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Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten

Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten

Titel: Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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unverdrossen das Pflaster mit einem neuen Besen kehrte. » Er ist es«, flüsterte der Hinkende.
    Habin sah kurz fragend auf.
    » Ihn habe ich bei den Riesenbuchen gesehen, wo ich unsere beiden toten Gefährten gefunden habe.«
    » Dieser? Verflucht! Bist du sicher, Owim?«
    Der Hinkende nickte.
    » Verflucht, er ist ein Zauberer! Er trägt zwar keine Linien, aber er war es, der irgendwie den alten Eingang hinter den Tavernen verschlossen hat.«
    » Bei den Himmeln! Und was machen wir jetzt?«, fragte Owim.
    » Du gehst nach unten und rufst ein paar Männer zusammen. Der Mann hat sich nach dem Haus der Aggis erkundigt. Ich glaube, dort können wir ihn erwischen. Aber wir müssen schnell sein.«
    Nestur Quent hatte alle Tische und Stühle zur Seite gerückt, Sternenlisten und Bücher in einer Ecke seiner Turmkammer gestapelt und mit Kreide einen großen Sturmkreis auf den Boden gemalt. Dieses Mal wollte er es richtig machen, keinen Zauber mehr zwischen Tür und Angel. Er hatte einen Diener vor die Stadt gehetzt, damit dieser ihm frisches Laub besorgte, und nun nahm er aus dem Sack einzelne Blätter und verteilte sie sorgsam auf den zwölf Himmelsrichtungspunkten. Er wählte vier unversehrte, kleine Buchenblätter und rollte sie zwischen den Händen zusammen. Das Fenster stand offen, die Tür war verschlossen, er konnte beginnen. Er schloss die Augen und versuchte, nicht daran zu denken, wie es ihm ergangen war, als er das letzte Mal einen starken Zauber versucht hatte. Ich frage nur den Wind, ich zwinge ihn zu nichts, beruhigte er sich selbst. Verdammt, er war ein Zauberer des neunten Ranges! Diesen Zauber hätte er früher im Schlaf ausgeführt.
    » Nord und Süd, Ost und West, Ihr Winde, ich rufe Euch.« Er öffnete die Hände einen Spalt weit, und die vier Blätter begannen leicht zu flattern. » Ich rufe Euch, sucht mir den Wind, der mir berichten kann vom Goldenen Meer, von Prinz Gajan und von seinem Schiff. Nord und Süd, Ost und West, ich rufe Euch. Sucht den Wind, der Nachricht weiß vom Prinzen und seinem Schiff.« Die vier Blätter auf seinen Händen zitterten wieder, er formte die Hände vorsichtig zu einem Hohlraum, so dass die Blätter darin schweben konnten, und dann lauschte er auf das, was der Wind sagte. Es war ein Flüstern, das aus seiner Hand drang, leise, ein Hauchen, kaum lauter als ein Wind, der um eine Mauerecke weht, aber Quent lauschte, verstand es – und erbleichte. Untergegangen, das Schiff ist untergegangen!, dachte er bestürzt. Er sammelte sich. » Wie ist das geschehen?«, fragte er den Wind.
    Jetzt wisperte der Wind von einem Riff, von Holz, das auf nadelspitzen Felsen zerbarst, von Flammen, schwarzem Rauch und Männern in Ketten, die den Wind vergebens um Hilfe anbrüllten, bevor sie vom Wasser verschlungen wurden.
    » Überlebende, gibt es Überlebende?«
    » Ein Boot«, hauchte der Wind mit ersterbender Stimme, » Trümmer.«
    Quent sammelte sich. » Nord und Süd, Ost und West – ich befehle dem Wind zu antworten! Ist Prinz Gajan in diesem Boot, seine Kinder? Seine Frau? Sein Bruder?«
    » Nein«, wisperte der Wind, und dann hauchte er » Tod« und verging.
    Quent taumelte erschüttert aus dem Kreis. Er musste sich an seinem Stuhl festhalten. Ein frischer, stummer Wind drang in die Kammer ein und wirbelte das Laub aus dem Sturmkreis. Der Zauberer sah gelähmt vor Entsetzen zu. Gajan – tot? Er schüttelte den Kopf, nein, das durfte nicht sein! Prinz Gajan war der Erbe, klug, voller Tatendrang und Entschlusskraft. Der geborene Herzog, aber durch seinen älteren Bruder Hado daran gehindert, über Atgath zu herrschen – Hado, der dem Geheimnis nicht gewachsen war. Quent schlug mit der Faust auf den Tisch: Nein, nein, es durfte nicht sein. Und Prinz Olan ebenfalls tot? Dann bliebe nur Beleran. Er wollte gar nicht daran denken. Beleran, der Träumer? Wenn es dazu kam, war unschwer zu erraten, wer dann die Macht in Atgath ausüben würde: Shahila, die Tochter des Großen Skorpions.
    Quent ließ sich erschöpft in einen Sessel fallen. Er zitterte am ganzen Leib. War ihm dieser Zauber wirklich einmal leichtgefallen? Natürlich, die schlechten Nachrichten, die hatten ihn in seiner Konzentration gestört. Dennoch, früher hätte er das besser gemeistert. Aber womit, um der Himmel willen, habe ich denn gerechnet? Mit guten Neuigkeiten? Verfalle ich schon dem Wunschdenken? Bin ich schon so alt? Er nahm mit unsicheren Händen einen der Folianten auf, die er auf dem Boden gestapelt hatte,

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