Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen
dieses Leutnants, der, als Fals verletzt ausgefallen war, unermüdlich die Jagd auf den Schatten organisiert hatte. Er hätte beinahe Erfolg gehabt, nur beinahe, weshalb ihn der Hauptmann ungerührt öffentlich als Versager bezeichnete, was in Shahilas Augen weit mehr über die Qualitäten des Hauptmanns als über die des Leutnants aussagte.
» Ihr werdet Euch vielleicht fragen, warum ich Euch hierherbestellt habe, Ihr Herren«, begann sie. Es war noch vor dem Mittag, aber Fals roch noch aus dieser Entfernung nach Branntwein.
» Ihr seid hier, weil ich die beiden tapfersten Soldaten der Stadt belohnen möchte.«
Fals glotzte sie stumpf an, der Leutnant wirkte eher misstrauisch. Er war am Vortag beim Verwalter der Burg vorstellig geworden und hatte im Namen seiner Männer nach dem ausstehenden Sold gefragt. Falls er hoffte, ihn heute zu erhalten, würde sie ihn enttäuschen müssen.
» Ich habe viel Gutes über Euch gehört, allenthalben fallen Eure Namen, wenn man nach den besten und tapfersten Soldaten der Stadt fragt, und deshalb denken der zukünftige Herzog Beleran und ich, dass es an der Zeit ist, ein Versäumnis des alten Herzogs, Friede seiner Seele, nachzuholen.«
Über Fals’ Gesicht glitt ein freudiges Leuchten. Der Leutnant blieb äußerlich unbewegt. Shahila wiederholte, was sie über die tapferen Taten der beiden Männer gehört hatte, und schmückte es ein wenig aus, weil schöne Worte nun einmal nichts kosteten. Dann endlich sagte sie: » Und in Anerkennung Eurer Verdienste, Hauptmann Fals, befördere ich Euch mit sofortiger Wirkung zum Obersten der Wache von Atgath, und Euch, Herr Leutnant, ernenne ich zum Hauptmann.«
» Oberst?«, fragte Fals in freudigem Unglauben, während der Leutnant zwar überrascht, aber immer noch zweifelnd dreinblickte.
Shahila nickte huldvoll. Sie hatte vom Verwalter in der Kanzlei zwei besonders prachtvoll gestaltete Urkunden ausfertigen lassen, die sie nun überreichte. Der frischgebackene Oberst stotterte verlegen ein paar Dankesworte, und Shahila war froh, als er mitsamt seiner Alkoholausdünstung wieder zurücktrat. Dann war der Leutnant an der Reihe.
» Eure Freude scheint nicht sehr groß zu sein, Hauptmann Aggi«, sagte sie lächelnd.
Er errötete, als fühle er sich ertappt. » Doch, doch, sehr groß«, stammelte er.
Einer plötzlichen Eingebung folgend, fasste Shahila seine Hand, als sie das Pergament überreichte, und sie beugte sich weit vor, so dass er das Rosenwasser riechen konnte, das sie aufgetragen hatte.
» Ich weiß, dass Euch ein Titel nicht viel bedeutet, Hauptman«, flüsterte sie ihm ins Ohr, » und glaubt mir, diese Haltung bewundere ich bei einem Mann.« Sie blickte ihm dabei tief in die Augen und hielt seine Hand etwas länger fest als nötig. Aggi errötete noch mehr und zog sich schließlich, als sie ihn endlich losließ, mit einigen ebenfalls gestammelten Dankesworten zurück. Dabei war er nicht in der Lage, ihrem freundlichen Blick standzuhalten. Shahila war erfreut, nun zu wissen, dass auch dieser Mann eine Schwäche hatte.
» Langweiliges Zeug«, meinte Sahif und nahm das Ohr von dem hornförmigen Rohr. » Sie befördert ein paar Leute.«
Marberic seufzte. Er wirkte enttäuscht. Daher beeilte sich Sahif sehr damit, erneut zu versichern, wie beeindruckt er von der Kammer des Hörens war. Das war er wirklich, denn sie übertraf seine Vorstellungskraft bei weitem. Sie begann als hallenartiger Gang und wurde dann, gewunden wie ein Schneckenhaus, immer enger, bis sie in dieser kleinen Kuppel endete, über deren schwarze Wände ein unablässiges Flüstern kroch – die Stimmen der Stadt. Hier konnten die Mahre alles hören, was in Atgath gesprochen wurde. Man konnte das kleine Horn in der Mitte der Kammer, aus dem die Worte drangen, verstellen, so dass man an verschiedenen Orten der Stadt lauschen konnte. Sahif bekam mehr und mehr Achtung vor der Magie dieser Berggeister. Bedauerlicherweise waren sie dennoch nicht in der Lage, sein verlorenes Gedächtnis zurückzuzaubern.
» Sag, Marberic, wenn ich nach Felisan gehe, dann wäre es vielleicht gut, wenn ich etwas hätte, das mir hilft«, ließ er verlauten, um etwas anzusprechen, worüber er schon lange nachgedacht hatte.
» Es ist dumm, dorthin zu gehen.«
» Mag sein. Aber ich sehe keine andere Möglichkeit. Dort ist meine Geliebte, die Einzige, die mir vielleicht helfen kann herauszufinden, wer ich war.«
» Du warst ein Schatten, ein Mörder«, gab der Mahr kühl zurück. » Es
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