Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen
Schatten.«
» Und das heißt?«, fragte Sahif stirnrunzelnd.
» Wenige Tage nur könnt ihr sie tragen, dann verlieren sie ihre Kraft. Sicher zwei, mit etwas Glück drei, mit sehr viel Glück vier Tage.«
Sahif fluchte und Ela fragte sich, was er denn erwartet hatte. Diese Mäntel waren ein ungeheuer kostbares Geschenk, auch wenn sie nicht sicher war, alles richtig verstanden zu haben. » Heißt das, in drei Tagen verlieren sie ihre Kraft?«, fragte sie nach.
» Nein. Nur wenn ihr sie am Leib tragt und diese kleine Schnalle an der Kapuze dort doppelt schließt. Tut das, wenn ihr ins Tal geht. Den Rest dieses Tages und die kommende Nacht braucht ihr bis zum Meer, wenn ihr nicht rastet. Öffnet den Verschluss erst, wenn ihr in der Stadt seid. Ist der Zauber aufgebraucht, schützen sie euch nur noch vor Wind und Wetter. Aber auch da werdet ihr sie vielleicht nützlich finden.«
» Das werden wir, ohne Zweifel, Marberic. Was für ein kostbares Geschenk! Wir danken euch. Sag, wie können wir das je vergelten?«, fragte Ela.
» Lasst euch nicht umbringen«, meinte der Mahr trocken und fügte hinzu. » Ich habe Zweifel, dass euch das gelingt. Der Schatten ist voller Zorn, voller Ungeduld. Wie zwei schlechte Ratgeber begleiten sie ihn auf all seinen Wegen.«
» Dieser Schatten kann dich hören, Marberic«, sagte Sahif übellaunig.
Der Mahr nickte und zog nun zwei schmale Messer in ihren Scheiden aus seinem Beutel. » Diese sind auch für euch.«
» Magisch?«, fragte Sahif und zog die Klinge mit leuchtenden Augen aus der Scheide.
» Brechen nicht, rosten nicht, fallen nicht auf«, erwiderte Marberic.
Ela nahm ihr Messer mit einem Stirnrunzeln entgegen. Es war ohne Zweifel nützlich, aber für einen Kampf wäre ihr eine gute Holzfälleraxt lieber gewesen. » Ich danke dir, Marberic«, sagte sie dennoch. Dann nahm sie den Mahr am Arm und führte ihn zur Seite. » Kann ich dich um noch etwas bitten?«
Der Mahr sah sie nachdenklich an, und für einen Moment glaubte sie wieder, jenen bleichen Funken zu sehen, der tief in den dunklen Augen der Mahre zu flackern schien. » Es ist keine große Sache. Aber vielleicht kannst du meinen Brüdern Stig und Asgo eine Nachricht zukommen lassen? Sag ihnen, dass ich lebe und dass es mir gut geht. Ich weiß, ihr geht uns Menschen aus dem Weg, aber würdest du das für mich tun? Ich weiß ja, dass ihr ein Auge auf sie habt.«
Der Mahr schien gründlich darüber nachzudenken, und es dauerte lange, bis er mit einem knappen Kopfnicken antwortete. » Einer geht zu den Meilern, versorgt die Kuh und das Pferd. Wie seine Vorfahren. Ihn werde ich aufsuchen.«
» Asgo«, rief Ela.
» Eigentlich ist er zu jung. Aber dein Vater ist zum Meer gegangen, und vielleicht trägt es ihn fort, und er kehrt nie zurück. Und auch bei dir bin ich nicht sicher, dass du je wieder nach Atgath kommst.«
Ela schnürte es plötzlich die Kehle zu. Seit Jahren war es ihr sehnlichster Wunsch, endlich diese Stadt und den engen Köhlerhof hinter sich zu lassen, und jetzt, wo es so weit war, war sie plötzlich den Tränen nah, weil sie spürte, dass sie dabei war, all die dicken Wurzeln, die sie dort festgehalten hatten, mit einem Schnitt zu durchtrennen.
Der Mahr zuckte mit den Achseln, und sein schmales Gesicht erschien Ela mit einem Mal kalt und teilnahmslos. » Es ist gar nicht sicher, dass du stirbst«, meinte er dann.
» Besten Dank«, erwiderte Ela düster, die wusste, dass Marberic sich nur ungeschickt ausgedrückt hatte. Sie ging ein Stück zur Seite, hinter einen Felsen, um die Tränen niederzukämpfen. Als sie zurückkehrte, war der Mahr verschwunden.
» Wo warst du? Wir müssen los«, drängte Sahif. Er schien nicht zu bemerken, wie es um sie bestellt war.
» Wo ist Marberic?«, fragte sie.
» Wieder im Berg. Hast du es nicht gehört? Er sagte, Amuric habe ihn gerufen. Ist dir schon aufgefallen, dass Marberic ihm immer sofort gehorcht? Vielleicht ist Amuric so eine Art Fürst unter den Mahren. Jedenfalls scheint irgendetwas geschehen zu sein. Marberic wirkte ausgesprochen besorgt. Aber vielleicht ist er auch nur kein Freund von Abschieden.«
» Aber er ist ein Freund«, erwiderte Ela. » Und ich hätte ihm gerne Lebewohl gesagt.«
» Nun, ich denke, wir sehen ihn wieder«, meinte Sahif.
Aber genau da war sich Ela plötzlich nicht mehr sicher. Es war nicht gut auseinanderzugehen, ohne sich richtig zu verabschieden. Wenn es möglich gewesen wäre, wäre sie dem Mahr in den Berg gefolgt. Nicht
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