Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenraum 01 - Garlyn - Das Schattenspiel

Schattenraum 01 - Garlyn - Das Schattenspiel

Titel: Schattenraum 01 - Garlyn - Das Schattenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
Vom Netzwerk:
Boden und stemmte sich hoch. Sie schrie, als ihr ganzer Körper vor Schmerz brüllte. Sie kam auf die Beine, schwankte wie ein junger Baum im Wind, drohte zu stürzen – und fing sich in letzter Sekunde an der Wand ab, den Spind direkt vor ihrer Nase.
    Im Korridor fiel ein schweres Stück Metall zu Boden.
    Sie streckte den Arm aus – würgte, hustete, sprenkelte die Wand mit ihrem Blut. Dann öffnete sie den Spind. Sah die Medibox inmitten von alten Magazinen, Werkzeugkästen, Datenchips und dem Feuerlöscher. Sie streckte die Hand aus, bekam den Griff zu fassen, lachte und schluchzte gleichzeitig. Tränen liefen ihr über das Gesicht.
    Dann: Ein Zischen neben ihr. Die Brückentür öffnete sich von selbst. Akina gefror.
    Niemand war da. Sie war allein. Die Brückentür schloss sich wieder. Als Kind hatte sie an Gespenster geglaubt; jetzt glaubte sie wieder daran.
    Die Medibox. Nur das zählte. Sie öffnete den Kunststoffkasten. Sah den Morpholazininjektor. Die Wundsiegel. Das Heilgel. Gerettet. Sie war gerettet. Sie –
    Eine Welle von Kälte traf sie, schlug in ihr Gehirn wie Nägel aus Eis.
    Akina konnte nicht einmal schreien, ihr ganzer Körper erstarrte.
    »Wo ist er?«, fragte eine flüsternde Stimme, direkt neben ihrem Ohr. Fordernd. Befehlend. So unmenschlich wie keine andere, die ihr in den Weiten des Kosmos begegnet war.
    Rasiermesser pflügten durch ihren Verstand, legten mit chirurgischer Präzision ihre Erinnerungen bloß. Ein Gesicht drängte sich auf; das graue Gesicht des Jungen. Wie in einer fieberhaften Filmmontage erlebte sie erneut ihre erste Begegnung auf Yahanda, ihr Wiedersehen vor ihrem Schiff, ihr Gespräch auf der Brücke – alles; jedes einzelne Wort, das sie gewechselt hatten.
    Ein Wimmern kam über ihre Lippen. Sie wehrte sich gegen die kalten Schnitte in ihrem Verstand, versuchte, den fremden Geist aus ihren Erinnerungen zu verdrängen. Vergeblich,
    Wieder sah sie die fünf Syndolon vor sich. Die schwarzen Gesichtstätowierungen, wie Rorschachtests auf bleicher Haut. Erneut spürte sie die Hitze des Lasers. Wieder sah sie die letzten Sekunden, bevor sie das Bewusstsein verlor: sah, wie sie den Jungen und das Mädchen mit sich nahmen und im grellen Lichtblitz des Teleporters verschwanden.
    »Guuuut«, flüsterte die entsetzliche Stimme und entließ sie endlich aus ihrem Griff.
    Captain Niele Akina war tot, noch bevor ihr Körper erneut zu Boden gesackt war. Sie sah nicht, wie sich die Brückentür erneut von allein öffnete und wieder schloss. Und auch nicht den skeletthaften Schemen, der sich dabei kurz zeigte.

ZWEITER TEIL
Waridur
    Stunden später fiel das Elfenbeinschiff aus dem Hyperraum, zurück in das schockierend schwarze All.
    Ein Planet lag direkt voraus: eine Murmel in grün, braun und blau, geschmückt mit Wolkenwirbeln. In der Nachthälfte glitzerten die Lichter der Städte wie Geschmeide in der Dunkelheit.
    Syndola.
    Garlyn war noch nie zuvor hier gewesen und er fand, dass die Welt von oben verdächtig friedlich wirkte. Es war ein Klischee, dass die Syndolon ihre planetare Regierung öfter wechselten als ein Schadrak seine Haut. Die letzten achttausend Standardjahre waren für die Bewohner des Planeten eine schwindelerregende Folge von bewaffneten Konflikten, Bürgerkriegen, Aufständen, Regimewechseln, Hungersnöten, Rebellionen, politischen Attentaten und Parteizerwürfnissen gewesen, und die gut zweihundert Verwaltungsdistrikte auf den drei Kontinenten schienen sich in der Rolle des Krisengebietes der Woche abzuwechseln, als wäre das Ganze irgendein Spiel für Kinder. ( »Heute bin ich dran!« – »Nein, ich!« – »Nein, ich!« )
    Der Intergalaktische Sicherheitsdienst hatte alle Vermittlungsversuche aufgegeben und überließ es den Syndolon, ihren eigenen Dreck aufzuräumen. Was den Syndolon – seit jeher mit mehr Stolz als galaktischem Gemeinschaftsgefühl gesegnet – nur allzu gelegen kam. Also schlugen sie sich weiterhin gegenseitig die Köpfe ein.
    Und während die Regierungsparteien und Volksvertreter miteinander zankten wie eifersüchtige Geschwister, gewannen andere in den Schatten immer mehr an Macht und Einfluss: die Syndikate, Waffenhändler, Warlords und Drogenbarone. All die Parasiten, die von Elend und Krieg lebten.
    Je näher der Planet rückte, desto deutlicher spürte Garlyn seine Unruhe: ein Flattern in seinem Magen, ein Kribbeln in den Fingern. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wer oder was ihn hier erwarten würde. Aber er war sich sicher,

Weitere Kostenlose Bücher