Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen
Euch, Meister Almisan. Nicht nur wir beide wissen, welcher Schatz tief unter Atgath liegt. Seht Euch um! Dort ein Heer des Seebundes, da drüben ein Gesandter aus Oramar – mir scheint, die geheime Kammer der Herzöge ist schon lange kein Geheimnis mehr.«
Faran Ured behielt den Hünen, so gut es ging, im Auge und achtete darauf, dass stets Wasser in seiner Hand blieb. Vor ihm stand ein Meister seiner Bruderschaft, kein unerfahrenes Mädchen wie der Schatten, den er in Felisan überlistet und benutzt hatte. Bei einem Kampf wäre der Ausgang ungewiss. Doch wollte der Mann überhaupt kämpfen? » Sagt, was führt Euch zu mir, Schatten? Seid Ihr nur gekommen, um ein wenig zu plaudern?«
Der Hüne schüttelte den Kopf. » Ich bin hier, um Euch ein Angebot zu unterbreiten.«
» Von Eurer Herrin? Was will sie mir denn bieten? Silber? Ich hörte, Eure Schatzkammer sei ziemlich leer.«
Almisan lachte leise. » Sie bietet Euch an, in ihre Dienste zu treten und somit Zugang zu jenem Geheimnis zu erhalten, von dem wir sprachen. Und sie würde auch vergessen, wer ihre Schatzkammer geleert hat.«
» Wie überaus großzügig«, spottete Ured. » Sie bietet mir etwas an, was sie gar nicht hat und was ich auch nicht brauche. Nein, Meister Almisan, ich bin nicht so leicht zu kaufen.«
» Und doch seid Ihr hier. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Magier Eures Ranges sich wegen Gold oder Silber an den Seebund verkauft. Nein, es kann nur um das gehen, was unter der Stadt liegt. Und niemand ist näher an diesem Etwas als Shahila von Taddora, die Herrin der Stadt.«
Ured schöpfte frisches Wasser. » Sie ist dennoch sehr weit davon entfernt. Ich weiß besser als jeder andere, wer dieses Geheimnis schützt, Rahis. Und ich glaube nicht, dass Ihr oder sonst jemand in diesem Tal diese Verteidigung überwinden kann.«
» Herzog Hado hat wohl ganz ähnlich über seinen Schutz gedacht – und ist nun doch tot.«
Faran Ured musste zugeben, dass der Schattenmeister hier Recht hatte. Auch der Herzog war durch mächtige Mahrzauber beschützt worden, doch diese Oramari hatte es irgendwie geschafft, diesen Schutz zu durchbrechen. Unterschätzte er sie etwa? Dennoch, er hatte kein Interesse an dem, was in der Tiefe lag. Er hatte nur den Wunsch, seine Familie zu retten, aber diese Schwäche musste er diesem Schatten nun wirklich nicht auf die Nase binden.
» Habt Ihr nie daran gedacht«, fragte er freundlich, » dass es einen Grund hat, dass dieser Schatz versteckt ist? Dass es verhängnisvolle Folgen haben könnte, wenn ein Mensch seine Hand darauf legt?«
Almisan erwiderte kühl: » Die Welt wird schon nicht untergehen.«
» Vielleicht doch, Meister der Schatten, vielleicht doch. Und damit will ich nichts zu schaffen haben«, sagte Ured und bereitete sich vor. Eine Handvoll Wasser, mehr brauchte er hoffentlich nicht.
» So schlagt Ihr unsere Freundschaft aus?« Almisans Tonfall war dunkler geworden.
» Schweren Herzens«, sagte Ured spöttisch und summte, » doch bin ich nicht Euer Feind.«
Almisan war fort, noch bevor er das letzte Wort ausgesprochen hatte. Ured zögerte nicht. » Maschakk!«, rief er.
Hinter ihm stöhnte jemand auf, und er fuhr herum. Bei allen Himmeln, der Mann war schnell! Doch jetzt stand Almisan ohne den Schutz seiner Schatten da und rang um Luft. Das Wasser hatte sein Ziel gefunden. Ured konnte kaum etwas erkennen, und das machte es noch schwieriger, diesen Zauber, diesen dünnen Wasserfilm, der wie eine undurchdringliche Maske auf dem Gesicht seines Gegners lag, aufrechtzuerhalten. Almisan keuchte erstickt, und Ured ächzte. Es war nicht damit getan, diese Maske zu erschaffen, er musste sie verteidigen. Der Hüne taumelte durch das Unterholz und schließlich zu Boden, während er vergeblich versuchte, sich diese tödliche Maske vom Mund zu reißen. Ured hielt sie, bis der Hüne nur noch schwach gurgelte und schlaff in das Buschwerk sank. Erst dann ließ er den Zauber fallen. Almisan krümmte sich hustend und würgend zu seinen Füßen. Aber auch Ured rang nach der Anstrengung um Luft.
» Ihr wisst so gut wie ich, Schatten, wie nachteilig es ist, mit Magie zu töten, und das ist einer der Gründe, warum ich Euch nicht getötet habe. Der andere ist, dass Ihr Eurer Herrin eine Botschaft von mir überbringen sollt. Sie soll aufgeben, die Kammer, dieses ganze Spiel um den Thron von Atgath! Es wirken starke Kräfte an diesem Ort, und die wollen hier um jeden Preis einen Krieg beginnen, der sie mit Haut und
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