Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten
habe das Gefühl, dass es besser für uns ist, wenn wir erst einmal selbst erfahren, was dieser Fremde mit unserem Vater zu tun hat.«
Der Fremde bewegte im Schlaf einen Arm und schlug die Decke zurück. Ela seufzte und deckte ihn vorsichtig wieder zu. Nicht einmal eine Sekunde später lag sie auf dem Rücken, blickte in ein paar zornige, dunkle Augen und spürte die Klinge einer Axt am Hals.
Die Wachstube in der Burg war groß, aber verwinkelt, eine Folge der vielen Umbauten. Die Fenster waren zu klein, um für ausreichend frische Luft zu sorgen, und an den Haken an der Wand dünsteten nasse Mäntel aus. Es war kein Ort, an dem sich Bahut Hamoch gerne aufhielt. Der Leutnant hatte ihn lange hier warten lassen, und nun war er endlich erschienen, aber ohne Verwalter Ludgar. Hamoch schüttelte den Kopf. » Ich kann Euch nicht ganz folgen, Leutnant Aggi. Habt Ihr ihn nun gefunden oder nicht?«
» Einen Teil von ihm, Meister Hamoch, genau genommen seinen Hut.«
Der Adlatus seufzte. Er hatte nur kurz Zeit gehabt, im Laboratorium nach dem Rechten zu sehen, und er hoffte, dass diese leidige Angelegenheit nicht zu viel Zeit in Anspruch nehmen würde. Leider zeigten die Soldaten nicht viel Initiative. Hauptmann Fals war zurückgekehrt, um zu melden, dass sie unterhalb der Burg nichts gefunden hätten, und er war nicht von selbst auf die Idee gekommen, es bachabwärts, unterhalb der Stadt zu versuchen. Hamoch hatte es erst ausdrücklich anordnen müssen. Und während er sich noch über die Begriffsstutzigkeit des Hauptmanns geärgert hatte, war nun dieser Leutnant in der Wachstube aufgetaucht und meldete, dass er einen Teil des Verwalters gefunden hatte. Er hatte keine Lust auf Rätsel. » Seinen Hut?«, fragte er nach.
» Verzeiht, Herr, vielleicht ist es besser, ich beginne von vorne.«
» Das erscheint mir sinnvoll, Leutnant.«
» Ich begann in der Kanzlei, doch ist Apei Ludgar heute nicht dort erschienen. Also ging ich zu ihm nach Hause, doch seine Frau hatte ihn seit dem gestrigen Abend nicht mehr gesehen und vermutete ihn in einem der Wirtshäuser in der Neustadt.«
Der Adlatus seufzte. Der Leutnant war nicht dumm, doch umständlich. Vielleicht wollte er auch nur glänzen, aber Hamoch wünschte sich, er würde endlich zum Punkt kommen.
» Nun, Herr, gewisse Dinge, die man sich über Verwalter Ludgar erzählt, ließen mich vermuten, dass er nicht in einer Schänke, sondern vielleicht in einem bestimmten Haus in der Neustadt sein könnte, bekannt als das Rote Haus, wenn Ihr wisst, welches ich meine.«
» Ich kenne nicht jedes Haus dieser Stadt, Leutnant.«
» Es hat einen Ruf, Herr, wenn auch einen sehr zweifelhaften. Es ist das Hurenhaus der Stadt, um genau zu sein. Und dort fand ich den Hut unseres Verwalters. Er hatte ihn dort vergessen.«
» Also war er selbst nicht mehr da?«
» Nach Aussagen mehrerer Damen hat er es kurz nach Mitternacht verlassen, ungewöhnlich früh, wie man mir sagte. Aber sie wussten leider nicht, wo er hingehen wollte.«
» Wenn er in der Neustadt war, dann muss ihn doch der Posten auf der Brücke gesehen haben, oder?«
» Das ist es ja, Herr. Der Mann, der Dienst auf der Brücke haben sollte, wurde von Verwalter Ludgar am Abend eigens ans Südtor beordert, ebenso wie der Mann, der gestern auf dem Bergfried hätte wachen sollen. Angeblich hatte Apei Ludgar andere Männer für diesen Dienst vorgesehen, doch niemand weiß, wer das gewesen sein soll. Es war übrigens auch niemand am unteren Wassertor, Herr.«
Der Adlatus starrte düster auf den kahlen Tisch der Wachstube. Die Angelegenheit war wohl doch nicht so schnell erledigt, wie er gehofft hatte. Die Wassertore thronten über dem Kristallbach und sollten diese Schwachstellen der Stadtverteidigung sichern. Ein verwaister Posten mochte Nachlässigkeit bedeuten, doch jetzt waren es schon drei. Da war etwas im Gange, das war offensichtlich, und der Verwalter war der Schlüssel. Doch war er noch in der Stadt? Oder war er geflohen?
» Habt Ihr eine Idee, wo sich Ludgar verstecken könnte?«
» Nein, Herr, aber er muss noch in der Stadt sein, denn an den Toren hat man ihn nicht gesehen.«
» Er könnte das Wassertor genommen haben«, murmelte Hamoch nachdenklich.
» Ein gefährlicher Weg, Herr, er müsste ein Stück schwimmen.«
» Ich habe das Gefühl, dass Verwalter Ludgar die Gefahr nicht scheut, Leutnant.«
» Das ist wohl wahr, Herr.«
» Ich danke Euch, Leutnant Aggi. Jetzt geht und unterstützt Hauptmann Fals bei seiner
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