und vorwurfsvoll an, und dann packten sie plötzlich sein Boot und versuchten, es umzuwerfen. Baak schreckte hoch. Er musste eingenickt sein. Wie spät war es? War das schon die Morgendämmerung? Einer der Männer hatte eben geschrien. Das Boot schaukelte bedrohlich, und das passte so gar nicht zu den langgezogenen, ruhigen Wellen, in denen sich ihr Gefährt hob und senkte.
    » Mann über Bord«, stammelte Hafid, der sich bleich im Heck zusammenkauerte.
    Baak richtete sich auf. Er sah im Wellental unter ihnen zwei Körper treiben. Im Zwielicht konnte er kaum etwas erkennen.
    » Es war Jamad, Kapitän. Er hat Gollis getötet und dann wollte er mich … aber Gollis, das Messer in der Brust, klammerte sich an ihn, und ich hab ihm eins mit dem Ruder übergezogen! Und dann gingen sie beide über Bord.«
    » Du hast ihn erledigt?«, fragte Baak.
    Neben ihm kauerte der schweigsame Wamet, beinahe ebenso blass wie Hafid, und starrte auf das Meer. » Ich habe es nicht gesehen, Kapitän, ich war eingenickt«, murmelte er.
    Die treibenden Körper blieben schnell zurück, denn in der Nacht hatten sie

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