Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen
Feld. Sie erhob sich, klopfte den Schmutz von den Kleidern und sah sich um. Da war ein Dorf hinter dem Feld oder vielmehr das, was davon übrig war, und sie fragte sich, warum sie es vorher nicht gesehen hatte. Die Farne und Birken konnten nicht viel mehr als einen Steinwurf entfernt sein. Aber sie sah weder das eine noch das andere. Offenbar hatte sie beim Kriechen völlig die Orientierung verloren.
Das Dorf war niedergebrannt worden, und zerborstene Lehmmauern und verkohlte Holzbalken waren fast das Einzige, was davon übrig war. Sie mussten das Feld überqueren, auf dem dornige Ranken wucherten, und Garwor mahnte sie zu besonderer Vorsicht, denn unter den Ranken schimmerten bleich die Knochen gefallener Krieger.
» Berührt sie nicht, auch nicht ihre Waffen oder Rüstungen.«
» Aber Ihr sammelt diese Waffen doch auf«, meinte Sahif mit einem Stirnrunzeln.
» Nicht hier. Seht doch!«, sagte der Westgarther und wies auf einen dicht wuchernden Dornbusch, der am Rande des Feldes Wurzeln geschlagen hatte. Ela verstand erst nicht, was Garwor meinte, aber dann sah sie, dass in diesem Busch der halbverfaulte Leib eines Mannes steckte.
» Das ist Hulwin, ein Freund von mir. Vor ein paar Monaten sammelten wir hier Schwerter auf. Er hat uns gerade noch warnen können, aber dann hat das Verhängnis ihn ereilt.«
» Was ist geschehen?«, fragte Sahif.
» Ich kann es dir nicht sagen. Niemand wagt es, dort hinüberzugehen. Er konnte sich plötzlich nicht mehr bewegen. Er hat geschrien, eine Stunde lang. Dann erst war er still. Diese Ranken kamen übrigens erst später, und ich glaube, sie haben ihre Wurzeln in sein Fleisch geschlagen. Seid also vorsichtig. Folgt genau meinen Schritten und hebt um der Himmel willen nicht wieder etwas auf und werft es!«
» Schon gut«, brummte Sahif.
Sie kamen langsam voran, und Ela musste sich zusammenreißen, um auf den Weg und nicht auf den unheimlichen Rankenbusch zu achten. Im Dorf wurde es besser. Die Gassen waren frei – abgesehen von einigen Skeletten, die dort bleich aus ihren Rüstungen ragten. Einige von ihnen lagen in Gruppen beisammen, manche sogar ineinander verschlungen wie Liebende, aber Ela machte sich keine Illusionen darüber, was geschehen war, und Garwor erklärte: » Hier haben sie am Ende gegeneinander gekämpft, als der Wahnsinn schon die meisten von ihnen befallen hatte. Seht, diese dort haben sich gegenseitig erwürgt. Doch kommt weiter. Auch dieses Dorf ist nicht sicher, und wir müssen noch ein gutes Stück laufen, bevor wir rasten können.«
Ela wollte ohnehin nicht länger als nötig an diesem trostlosen Ort bleiben. Sie hatte das Gefühl, dass die Skelette sie anstarrten. Sie schüttelte sich und folgte den anderen. Aber dann drehte sie sich noch einmal um. Hatte sich dort zwischen den Ruinen nicht etwas bewegt? Nein, es ist wohl nur der Wind, dachte sie. Aber als sie das Dorf verließen, fiel ihr wieder auf, dass es in dieser bedrückend düsteren Ebene gar keinen Wind gab.
Da war ein Knirschen und ein Hämmern in seinem Kopf, und das verband sich mit einem Schmerz, der von seiner Hüfte kam. Teis Aggi erwachte und starrte in dunkle Augen, die zu einem sehr ernst blickenden, von einem dünnen weißen Bart gerahmten Gesicht gehörten. Er schrak hoch und stieß sich den Kopf. » Verdammt!«, fluchte er.
Der Mahr grinste und knirschte etwas in einer unverständlichen Sprache.
» Lorin sagt, dass die Menschen noch genauso dumm sind wie früher. Und er sagt, dass sie kein Gespür haben für Stein«, übersetzte ein anderer Mahr.
» Besten Dank«, murmelte Aggi und rieb sich den Schädel. » Wenn es hier etwas heller wäre, hätte ich diesen Felsvorsprung vielleicht gesehen.«
Wieder knirschte es, und dann schlug ein Hammer hart auf Metall, begleitet von einem Ächzen.
Der Weißbärtige knirschte ein paar harte Silben, und der andere übersetzte: » Lorin meint, dass er es selbst im Dunkeln gesehen hat. Aber er ist froh, dass es dir gut geht.«
Ein drittes Mal klang der Hammer auf Eisen, und dann murmelten ein paar Stimmen auf der anderen Seite der Kammer. Aggi runzelte die Stirn. Einer dieser Mahre hatte seinen Arm auf einen Amboss gelegt. Aber der Arm war aus Eisen. Er bewegte prüfend die Finger. Es war jener, den er für den Anführer gehalten hatte, beim letzten Kampf – der, dessen Arm plötzlich in Flammen gestanden hatte.
» Der Feind hält eine mächtige Waffe in der Hand. In den Lampen. Aber wir hoffen, dass er es gar nicht weiß«, sagte
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