Schattenprinz
beiden bewegten sich so zügig durch die Stadt, dass die meisten der trägen Vampire auf der Straße kaum Zeit hatten, sie anzustarren, geschweige denn sie anzupöbeln.
Dass Gareth sie im Stich gelassen hatte, schmerzte sie, aber sie hätte nicht mehr von ihm erwarten sollen. Er war ein Vampir, und sie schalt sich selbst dafür, dass sie ihre Verteidigung in seiner Gegenwart so sehr vernachlässigt hatte.
Adele dachte außerdem über die Möglichkeit nach, dass Senator Clark tatsächlich in den Norden segelte. Anscheinend hatte Selkirks Information ihren Weg nach Alexandria gefunden, und nun kam ihr mit Medaillen dekorierter Verlobter angestürmt, um dieses Gesindel vor sich herzutreiben und sie sicher nach Hause zu holen. Widerwillig musste sie sich eingestehen, dass das genau die Art Mann war, nach der sich viele Frauen zu Recht sehnten. Wie viele Männer würden es schließlich für ihre Verlobte mit einem ganzen Land voller Monster aufnehmen? In diesen Zeiten war nichts falsch daran, einen Gatten zu haben, der bereit war, Blut zu vergießen, um das Wohlergehen seiner Frau zu gewährleisten. Adele wurde durch einen Schlag von Flay aus ihren Gedanken gerissen, der sie hart auf das Kopfsteinpflaster schickte.
»Steh auf!«, knurrte die Kriegsführerin.
Mühsam rappelte sich die Prinzessin auf alle viere hoch. Flay hatte keine Geduld mit der erschöpften Langsamkeit der Frau, deshalb packte sie Adele am Genick, zerrte sie auf die Füße und schleuderte sie gegen einen eisernen Laternenpfahl. Der Atem wurde ihr aus den Lungen gepresst, und sie stöhnte vor Schmerz.
Bei dem Laut lächelte Flay und hob eine krallenbewehrte Hand. »Vielleicht würde Prinz Gareth dich nicht mehr so faszinierend finden, wenn dein Gesicht entstellt wäre.«
Urplötzlich traf Adele eine Erkenntnis über Flay. Schmerz und Kränkung zeigten sich in einem kurzen Aufflackern in Flays Augen, schnell wieder verschleiert von Verzweiflung und einer fieberhaften Rücksichtslosigkeit. Die Vampirin war eifersüchtig! Adele konnte die bestürzende Vorstellung, dass Vampire Gefühle hatten, kaum glauben, doch bei diesem speziellen Vampir war es sogar noch erschreckender. Flay brannte darauf, Adele etwas zuleide zu tun, trotz Cesares Warnung.
Also stieß Adele ihr das andere Steinmesser tief in den Bauch.
Rasend vor Wut kreischte Flay auf. Blut quoll zwischen den Fingern der Vampirin hervor, als sie das Messer herauszog und die Waffe untersuchte.
Adele hetzte eine Gasse entlang, doch Flays leise Schritte hinter ihr kamen schnell näher. Ein Gewicht stürzte auf sie herab und riss sie in einem Gewirr aus Armen und Beinen zu Boden. Fauchen erklang dicht an ihrem Ohr, und sie stieß mit dem Ellbogen hinter sich. Sie traf etwas Festes, doch Flays Krallen gruben sich in Adeles weiche Schulter und hoben sie hoch. Adele wehrte sich, doch diesmal gab es kein Entkommen.
Ein dünnes Stück Stahl fuhr aus Flays Brust. Überrascht sah die Vampirin auf die von ihrem Blut triefende Schwertspitze hinunter. Dann verzog sie den Mund zu einer verärgerten Grimasse, warf sich nach vorne und glitt so von der Klinge. Gleichzeitig schleuderte sie Adele zur Seite. Eine schwerere Klinge zischte durch die Luft, wo Flays Hals eben noch gewesen war.
Greyfriar sprang an Adele vorbei, die ausgestreckt am Boden lag, und warf etwas Weißes über seine Schulter, das neben den Stiefeln der Prinzessin zu liegen kam.
»Lauf!«, rief er, während sein Umhang die enge Gasse ausfüllte. Das Geräusch schwirrender Schwerter durchschnitt die Luft.
Adele ergriff das kleine Bündel. Es war ihr eigenes in Papier gewickeltes Fahrenheit-Khukri, das sie in Riez verloren hatte. Als sie hastig einen Blick auf das Papier warf, sah sie, dass es sich um eine vergilbte alte Karte von Südengland handelte, mit einem schwarzen Kreuz, das über die Stadt Canterbury gekritzelt war.
Adele zog die glühende Klinge. »Lasst mich helfen!«
Greyfriar nahm sich eine Sekunde Zeit, um sich umzudrehen und sie durch geschwärzte Gläser anzustarren. »Laufen Sie! Schnell!«
In diesem Bruchteil einer Sekunde fiel Flay wie ein Habicht über den Schwertkämpfer her, und die beiden verschmolzen zu einem Wirbel aus Armen, Stahl und Zähnen. Flay sprang vor, wich zurück und sprang erneut. Greyfriar wechselte von der breiten Klinge des Scimitar zum Rapier und ließ die Spitze so wirbeln, dass die Waffe vor den Augen verschwamm. Ihr scharfes Zischen erfüllte die Luft und konkurrierte mit Flays wütendem
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