Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen
einholen können. Sie wissen ja nicht einmal, in welche Richtung er gegangen ist, und Haretien ist groß. Aber Sahif – ich bin sicher, dass er über kurz oder lang nach Felisan gehen wird. Seine Geliebte ist dort, das weiß er, und er wird zu ihr gehen, weil er immer noch versuchen wird, Licht in das Dunkel seiner Vergangenheit zu bringen. Dort könnten wir ihn erwischen – und seine Geliebte gleich mit. Die schöne Aina weiß doch recht viel über das, was hier vorgeht.«
» Mir kam derselbe Gedanke, Almisan. Leider wissen wir nicht, ob er wirklich dorthin geht – und wann. Sonst hätte ich dich selbst hingeschickt, aber es könnte Wochen dauern, denn angeblich haben diese Krieger ihn doch verletzt. Ich kann dich hier nicht entbehren, Almisan, nicht, solange die Stadt nicht fest in meiner Hand ist. Und dazu brauchen wir die Bergkrieger und Geld.« Sie erhob sich und trat an die hohen Fenster. » Deshalb habe ich das Angebot von Meister Haaf angenommen.«
» Aber zwanzig von hundert? Ihr habt nicht wirklich vor, diesen Zins zu zahlen, oder? Ihr müsst es nur sagen, und mein Schatten wird auf diesen Mann und sein Silber fallen.«
» Und wer würde uns dann noch vertrauen, Almisan? Nein, ich werde ihn bezahlen, solange ich muss, aber ich hoffe, dass wir seiner Hilfe nicht lange bedürfen. Wenn wir erst die Kammer öffnen können, werden wir auch dieses Problem lösen können.«
Almisan nickte, aber er wirkte nicht überzeugt.
Shahila streckte sich. » Dieser Mann hatte etwas ungeheuer Ermüdendes. Wer ist der Nächste?«
» Ein gewisser Meister Dorn. Er betreibt eine Glashütte in der Stadt. Er liefert die Scheiben für die zerstörten Fenster der Burg – falls wir sie bezahlen können. Außerdem schuldet ihm Hamoch noch Silber für einige große Glaskolben.«
» Vielleicht sollte Bahut Hamoch aufhören, immer neue Homunkuli zu züchten, und sich lieber daranmachen, Gold oder Silber herbeizuzaubern.«
» Wenn wir ihm die nötigen Pergamente nicht vor die Nase halten, wird er kaum dazu im Stande sein«, knurrte Almisan.
» Eben. Und weil es so ist, werden wir nun den Glasbläser vertrösten – und bei der Gelegenheit vielleicht ebenfalls um einen Kredit bitten.«
Als Almisan die Pforte öffnete, um Meister Dorn hereinzulassen, zog ein schwacher Windhauch wispernd durch die Halle. Es war fast, als wollte er etwas sagen. Shahila fröstelte, und sie blickte aus einem der großen Fenster, das nicht mehr zeigte als den dunklen Hof der Burg. Es war Herbst, und schon jetzt fand sie dieses Land kalt und unwirtlich. Wie würde das erst im Winter werden? Sie schüttelte den Kopf. Bis dahin würde sie die Macht, die sie begehrte, längst in den Händen halten. Der Glasbläser trat ein, und Almisan schloss die Pforte. Der wispernde Wind erstarb, aber fast war es Shahila, als hätte er über sie gelacht.
» Aina«, murmelte Sahif. Immer noch krochen flüsternde Worte über die Wände der kleinen Kuppel. Jetzt klangen sie bedrohlich.
» Die Frau, die du deine Geliebte nennst?«, fragte Marberic.
» Ja, sie denken darüber nach, ihr etwas anzutun. Ich muss dorthin.«
» Sie ist nicht deine Geliebte, sondern die des Schattens, der du früher warst. Und sie werden ihr erst etwas tun, wenn sie dich getötet haben. Sie ist der Köder in ihrer Falle.«
Sahif fragte sich, wie gut die Ohren des Mahrs waren, wenn er das gehört hatte, obwohl er gar nicht das kleine Horn benutzte. Oder wusste er es schon länger? » Ja, und vielleicht … ach, Marberic, das hatten wir doch schon. Ich muss nach Felisan!«
» Der große Schatten hat gesagt, dass seine Männer auf dich warten«, hielt Marberic mit ernstem Blick dagegen.
» Dann muss ich eben aufpassen. Oder habt ihr vielleicht einen Weg unter der Erde, der bis nach Felisan führt?«
Der Mahr schüttelte den Kopf. » Amuric sagt, er wird sich etwas für euch überlegen.«
» Wann hast du ihn gefragt? Ist er hier?«, wollte Sahif verblüfft wissen.
» Er ist in der Weberei. Wir reden durch den Stein«, erklärte der Mahr jetzt.
» Ach, ja«, murmelte Sahif, der vergessen hatte, dass die Mahre so etwas vermochten.
» Die Söhne von Meister Grams leben bei Meister Dorn«, sagte Marberic und wies auf das Horn. Vermutlich wollte er, dass Sahif weiter zuhörte. Aber es ging nur um die Geldprobleme, die seine Schwester hatte.
» Ich glaube nicht, dass Shahila sich für die beiden interessiert«, meinte Sahif und unterdrückte ein Gähnen. Das Lauschen war anstrengend.
»
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