Schattenraum 01 - Garlyn - Das Schattenspiel
waren.
Zum ersten Mal wurde ihm klar, dass ihm das Universum keine Zeit gelassen hatte, den Tod seines Ziehvaters wirklich zu verarbeiten. Und jetzt – jetzt vermisste er ihn schrecklich.
»Und vor wem bist du auf der Flucht?«, fragte das Mädchen und zeigte ein grausames, kleines Lächeln. »Den Killerkommandos des Autokraten? Dem Intergalaktischen Sicherheitsdienst?«
Glaub mir , dachte Garlyn, das willst du nicht wissen . »Auch wenn’s dich nix angeht: vor niemandem. Ich will nur einen alten Freund wiedersehen, solange ich noch die Gelegenheit hab’.«
»Aha«, machte sie, betont desinteressiert. »Und wer ist dieser Freund? Auch Piratenabschaum?«
»Nein«, sagte er und lächelte gedankenverloren. »Ein Geist.«
Der Geist des Meeres von Viridis. Große Galaxis, er betete, dass er noch da sein würde, wenn er zurückkehrte.
»Danke für die Auskunft«, sagte sie ätzend.
»Gern geschehen.« Er machte Anstalten, die Kabine zu verlassen.
»Kirai«, sagte sie, ohne in seine Richtung blicken.
Er drehte sich um.
»Mein Name ist Kirai. Auch wenn es dich nichts angeht.«
Na also, es geht doch. Er wollte es gerade aussprechen, als im Hauptgang eine Sirene schrillte. Rotes Licht blitzte auf.
»Au scheiße«, sagte Garlyn.
»Was ist jetzt schon wieder los?« Kirai krallte nervös die Finger um den Rand der Pritsche.
»Ich rate jetzt einfach mal ins Blaue«, sagte er. »Nichts Gutes.«
Das Elfenbeinschiff
»Captain, was ist los?« Garlyn bremste auf der Brücke ab, nachdem er durch das halbe Schiff gerannt war.
Mit düsterer Miene deutete Akina auf den Hauptschirm. » Das da ist los!«
Die Projektion zeigte ein kleines Raumschiff, das ihnen von achtern folgte und nur noch wenige Lichtminuten entfernt war. Es war eine schnittige Maschine: ihre Form erinnerte ihn an einen Mantarochen, den er einst in einer terranischen Naturdoku gesehen hatte, und ihre Hülle wirkte wie aus Elfenbein geschnitzt. Mehr ein Luxusartikel als ein Transportmittel. Und es näherte sich unmissverständlich ihrem Vektor.
»Sie sind eben aus dem Hyperraum gefallen«, sagte Akina todernst. »Und bevor du fragst: nein, ich erwarte definitiv keinen Besuch. Schon gar nicht hier draußen im Niemandsraum.«
Garlyn wusste, was das aller Wahrscheinlichkeit nach bedeutete:
Schwierigkeiten.
Er fühlte sich, als würde er in einem unendlichen Fahrstuhl abwärts rasen. Seine Verfolger hatten ihn gefunden. Er wusste nicht, ob es Kopfgeldjäger waren, Ruuli Kahns Agenten oder sonst wer. Aber sein Instinkt brüllte ihm in beide Ohren: Sie sind deinetwegen hier! Und sie kriegen dich, wenn du nicht abhaust!
»Captain, wir müssen umdrehen – und zwar sofort!«
Sie verzog grimmig den Mund. »Was hast du mir nicht gesagt, Kleiner?«
»Ich ...«
»Die Wahrheit. Jetzt.«
»Es sind ’n paar reichlich gefährliche Typen hinter mir her. Schlimmer als die Kerle auf der Station. Wenn wir nicht sofort abhauen, bringt Sie das auch in Gefahr!«
Akinas Gesicht war wie aus Stein gemeißelt.
»Bitte, Captain! Vertrau’n Sie mir!« Er zuckte zusammen, als der Bordcomputer eine eingehende Übertragung meldete.
»Zumindest reden sie, bevor sie schießen«, murmelte Akina und öffnete einen Kanal.
» Achtung, terranisches Frachtschiff «, meldete sich eine männliche Stimme, ohne begleitendes Video. Sie klang charmant. Freundlich. Doch irgendein Unterton, irgendeine Frequenz in ihr ließ einen Schauer über Garlyns Rücken fahren.
Ihren strengen Blick auf ihn gerichtet, antwortete Akina ebenfalls nur über Audio: »Einen wunderschönen guten Tag. Hier spricht Captain Niele Akina. Womit kann ich Ihnen helfen?«
» Wir haben erfahren, dass Ihr Schiff vor kurzem von der Yahanda-Raumstation im Braktai-System abgelegt hat. « Es klang so harmlos. Fast plaudernd.
Akina zögerte. »Das ist korrekt.«
» Wir haben Grund zu der Annahme, dass sich eine gewisse Person auf Ihrem Schiff befindet. «
Garlyn hielt die Luft an.
»Es befinden sich mehrere Personen auf meinem Schiff«, sagte Akina locker, während ihre Miene ihre Anspannung verriet. »Ich fürchte, Sie müssen etwas präziser werden.«
»Nein, müssen sie nicht!«, flüsterte Garlyn drängend. »Captain, wir müssen abhauen!«
Erst jetzt wurde ein Videofeed übertragen. Garlyn und Akina sahen zu, wie sich ein Hologramm auf dem Hautschirm aufbaute. Der Schnappschuss eines humanoiden Lebewesens.
Eine hübsche junge Syndolon, mit weißem und silbernen Haar.
»Oh«, machte Garlyn. Die
Weitere Kostenlose Bücher