Schattenprinz
Vorwand zu liefern, wegen einer Protokollverletzung Ärger heraufzubeschwören. Der Clan ist immer noch nervös nach dem Angriff auf den Tower.«
Den ich zurückgeschlagen habe, dachte Flay und ärgerte sich zähnefletschend, dass Cesare es versäumte, ihren Erfolg zu erwähnen.
Der Prinz nahm seinen Platz wieder ein. Der Angriff der Menschen auf die Clanhauptstadt, so klein er auch gewesen war, hatte bei manchen der Lords Bedenken in Bezug auf die Clanführerschaft ausgelöst. Manche von Cesares Feinden hatten vorgeschlagen, den König in einem Versteck in Sicherheit zu bringen und die Führung des Clans dem »Thronerben« zu übertragen. Womit sie Gareth meinten. Cesare war es gelungen, die Wogen zu glätten, und war bereit, sie noch weiter zu beruhigen, indem er Störenfriede umbringen ließ.
»Habe ich die Erlaubnis, Jäger nach Schottland zu schicken?«, fragte Flay.
Cesare holte tief Luft. Flays Theorie, dass die Prinzessin nach Schottland geflohen sein könnte, hatte etwas für sich. Es war möglich, dass ein menschlicher Flüchtling unbemerkt in dieses karge Land schlüpfen und sich mithilfe von Gareths vernachlässigten Herden durchschlagen konnte.
»Such die Prinzessin, wo du willst.« Cesare hielt kurz inne, um deutlich zu machen, dass er ihr nicht ausdrücklich erlaubte, Gareths Territorium zu betreten.
Flay verbeugte sich zur Bestätigung. Schottland. Es musste Schottland sein. Sie war sicher, dass die Prinzessin es nicht aufs Festland geschafft hatte. So sicher, wie sie sein konnte, wenn Greyfriar daran beteiligt war.
Greyfriar.
Flay knurrte tief in ihrer Kehle. Cesare hatte den Finger in ihre offenste Wunde gelegt. Der Mann hatte ihr bereits zweimal die Beute abgejagt. Es war unbegreiflich. Wie machte er das? Sie war die gefürchtetste Kriegsführerin in Europa. Als Flay sich zum Gehen wandte, murmelte Cesare: »Flay, ich werde ein Schiff bereithalten, um die Gefangene zu holen. Und ich werde damit nach Norden kommen. Denk daran, die Tage deines Leben sind gezählt.«
»Wie du wünschst, gefürchteter Lord.«
»Ganz genau.«
Adele verbrachte den Tag mit Morgana und der alten Mary, die sich sehr über die Gesellschaft freute. Die ältere Frau half Adele dabei, ihre Kleidung zu säubern und zu flicken. Sie borgte Adele ein paar Kleider zum Wechseln, ebenfalls selbstgesponnen und schlicht. Mode und Seide hatte die Prinzessin längst vergessen. Im Gegenzug füllte Adele die Waschzuber neu. Ihre Hände waren vom heißen Wasser und der kalten Luft gerötet. Zum Glück waren die Handflächen durch die vielen Stunden des Schwerttrainings schwielig genug, damit sie vom Schleppen der Eimer keine Blasen bekam.
Als sie eine Pause machten, um zu Mittag zu essen, holte Mary ein Stück Käse, und Adele teilte bereitwillig das Brot von Gareths Tafel. Morgana hatte ein paar Äpfel mitgebracht und schnitt sie in Stücke. Es war ein feines Mahl. Diese Methode des Tauschhandels funktionierte besser, als Adele gedacht hatte.
Mary schlurfte davon, um nach den Waschzubern zu sehen, und ließ die beiden jungen Frauen allein. Morganas Gesellschaft war angenehm, und Adele konnte ihre Neugier über das Leben in Gareths Edinburgh nicht zurückhalten.
»Tut es weh, wenn der Prinz von einem trinkt?«, frag te sie.
Nicht sicher, nach welcher Antwort diese Frau suchte, hob Morgana langsam den Kopf. »Zuerst ist es wie ein scharfer Stich mit einer Nähnadel. Der Rest ist eher eigenartig – beinahe warm. Er erlaubt uns stets, die Augen abzuwenden, wenn wir wollen. Ehrlich gesagt ist er manchmal sogar ziemlich beschämt.«
»Das ist widerlich«, murmelte Adele, ohne nachzudenken.
Unvermittelt erhob sich Morgana und räumte die Teller ab.
Adele ergriff ihre Hand. »Es tut mir leid. Ich wollte nicht …«
»Sie wollten wissen, wie es hier ist. Jetzt wissen Sie es. Was Sie davon halten, ist natürlich Ihre Angelegenheit. Aber urteilen Sie nicht zu scharf über uns. Das Leben ist überall hart, und wir behelfen uns, so gut wir können.«
»Ich wollte damit nicht auf dich herabsehen. Es ist nur … Ich bin nicht …«
»Andere Leute haben andere Gebräuche.«
»Ich hatte keine Ahnung, wie das Leben hier oben ist. Ich habe schon so viel erfahren. Auf gewisse Weise geht es den Menschen hier gut, zumindest besser, als wir alle glaubten. Ich wünsche mir einfach so viel mehr für euch.«
»Vielleicht wird das eines Tages so sein.« Morgana lächelte aufrichtig. »Ich erlebe es vielleicht noch, Gareth anstelle seines
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