Schattenprinz
schon schlimmere gesehen. Vertrau mir!«
»Wie du meinst. Wende dich nach Norden, sobald du kannst«, informierte Greyfriar sie, behielt aber immer noch das Wasser am Boden des Bootes mit einiger Beunruhigung im Auge.
Von ihrem Platz im Heck an der Ruderpinne aus meinte Adele scherzend: »Mir ist ja klar, dass du kein Seemann bist, aber das Festland liegt im Süden. Genauso wie Equatoria.«
»Immer schön langsam, Prinzessin. Wir müssen zuerst einen anderen Weg nehmen, um am Ende unser Ziel zu erreichen. Nach Norden. Dort finden wir Zuflucht. Vertrau mir!«
»Das tue ich.« Adele schenkte ihm ein breites Lächeln. Zum ersten Mal seit vielen Wochen entspannte sie sich, während sie von der Meeresbrise hin und her geschaukelt wurde.
Greyfriar hörte auf, seine wasserdurchweichten Stiefel zu betrachten und starrte sie an. Es dauerte beinahe eine ganze Minute, bis er antwortete. »Das ist gut. Vielleicht brauche ich mehr von diesem Vertrauen, bevor das hier zu Ende ist.«
»Das wirst du haben. Du hattest es stets.« Sie beugte sich vor und legte ihre Hand auf seine behandschuhten Finger.
Er stellte sich die Wärme ihrer Hand vor, als sie die seine drückte.
Alphonse saß auf einem Stuhl, während Nina das Geschirr ihres einfachen Mahls abräumte. Seine abgenutzte Pfeife lag in seinen Händen, und seine dicken Finger stopften sie vorsichtig mit dem letzten Rest seines Tabaks. Er würde sehen müssen, ob Maize in seinem Vorratslager noch welchen hatte, den er gegen ein paar Gläser von Ninas Marmeladen einzutauschen bereit war. Es war ein törichter Luxus, das wusste er. Aber Nina behauptete sogar, dass sie den Geruch in der kleinen Hütte mochte. Sie sagte, er überdecke den Gestank ihres Daseins.
Die alte Frau warf ihrem Mann über die Schulter hinweg ein Lächeln zu, und er lächelte zurück.
Da flog die Tür auf. Nina fuhr herum und hatte kaum noch Zeit, sich am Rand des Tisches hinter ihr festzuhalten, bevor sie neben ihrem Mann zu Boden gestoßen wurde. Drei rot berockte Vampire standen über ihnen. Die Hütte füllte sich mit Gestank, als zwei knurrende Tiere mit langen Fangzähnen hereinkamen, nackt und schmutzig und auf allen vieren kriechend. Straffe Lederriemen verbanden ihre angespannten Hälse mit dem muskulösen Arm einer hochgewachsenen Vampirin, die in die Überreste königlicher Gewänder gekleidet war. Flay inspizierte den Raum, dann ließ sie die Jäger los.
Die beiden Kreaturen schlurften zum Tisch, griffen nach Gegenständen, schnupperten kurz daran und warfen sie dann beiseite. Sie würden es herausfinden. Sie würden herausfinden, dass das entflohene Mädchen mit Greyfriar bei ihnen gewesen war. Die Jäger berührten Ninas dünnes weißes Haar mit ihren Krallen. Beide schnüffelten an ihrem Nacken, während sie sich zusammenkauerte und ihre Knie umklammert hielt. Ihr Zittern war heftig.
Die Herrin der Kreaturen sagte nichts, sie machte sich nicht einmal die Mühe, mit den niederen Menschen zu sprechen. Sie stand nur untätig da und wartete darauf, dass die Jäger eine Witterung aufnahmen. Sie könnten das ältere Ehepaar töten, und der Vampirin wäre es egal. Ihre völlige Gleichgültigkeit gegenüber den Menschen, die zu ihren Füßen kauerten, war schauerlich.
Einer der Jäger fuhr mit seinen knotigen Händen über Alphonse und zupfte mit skelettartigen Fingern am Saum seines Hemds. Alphonse stöhnte, als die Jäger zur Tür hasteten. Er hörte Nina leise weinen, als die beiden Kreaturen die Hütte verließen, gefolgt von den anderen Vampiren. Langsam legte Alphonse seine Hand über die von Nina. Es war unvermeidlich, dass sie zurückkehren würden. Was sie suchten, befand sich draußen.
Augenblicke verstrichen, und Alphonse verspürte einen Funken Hoffnung. Vielleicht fanden die Kreaturen nichts. Vielleicht hatten die Bemühungen des Paares, sie zu täuschen, ausgereicht. Dann stießen die von der Leine gelassenen Jäger ein grausiges Kreischen aus.
»Sie haben es gefunden«, stöhnte Nina.
»Und wenn sie es gefunden haben, dann ist das unser Schicksal. Wir werden ihm gemeinsam gegenübertreten und wissen, dass wir das Richtige getan haben.«
Nina nickte, im Angesicht ihrer Angst unfähig zu sprechen.
Ein Vampirsoldat betrat die Hütte.
»Aufstehen«, befahl er und zog dabei das Wort mit einem unbewussten Zischen in die Länge.
Alphonse half Nina hoch, die kaum noch die Willenskraft besaß, auf die Beine zu kommen. Sie folgten dem rot berockten Vampir hinaus und wurden direkt
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