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Schattenprinz

Schattenprinz

Titel: Schattenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clay und Susan Griffith
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nicht einmal beschreiben. Warst du jemals in der Wüste?«
    »Nein.«
    »Colonel Anhalt sagte mir, die Wüste sei wie ein Mensch. Man kann sie niemals vollständig ergründen. Wenn man glaubt, sie zu kennen, spielt man ein gefährliches Spiel. Man kann der Wüste nicht vertrauen, denn in dem Augenblick, in dem man es tut, wird sie einen töten.« Adele lachte. »Ich habe nicht ganz verstanden, was er mir damit sagen wollte. Ich glaube, er wollte mich warnen, dass ich als Prinzessin niemandem jemals vollständig vertrauen kann. Oder vielleicht wollte er mir sagen, ich solle mich nicht von der wilden Seite in Versuchung führen lassen. Dass ich meine kindischen Mädchenträume beiseiteschieben müsse. Ich habe eine Pflicht gegenüber meinem Volk, und ich dürfe nicht einmal daran denken, für ein Leben voll Abenteuer und Romantik davonzulaufen.«
    »Das tut mir leid«, sagte Greyfriar.
    »Was tut dir leid?«
    »Dass etwas, das du liebst, keine Quelle des Trostes für dich sein kann.«
    »So ist das Leben, nehme ich an. Manchen Dingen kann man vertrauen und manchen nicht. Man muss nur das eine vom anderen unterscheiden können. Jetzt hör mich einer an. Ich bin ja eine richtige Philosophin.«
    Der Schwertkämpfer wandte den Blick aufs Meer hinaus, beinahe melancholisch. »In der Tat.«
    Adele sah, dass er begann, sich innerlich zurückzuziehen. Verzweifelt versuchte sie die Stimmung zu ändern und suchte nach einem neuen Gesprächsthema. »Weißt du, wie man Fische fängt? Ich werde allmählich hungrig.«
    »Nein.« Seine Haltung entspannte sich. »Wenn ich nicht schwimmen kann, wie gut stehen da die Chancen, dass ich fische?«
    Sie kicherte erleichtert. »Das ist wahr. Fisch ist ein Hauptbestandteil meiner Ernährung. Als mein Bruder und ich noch jünger waren, sind wir oft mit Colonel Anhalt zum Angeln gegangen, doch das ist ein Luxus, den wir nicht mehr haben. Außerdem ist der Mareotis-See inzwischen zu verschmutzt, um dort zu angeln.«
    »Hat es dir gefallen?«
    Adele schwieg einen Augenblick, um darüber nachzudenken. »Mir hat gefallen, dass ich Zeit mit meinem Bruder verbringen konnte. Das jetzt mehr denn je.« Ihr trauriger Blick richtete sich auf ihn, bevor ein kleines, verstohlenes Lächeln ihn milderte. »Aber die Fische selbst vermisse ich nicht. Sie stinken. Ich weiß nicht, wie Katzen das ertragen.«
    Nun war es an Greyfriar zu lachen. Es war ein ungewöhnliches Geräusch. Adele liebte es. Es war stark und tief. Der Klang seines Gelächters verursachte ihr prickelnde Gänsehaut. Sofort sehnte sie sich danach, es noch einmal zu hören.
    »Natürlich«, sagte sie, »riechen wir im Augenblick auch nicht besonders gut, da bin ich mir sicher.«
    »Sobald wir unseren Bestimmungsort erreicht haben, wirst du dich waschen können«, sagte er.
    »Ich nehme an, das wird genügen müssen.« Adele seufzte und betrachtete die Schieferfelsen an der Küste. Sie wusste, dass Greyfriar sie ansah. Es gefiel ihr.
    Unvermittelt stand er auf. »Würdest du bitte das Ruder übernehmen?« Er arbeitete sich nach vorne.
    »Ist alles in Ordnung?«, fragte sie, während sie den Platz im Heck einnahm.
    Von der anderen Seite des flatternden Segels her antwortete er: »Ja. Ich möchte mich nur ein wenig sauber machen.«
    Adele lächelte. Das tat er höchstwahrscheinlich für sie. Vermutlich hätte sie nichts über den Geruch sagen sollen, aber die Tatsache, dass er sich für sie vorzeigbarer machte, erfreute sie ungemein. Kein Mann hatte sie je mit solch aufmerksamer Rücksicht überhäuft. Es sei denn, es gab einen tieferen Beweggrund dafür – etwa um ihre Hand zu erlangen oder ein Gnadengesuch in Staatsangelegenheiten an ihren Vater zu richten.
    Greyfriar zog seinen Uniformrock und das Hemd aus. Adele sah, wie er den Arm ins kalte Meerwasser tauchte. Sie biss sich auf die Lippen und beugte sich ein wenig über das Dollbord, um einen besseren Blick zu erhaschen. Vielleicht hatte er seine Maske abgenommen. Sie wollte nur sehen, wie er aussah. Schließlich folgte sie ihm, einem Fremden, nur auf sein Wort hin. Es wäre eine kleine Gegenleistung, dem Mythos ein Gesicht geben zu können.
    Greyfriars Rücken war ihr zugewandt, breit, muskulös und von Narben überzogen. Seine Haut war blass, nicht gebräunt, wie sie gedacht hatte. Vermutlich verbrachte er viel zu viel Zeit verhüllt. Seine Haut war verkrustet mit getrocknetem Blut, und von seiner nassen Hand tropfte es rot.
    »Bist du verletzt?« Abrupt stand Adele auf, was das Boot zum

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