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Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Titel: Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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die Shirin gesprochen hatte, schienen mir die letzten Sätze die wichtigsten zu sein, auch wenn ich sie noch nicht begriff.
    Kaum hatten wir die gerodete Lichtung vor der Ruine betreten, da erspähte Sam uns schon. Mit einer geschmeidigen Bewegung sprang er über den Rand und breitete dabei nur kurz seine Schwingen aus, um den Fall abzumildern. Die Bewegung war so natürlich und anmutig, als habe er schon sein ganzes Leben auf diese Weise verbracht. Als er mir das Holz abnahm, blickte er mir prüfend ins Gesicht und was er erkannte, gefiel ihm nicht. Offensichtlich war mir meine Beunruhigung anzusehen. Zornig wendete er sich Shirin zu, die unwillkürlich einen Schritt zurücktrat.
    »Shirin, was zum Henker …«, setzte er an, kam aber nicht weiter, weil ich ihn lauthals unterbrach.
    »Wusstest du, dass der hiesige Bernstein schwerer zu zerstören ist als jedes Metall?« Mein Ablenkungsversuch war lahm, aber er funktionierte. Besonders als ich mich an Sam drängte und ihm meine Arme um den Nacken legte. Ein Angebot, mich mithilfe seiner Schwingen auf die Terrasse der Ruine zu befördern.
    »Bernstein …«, wiederholte Sam irritiert, während Shirin zusah, dass sie wegkam.
    Ich musste grinsen. Er sah aus wie ein Jagdhund, der eine Erfolg versprechende Fährte zugunsten eines Kraulens hinterm Ohr aufgegeben hatte und nun überlegte, ob das ein Fehler gewesen war. Bestimmt würde er Shirin auf den Zahn fühlen, sobald er mich sicher in heimischen Gefilden abgeliefert hatte. Mit einem Grummeln schlang er seine Arme um mich und einen Augenblick später standen wir oben auf der Plattform.
    Shirin hatte sich dort bereits mit in die Hüfte gestemmten Armen aufgebaut. In ihrem Schatten stand ein Junge mit zu Berge stehendem Haar und Drecksprengseln im Gesicht, die vermutlich Sommersprossen waren. Er trug lediglich eine Lederhose und hatte einen schmalen, jedoch muskulösen Oberkörper. Dass Shirin vor Empörung vibrierte, schüchterte ihn ein, aber nicht genug, um ihn zurückweichen zu lassen. Trotzig schob er das Kinn vor und verschränkte die Arme vor der Brust. Als er mich sah, vergaß er jedoch schlagartig die wütende Frau und begann zu grinsen. Von einem Ohr zum anderen. Er wollte mit ausgestreckten Armen auf mich zustürmen, doch Shirin packte ihn bereits am Nacken.
    »Wag es ja nicht«, fauchte sie ihn an.
    Dabei hätte der Junge es sowieso nicht bis zu mir geschafft, denn Sam hatte sich umgehend vor mich geschoben.
    »Schon gut.« Der Junge entwand sich dem Griff und schnaufte beleidigt. »Hab mich voll im Griff. Wollte ja bloß anständig willkommen sagen.«
    »Das glaube ich dir sofort«, knurrte Sam und legte den Arm um meine Schultern.
    Eine süße Art, seinen Revieranspruch geltend zu machen, aber diesen Gedanken behielt ich lieber für mich. Dafür zwickte ich ihn in die Seite. »Nun entspann dich doch mal.« Dann winkte ich dem Jungen zu, der ungefähr in meinem Alter war. »Ich bin Mila.«
    »Ranuken.« Er trat ein paar Mal auf der Stelle, als wolle er den Drang loswerden voranzustürmen. »Welche Augenfarbe habe ich?«, platzte es aus ihm heraus.
    Verblüfft wechselte ich einen Blick mit Sam, der mit den Schultern zuckte. »Er weiß es nicht.«
    »Nein, weiß er nicht. Also?« Der Junge war so knapp wie möglich vor mir stehen geblieben, ohne dass es Sams Widerstand weckte, und starrte mich erwartungsvoll an.
    »Du musst doch wissen, wie du in die Sphäre gekommen bist.«
    »Natürlich.« Ranuken klatschte ungeduldig in die Hände, was dazu führte, dass Sam sämtliche Muskeln in den Armen anspannte. »Es war mitten in einem Wald, verstehst du? Grünzeug und Steine. Ich war komplett besoffen und musste dringend mal pinkeln«, fügte Ranuken vergnügt hinzu. »Also bin ich vom Lager weg und als ich im nächsten Moment in der Sphäre auftauchte, war ich ein wenig verwirrt. Völlig normal. Wer achtet in so einer Situation schon auf Pforten? Wusste zu dem Zeitpunkt ja nicht einmal, was das ist. Hatte gerade ganz andere Sorgen, wusste kaum, was überhaupt passierte. Verfluchter Schnaps. Bislang fand ich es ja auch nicht wild, dass ich keine Ahnung habe, was mich wechseln ließ. Normalerweise wechselt hier kein Schwein. Aber jetzt will ich es wissen.«
    Shirin, die bereits das Holz aufgestapelt und entzündet hatte, blickte über eine ihrer angewinkelten Schwingen hinweg. »Du wüsstest doch gar nicht, was du dort drüben mit dir anfangen sollst, Ranuken. Die Welt ist schon lange nicht mehr die, aus der du

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