Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten
fragt.«
Ela dankte ihm, umarmte ihn, drückte ihm einen Kuss auf die Wange und zog ihren angeblichen Vetter schnell aus der Werkstatt.
» Dein Vater sieht es also nicht gern, wenn du ohne ihn in die Stadt gehst?«, fragte der Namenlose, als sie das Anwesen des Glasmeisters verließen.
» So kann man es auch ausdrücken. Eigentlich hat er es mir und meinen Brüdern sogar streng verboten.«
» Und du widersetzt dich seinem Willen?« Aus irgendeinem Grund kam ihm das falsch vor.
Die Köhlertochter zuckte nur mit den Achseln. » Onkel Dorn hat doch Recht, auf dem Marktplatz hört man immer allerlei, gerade beim Jahrmarkt. Vielleicht redet man auch über einen jungen Fremden, ja, vielleicht kennt dich dort jemand, vielleicht gehörst du ja zu einem der fremden Händler, oder gar zu den Gauklern. Du hast so feine und geschickte Hände, Anuq.«
Anuq runzelte die Stirn. Ein Gaukler? Er? Da klang nichts bei ihm an, höchstens leichte Abscheu vor den Tagedieben, die durch die Welt wanderten und keiner ehrlichen Arbeit nachgingen. Nein, er war sicher kein Gaukler. Aber wer oder was war er dann? Der Glasbläser hatte erwähnt, dass der Verwalter angeblich den Schatz des Herzogs hatte stehlen wollen. Das Mädchen war darüber hinweggegangen, aber ihm war bei diesen Worten heiß und kalt geworden. War er etwa ein Dieb? Er lauschte in sich hinein. Nein, Diebstahl kam ihm unehrenhaft vor, und das hieß doch, dass er kein Dieb war, oder? Er wollte auch keiner sein. Aber was war er dann?
Es waren erstaunlich viele Bewaffnete, die den Baron auf seinem Weg hierher beschützt hatten. Waren die Straßen von Haretien so unsicher geworden? Nestur Quent war nicht sehr begeistert, als er die Männer im Hof herumlungern sah, denn er fand, sie sahen nach Ärger aus. Außerdem mussten sie untergebracht und verpflegt werden. Das mit der Unterbringung war natürlich kein Problem – die Burg war während des Silberrauschs über Nacht vergrößert und noch einmal vergrößert worden und stand nun, da die Garnison lange fort war, zu mehr als der Hälfte leer. Dennoch, drei Dutzend Bewaffnete waren drei Dutzend unnütze Esser, die dem Herzog auf der Tasche lagen – und ebenso wenig eingeladen waren wie der Baron selbst. Der stand am Fuß der Treppe und wartete offensichtlich auf die überfällige angemessene Begrüßung. Der alte Zauberer war dazu leider so gar nicht in der Stimmung, denn er hatte wahrlich Wichtigeres zu tun. Er versuchte es trotzdem: » Prinz Beleran, welch unerwartete Freude«, rief er, als er die Treppen hinabstieg.
» Meister Quent«, begrüßte ihn der Baron knapp. Offenbar war auch seine Laune nicht die beste, und das, so erinnerte sich Quent, kam eigentlich nur selten vor.
» Ich hoffe, Ihr hattet eine gute Reise?«
» Die Straßen sind nicht besser geworden, seit ich fort bin, und in Atgath scheint eine gewisse unerwartete Kälte zu herrschen«, gab der Baron zurück.
Ein anderer wäre bei dieser Anspielung vielleicht verlegen geworden, aber das war Meister Quents Sache nicht. » Wir hatten einfach nicht mit Euch gerechnet, Prinz. Da scheint es ein Missverständnis gegeben zu haben.« Dann hängte er doch noch ein halbherziges » Verzeiht« hinten an.
Beleran von Taddora schüttelte den Kopf, lachte dann und sagte: » Entschuldigungen waren noch nie Eure Stärke, Meister Quent, aber ich bin ohnehin sicher, dass Euch an diesem Durcheinander keine Schuld trifft. Und nun sehe ich, dass Ihr den Hofstaat ordentlich aufgescheucht habt, und bin sicher, dass wir dieses kleine Missgeschick bald vergessen haben werden. Darf ich Euch aber nun meine Gemahlin Shahila vorstellen?«
Meister Quent verneigte sich. » Baronin, Ihr seid noch schöner, als man mir gesagt hat.« Viel konnte er allerdings von ihr nicht sehen. Sie war in einen dicken Mantel gehüllt und trug den Pelzkragen hochgeschlagen. Ihr Haar fiel ihm auf, schwarz, üppig und mit fast fingerdicken, kostbaren Elfenbeinnadeln zu einem kunstvollen Knoten zusammengesteckt. Sie schlug den Kragen ein wenig zurück und begrüßte ihn mit einem strahlenden Lächeln. » Es ist mir eine große Ehre, den berühmten Nestur Quent endlich persönlich zu treffen.«
Meister Quent fragte sich, ob eine Form von Magie hinter diesem Lächeln steckte, denn es war bezaubernd, und es war schwer, diese Frau nicht berückend schön zu finden. Prinz Beleran konnte sich glücklich schätzen, wenigstens, was das Äußere betraf. Allerdings vergaß der Zauberer keineswegs, mit wem er es zu
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