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Schattenprinz

Schattenprinz

Titel: Schattenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clay und Susan Griffith
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wollte Baudoin wirklich nicht in diese Sache verwickeln.
    »Nein. Ein Mensch ist krank, und sie ist zu ihm gegangen, um zu helfen.«
    »Oh.« Das waren beunruhigende Neuigkeiten. »Wer ist denn krank?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Adele unterdrückte ein Seufzen angesichts des offensichtlichen Desinteresses, das der Vampir an einem kranken Menschen zeigte. Baudoin besaß nur rudimentäre Manieren. Er war nicht Gareth, so viel stand fest. »Wissen Sie, wie lange sie fort sein wird?«
    »Ich habe sie nicht danach gefragt.«
    »Ich verstehe.« Adele gab nach. »Ich suche nach einer Schere.«
    Ausdruckslos starrte er sie an.
    »Schere. Man benutzt sie dazu, Dinge zu schneiden.« Mit den Fingern demonstrierte sie die Bewegung. »Sie wissen schon, eine Schere.« Seine offensichtliche Verständnislosigkeit sagte etwas anderes. »Egal. Ich werde sie schon finden.« Sie huschte an ihm vorbei und zurück in den Hauptteil der Burg. Das leichte Kribbeln in ihrem Rücken sagte ihr, dass er ihr nachstarrte.
    Ihre Suche nach einer Schere dauerte noch Stunden. Sie wagte sich in jedes Zimmer, durchsuchte staubige Haufen, wühlte in Schränken und Kommoden und verscheuchte Horden von Katzen, die jede Nische bevölkerten.
    Adele betrat einen riesigen Raum, dessen Wände links und rechts von Waffen und Rüstungen wie von einem bizarren Empfangskomitee gesäumt waren. Der Saal war in Sonnenlicht gebadet, das durch viele hohe Fenster fiel. Ihre Buntglasscheiben warfen wundervoll surreale Gemälde auf Wände und Fußboden. Sie liebte diesen Raum. Sie raffte den Rock ein wenig und wirbelte im Kreis, tanzte ein kleines Menuett mit einem imaginären Prinzen, bis sie bemerkte, dass Gareth sie von der Tür aus beobachtete. Jäh kam sie zum Stillstand.
    Er hatte den Kopf leicht schräg gelegt und schien von ihrer mädchenhaften Fröhlichkeit fasziniert zu sein. »Mir wurde gesagt, dass du das hier benötigst.« Er hielt eine glänzende Schere in die Höhe.
    Erfreut kam sie zu ihm und nahm sie entgegen. Es war eine Überraschung, dass Baudoin sich die Mühe gemacht hatte, seinem Herrn von ihrer kleinen Bitte zu erzählen. »Danke! Damit wird es ausgezeichnet gehen.«
    »Was denn?«
    »Mein Haar schneiden«, antwortete sie und wandte sich wieder dem Saal zu.
    Gareth trat vor. »Lass mich das tun.«
    »Nein, ich denke, ich komme schon zurecht. Ich nehme an, Morgana ist noch nicht wieder zurück?«
    »Nein, noch nicht. Es wäre einfacher, wenn ich es tue.«
    Gareths Hände lagen bereits an ihren Schultern und schoben ihr Haar zurecht. Sofort versteifte sie sich, als Schauer durch ihren Körper rieselten. Seit vielen Wochen hatte er nicht mehr so dicht hinter ihr gestanden – nicht seit seiner Zeit als Greyfriar.
    Gareth spürte die Veränderung in ihr und trat einen kleinen Schritt zurück. »Ich wollte nur helfen.«
    »Ich weiß«, versicherte Adele ihm, während sie beruhigend Atem holte. Die Hände in die Hüften gestemmt musterte sie ihn von oben bis unten, besonders seine langen Finger. »Weißt du überhaupt, wie man eine Schere benutzt?«
    »Ich denke, das werde ich schon bewältigen«, entgegnete Gareth zuversichtlich.
    Adele hielt ihm die Schere hin. »Dann zeig es mir.«
    Eine seiner Augenbrauen hob sich langsam, und als sie den höchsten Punkt erreicht hatte, schnappte er sich das Werkzeug. Er betrachtete die ovalen Löcher im Griff, während er sich in Erinnerung zu rufen versuchte, wie er die Menschen im Laufe der Jahre damit hatte umgehen sehen. Mit einem triumphierenden Schmunzeln steckte er die Finger durch die Löcher und hielt die Schere hoch.
    Noch nicht überzeugt spitzte Adele die Lippen. »Und jetzt schneide.«
    »Was?«
    Amüsiert über seinen verdatterten Gesichtsausdruck demonstrierte sie es ihm mit schnippelnden Fingern, genauso wie sie es vorhin Baudoin gezeigt hatte. »Ich will nur sehen, wie du damit umgehst.«
    »Oh.« Er musste seine volle Konzentration aufbringen, um die Bewegung richtig nachzuahmen. Zu seiner Erleichterung lachte sie ihn nicht aus. »Vertraust du mir jetzt?«
    Adeles Lächeln stockte, als ihr bewusst wurde, dass das Ganze auf diese einfache Frage hinauslief. Ihr neckisches kleines Spiel hatte sich unvermittelt in etwas anderes verwandelt. Seine Frage zu verneinen, würde leugnen, wie sehr sie einander nähergekommen waren. Und um die Wahrheit zu sagen, vertraute sie ihm tatsächlich. Ihre Angst vor ihm hatte sie schon lange verloren und ihre Wut ebenfalls. Allerdings hatte sie nicht erwartet, dass die

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