Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen
Grams’ Tochter schon.«
» Richtig«, murmelte Sahif verlegen. » Vielleicht überlegt sie es sich ja und bleibt hier, bei ihren Brüdern.«
Marberic schüttelte den Kopf. » Sie wäre nicht sicher. In der Stadt sagen sie, dass sie ihrem Vater geholfen hat, das Silber zu stehlen.«
» Aber das ist nicht wahr, nur eine Lüge meiner Schwester, noch eine.«
» Aber die Menschen glauben es. Der Pilger, er hat Grams unter einen Bann gestellt, und nun geht er mit ihm.«
Sahif konnte nicht folgen. » Gehen? Wohin?«, fragte er.
» Ans Meer. In die Stadt, die sie Felisan nennen. Aber das habe ich dir schon erzählt.«
» Richtig«, murmelte Sahif verlegen, der mit seinen Gedanken bei der unbekannten Frau gewesen war, die ihn einst geliebt hatte. » Warum wollt ihr, dass Ela mich begleitet? Es ist gefährlich.«
» Es wäre nicht gut, wenn du alleine gehst. Du bist verwundet. Im Geist. Hast dein Selbst vergessen. Du brauchst jemanden, der dich kennt.«
Sahif schüttelte den Kopf. » Sie kennt nur einen Teil von mir, es gibt noch einen, einen dunklen. Er würde sie erschrecken.«
» Sie hat schon größere Schrecken überstanden.«
Sahif gestand sich ein, dass der Mahr Recht hatte. Sie hatten Ela aus den Katakomben unter der Burg gerettet. Hamoch, der zweite Zauberer von Atgath, hatte sie ausbluten lassen wollen, um auch aus ihrem Leib diese abstoßenden kleinen Wesen zu erschaffen, die er dort mit dunklen Künsten zum Leben erweckte. Sahif hatte die Werkzeuge gesehen, die Hamoch verwendete. Er wollte sich nicht ausmalen, was der Zauberer damit vorgehabt hatte. Er hatte Ela gefragt, doch sie wollte nicht darüber reden. Sie war auf diesem Tisch im Laboratorium beinahe gestorben. Sollte sie ihn begleiten, konnte das leicht wieder geschehen. » Ich werde also alleine versuchen müssen, es ihr auszureden«, stellte er fest und streckte sich.
» Willst du nicht weiter zuhören?«
» Nein, es geht ja doch nur um Geschäfte, und mir brummt schon der Schädel von dem Gerede über Silber, das meine Halbschwester nicht hat. Du kannst ja für mich lauschen.«
Der Mahr warf Sahif einen skeptischen Blick zu und schüttelte dann den Kopf. » Ich gehe, um Amuric zu helfen. Aber du solltest bleiben und hören.«
» Schön«, erwiderte Sahif gähnend. Seine Seite schmerzte immer noch von der schlimmen Fleischwunde, die er davongetragen hatte, als er mit den Bergkriegern kämpfte. Es war schmerzhaft, auf diesem zu kleinen Hocker zu sitzen und das Ohr an das winzige Horn zu halten. Er beugte sich seufzend vor und lauschte. Was Ela Grams wohl gerade tat? Sie schien wegen irgendetwas beleidigt zu sein. Jedenfalls ging sie ihm aus dem Weg, und als er sich ein paar Dinge von der Seele hatte reden wollen, Erlebnisse aus Atgath, die angedeutet hatten, wie finster sein Leben früher gewesen sein musste, hatte sie rundweg abgelehnt. Er tat es mit einem Schulterzucken ab und lauschte mit halbem Ohr auf das, was in Atgath geschah. Anscheinend hatte Shahila Ärger mit einigen Handwerkern, die sich weigerten, in Quents Turm zu arbeiten. Sahif gähnte noch einmal und beschloss, sich eine kurze Pause zu gönnen. Also streckte er sich auf dem nackten Steinboden aus und schloss die Augen, lauschte auf das vielstimmige Flüstern, das über die schwarzen Wände kroch. Sekunden später war er eingeschlafen.
» Ich verstehe es nicht. Ihr wart doch heute Morgen noch einverstanden, drei Tage auf den Lohn zu warten. Gilt das Wort der Männer von Atgath so wenig?«, rief Shahila.
Die beiden Maurermeister blickten betreten zu Boden, was angesichts ihrer massigen Körper seltsam wirkte.
» Es ist nicht das Silber, Herrin«, stieß schließlich einer der beiden hervor.
» Sondern?«
» Der Wind.«
Shahila glotzte den Mann verständnislos an. » Ihr wollt mir aber nicht sagen, dass es Euch dort oben zu kalt ist, oder?«
» Nein, Herrin. Das ist es nicht. Nur der Wind.«
Shahila sank in den Thron zurück und warf einen flehenden Blick an die hohe Decke. Diese Männer stellten ihre Geduld auf eine harte Probe.
» Was hat es denn damit auf sich, Ihr Männer?«, sprang Almisan ein.
» Er … er redet«, stotterte der erste.
» Ja, er flüstert«, meinte der zweite.
Shahila setzte sich auf. » Flüstert? Habt Ihr noch nie gehört, dass der Wind so klingt, wenn er um die Ecken oder durch ein offenes Fenster pfeift?«
» Oh, doch, Herrin, wir kennen das sehr wohl, doch dieser Wind ist ganz anders. Er weht auch fast gar nicht – ich meine, es ist
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