Schattenschwestern - Feehan, C: Schattenschwestern - Conspiracy Game
anderen Mann in diese verfahrene Situation mit hineinzuziehen, Briony. Wir haben ohnehin schon genug Sorgen.«
»Ach wirklich?« Sie war wütend, ohne auch nur zu wissen, warum, aber ihre Wut war so groß, dass sie sich umdrehte und mit einem geschmeidigen Satz über das Geländer auf den Boden sprang. »Diese verfahrene Situation? So also siehst du es, dass ich schwanger bin? Ich brauche deine Hilfe nicht, und ich will sie, offen gesagt, auch gar nicht haben.«
Jack fluchte und sprang hinter ihr her. Soviel zum Thema Taktgefühl – er hatte keines und würde es auch nie haben. Er packte ihr Handgelenk wie ein Schraubstock, und sie wirbelte herum und zielte mit der Faust auf sein Gesicht. Er fing ihre Faust mitten in der Luft ab. »Mach so weiter, und ich lege dich übers Knie. Was zum Teufel ist los mit dir? Mit dir stimmt doch etwas nicht. Du solltest wissen, dass man es nie auf einen Kampf anlegt, den man nicht gewinnen kann.« Sie sah aufgebracht, wütend
und verlegen aus. Sie wirkte verletzlich, jung und allzu zerbrechlich. Sie fühlte sich allein und verängstigt. Ihre Furcht bewegte sich durch sein Inneres – nicht Furcht vor ihm, sondern vor der Situation. Davor, dass er hartherzig gesagt hatte, er hätte sie gevögelt. Davor, dass sie ein Baby erwartete und niemanden hatte, an den sie sich wenden konnte. Ihr graute davor, dass Whitney sie finden und ihr das Baby wegnehmen würde. Jack erhaschte einen Blick auf die Achterbahn der Gefühle, die durch ihren Kopf rauschte.
Er bemühte sich um einen sanften Tonfall, obwohl er erbost war. »Ich habe mit der verfahrenen Situation nicht deine Schwangerschaft gemeint. Hör auf, mir Worte in den Mund zu legen. Und noch etwas, Kleines, du weißt verdammt gut, dass ich dich nicht gevögelt habe. Nicht einfach so. Nicht so, wie ich es deinem Bruder gegenüber hingestellt habe.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann hier nicht atmen. Ich kann es nicht. Ich muss von hier weg.«
Jacks Gesichtsausdruck verhärtete sich. Er presste die Lippen zusammen, und seine grauen Augen funkelten silbern. »Du wirst dich beruhigen, ins Haus gehen und zusehen, dass du schläfst.« Er bemühte sich ein weiteres Mal um einen sanfteren Tonfall. »Du hast gewaltigen Stress hinter dir. Wenn du heute Nacht gut schläfst, wirst du die Dinge gleich ganz anders sehen.«
»Hör auf, in diesem herablassenden Tonfall mit mir zu reden. Glaubst du etwa, es sei einfach gewesen, hierherzukommen und dich um Hilfe zu bitten, wenn man bedenkt, was du mir alles gesagt hast?« Sie stieß gegen seine Brust, und er rührte sich kaum, obwohl sie mit aller Kraft zugestoßen hatte. »Ich habe alle, die ich liebe, verlassen.
Mein Kind ist in Gefahr. Mir ist ständig schlecht. Ich habe kein Geld und nichts zum Anziehen, und ich bin auf Gedeih und Verderb einem Mann ausgeliefert, der mich nicht um sich haben will.« Sie stieß wieder gegen seine Brust. »Geh weg. Ich wollte einfach nur ungestört auf dem Dach sitzen und nicht wie ein Idiot durch die Gegend laufen, wenn du das Anwesen mit Sprengfallen versehen hast.«
»Was hast du jetzt vor? Es ist mitten in der Nacht. Du weißt, dass ich Fallen aufgestellt habe.«
»Ich habe einen sehr gut entwickelten Geruchssinn. Ich kann denselben Weg zurückverfolgen, auf dem ich hergekommen bin.«
Wahrscheinlich konnte sie das tatsächlich, aber sie machte ihn verrückt, und seine Ruhe würde sich sehr bald in Luft auflösen. »Hör auf zu weinen. Es ist mein Ernst, Briony. Du musst aufhören.«
»Willst du mir drohen?« Sie war wütend darüber, dass sie weinte. Wenn sie erst einmal angefangen hatte, schien sie nicht mehr aufhören zu können. Vielleicht war sie hysterisch, aber wenn sie mitten in der Nacht unter freiem Himmel sitzen und sich die Augen ausweinen wollte, dann war das ihre Sache. »Wirst du mich schlagen? Das hat bereits ein anderer vor dir getan. Ich lasse mich von dir nicht einschüchtern.«
Jack zog sie eng an sich und hielt sie an seinem Körper fest, obwohl sie sich wehrte; eine Hand legte sich auf ihren Hinterkopf, um ihr Gesicht an seine Brust zu pressen. Er senkte den Kopf, um ihre geschwollene Wange zu finden, und sein Mund hauchte federleichte Küsse auf ihre geschundene Gesichtshälfte. »Psst«, sagte er, um sie zu beschwichtigen, und schloss die Augen gegen den
Schmerz in ihrem Innern. Sie strahlte Kummer aus, großen Kummer, und es war ihm unerträglich. »Ich bin nicht der Feind.«
»Ich weiß. Ich weiß es ja. Es tut mir leid.«
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