Schattenschwestern - Feehan, C: Schattenschwestern - Conspiracy Game
alle Zeiten ausgetrieben worden, doch sie war noch da, tief in seinem Innern verborgen, und sie kam so schnell an die Oberfläche wie sein ausgeprägter Beschützertrieb. Es mochte zwar sein, dass es bei dem, was Whitney mit ihnen getan hatte, nur um Sex und vor allem darum gegangen war, dass sie brünstig übereinander herfielen, doch für Jack entwickelte sich die Beziehung zu Briony bereits zu etwas vollkommen anderem. Seine Gefühle für sie waren ganz genauso stark und echt wie sein sexuelles Verlangen. Briony war es gelungen, sich in einem unbeobachteten Moment in sein Inneres einzuschleichen und diesen kleinen Funken Menschlichkeit zu finden, die Zärtlichkeit, von dessen Existenz er nie etwas gewusst hatte.
Jack wollte gar nicht so genau wissen, wie es dazu gekommen war, dass sich seine Gefühle mit der heftigen Chemie verheddert hatten, die zwischen ihnen knisterte, aber dafür wusste er umso besser, dass es für einen Mann wie ihn gefährlich war, sich an jemanden zu binden. Er war nicht normal, und er würde niemals normal sein, ganz gleich, wie sehr er sich wünschte, es sei nicht so. Er hatte sich damit abgefunden, dass dieser Wunsch unerfüllt bleiben würde, bis er Briony den Rücken zugekehrt hatte.
»Du bist nur müde«, murmelte er.
»Ich finde, du solltest wissen, dass mir das mit der Schwangerschaft leidtut. Ich hätte besser aufpassen sollen. Ich bin nie auf den Gedanken gekommen, ich könnte mit
jemandem intim werden, ganz zu schweigen davon, dass ich mein Denkvermögen in so wichtigen Dingen wie Verhütung verlieren könnte. Ich hatte keine Ahnung, dass die Antibabypillen in Wirklichkeit gar keine waren.«
Jack fühlte, wie eine Woge der Erleichterung über ihn hereinbrach. Wenn sie mit einem anderen Mann intim gewesen wäre oder auch nur daran gedacht hätte, mit ihm intim zu werden, hätte das diesen Mann das Leben kosten können. Er holte Atem und stieß ihn langsam wieder aus, um zu verhindern, dass seine Gedanken diese Richtung einschlugen. Er ließ seine Finger nur deshalb über ihr Gesicht gleiten, weil er das dringende Bedürfnis verspürte, sie zu berühren. »Mit der Vorstellung, du könntest mit einem anderen Mann intim sein, möchte ich mich gar nicht erst befassen.«
Briony zögerte und runzelte die Stirn. »Ich kann nicht viele Menschen um mich haben, ohne körperlich darunter zu leiden. Es scheint so, als könnte ich die Barrieren nicht entwickeln, die andere Menschen besitzen, um Geräusche und Gefühle von sich fernzuhalten. Ich habe mich wirklich darum bemüht.« Sie bog ihren Kopf weiter zurück, blickte zu ihm auf und blinzelte gegen ihre Tränen an, da sie entschlossen war, ihre Fassung wiederzuerlangen. »Wenn ich mit dir zusammen bin, ist es viel einfacher. Meine Seele kann sich ausruhen. Ich versuche zu verstehen, was Whitney mit mir getan hat, und ich hoffe, du kannst es mir besser erklären als die Akte, die ich gelesen habe. Ich habe höchstens die Hälfte verstanden.«
»Es hilft eindeutig, dass ich ein Anker bin und alles für dich filtern kann.« Das galt auch für seinen Bruder. Der Gedanke, dass Ken Geräusche und Gefühle ebenso gut wie er für sie filtern und von ihr fernhalten konnte, stellte
sich ungebeten ein, und er schämte sich des Adrenalinschubs, der augenblicklich durch seinen Körper wogte. Was auch immer Whitney getan hatte, um sie zusammenzubringen, war äußerst wirksam – und gefährlich. »Ich ziehe die Geräusche und Gefühle anderer von dir ab und lenke sie auf mich.«
»Aber wie geht das? Ich habe es mit allen erdenklichen Übungen versucht, weil ich mit meiner Familie öffentlich auftreten musste, aber es war so schmerzhaft. Hinterher hatte ich entsetzliche Kopfschmerzen. Wenn ich dahinterkomme, wie du das tust, kann ich mir vielleicht selbst beibringen, wie ich mich über den Schmerz stellen kann, bevor das Baby kommt.« Ihre knappe Schilderung beschrieb nicht einmal ansatzweise die Qualen, die sie nach jedem Auftritt durchlitt, und die Vorstellung, nicht immun gegen die Nöte des Kindes zu sein, wenn sie es erst einmal hatte, war erschreckend.
Jack strich ihr einzelne Haarsträhnen aus dem Gesicht. »Jetzt siehst du müde aus. Und du hast Kopfschmerzen, stimmt’s?«
Sie zuckte die Achseln. »Es hat nicht gerade geholfen, dass ich geweint habe wie ein kleines Kind. Ich habe stundenlang gemeinsam mit Jeb auf engstem Raum in einem Wagen gesessen. Er hatte wirklich Angst um mich und hat sie in Wellen abgestrahlt.«
Und vorher hatte
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