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Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Titel: Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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meinem Unwohlsein gesellten sich außerdem Zweifel, dass ich die richtige Marschroute eingeschlagen hatte. Hier sah einfach alles anders aus als in St. Martin. Dort war der Wald ein überschaubares Wäldchen, eingerahmt von Spazierwegen und Bänken.
    »Wir laufen nicht in Richtung Steilküste, richtig?«, rang ich mir endlich die Frage ab. Doch Ranuken blickte bloß stur an mir vorbei. Hilflos fuchtelte ich mit den Händen in der Luft herum. »Okay, es tut mir leid, dass ich dich eben angefaucht habe. Das war ein wenig übertrieben.«
    »Ein wenig? Du hast mir fast den kleinen Finger gebrochen, außerdem hast du nach mir getreten und mich beschimpft. Dieses Anfauchen war doch nur der Höhepunkt einer Reihe von Unverschämtheiten.«
    Ungeduldig tappte ich mit dem Fuß auf, was dank des moosigen Untergrunds jedoch kein hörbares Geräusch erzeugte und somit seiner Wirkung beraubt wurde. »Sagen wir einfach, wir sind jetzt quitt. Also, wo liegt die Steilküste?«
    »Woher soll ich denn das wissen? Du bist so lange im Zickzack herumgelaufen, dass mir immer noch der Kopf schwirrt.«
    Mühsam unterdrückte ich das Verlangen, meinen Frust herauszubrüllen. »Na, wie gut, dass du zwei Schwingen hast. Dann kannst du ja mal hochfliegen und nachschauen, wo es langgeht.«
    »Da wäre ich auch von selbst draufgekommen«, erwiderte Ranuken schnippisch, fuhr aber seine Schwingen aus und fand tatsächlich einen Weg durch das dichte Geäst. Er kehrte mit einem breiten Grinsen zurück.
    »Und?«
    »Es geht genau in die entgegengesetzte Richtung, du Superfrau.«
    Ich verkniff mir einen Kommentar und lief los. Fein, dann marschierten wir eben die ganze Strecke zurück. Kein Problem. Ich hatte schließlich alle Zeit der Welt und konnte mir unterwegs wunderbar den Kopf darüber zerbrechen, wie es Sam wohl ging und ob mein großer Bruder mich gerade leidenschaftlich verfluchte, weil ich ihn sitzen gelassen hatte.
    »Ich könnte uns beide rüberfliegen«, schlug Ranuken vor, nun schon deutlich weniger schadenfroh. »Durch die Luft ist die Strecke ein Klacks. Wirklich.«
    Über diesen Vorschlag dachte ich nur kurz nach, denn sobald Ranuken seine Arme nach mir ausstreckte, machte ich unwillkürlichen einen Hopser von ihm weg. Das würde wohl nichts werden.
    »Schön«, sagte er unentschlossen, ob es nun gerechtfertigt war, erneut beleidigt zu sein, »dann laufen wir uns halt gemeinsam die Füße wund. Bis es dunkel wird, haben wir ja noch Zeit.«
    Tatsächlich erreichten wir die Steilklippe erst, als das Licht, das sich seinen Weg durch die Baumkronen suchte, bereits einen weichen Schimmer angenommen hatte und alles einen Ton satter aussehen ließ - im Fall der Sphäre bedeutete das die schönsten Abstufungen in Mittelgrau. Mir scholl das Echo des Meeres in den Ohren. Nur noch ein paar Schritte und wir würden die Fichten hinter uns lassen und den Grat sehen. Mittlerweile hatte ich es allerdings nicht mehr ganz so eilig. Unbehagen hatte sich in mir ausgebreitet. Einmal zu oft war ein Schatten über unseren Köpfen hinweggeglitten, und auch wenn man wegen der dicht an dicht stehenden Bäume selten einen Blick auf den Himmel erhaschen konnte, war ich mir sicher, dass es nicht stets dieselbe Schattenschwinge gewesen war. Außerdem nahm ich um mich herum eine seltsame Stimmung wahr, eine Art Ruhe vor dem Sturm. Während ich noch meinen Gedanken über diese beunruhigende Atmosphäre nachhing, kam Ranuken unvermittelt zum Stehen.
    »Tja, bin mir nicht mehr sicher, ob es eine gute Idee war, dich einfach in die Sphäre mitzubringen. Wofür mache ich das noch einmal?«
    »Damit du mit meinem Fahrrad den Verkehr in St. Martin aufmischen kannst.« Ich schloss die Augen und versuchte, ein Bild für die Stimmung zu finden. Doch bevor ich es zu greifen bekam, riss mich Ranuken aus meiner Selbstversunkenheit und stupste mich an. Mit einem Stück Ast, wie ich anerkennend hinzufügen muss.
    »Was ist da bei der Ruine los?«, fragte ich.
    Sofort machte Ranuken ein störrisches Gesicht. »Sam hat gesagt, ich soll den Schnabel halten.«
    »Na, dann rate ich doch einfach mal. Nicken darfst du doch wohl, oder?«
    Ranuken nickte, aber schon im nächsten Moment presste er die Hände gegen beide Schläfen, als wolle er seinen Kopf festhalten. »Das gibt nur Ärger. Sam wird mich eh schon durch die Mangel drehen, weil ich dich heute Abend hierher gebracht habe. Es wird ihn kaum interessieren, dass wir die Verspätung nur deiner Sturheit zu verdanken haben.«
    »Wohl

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