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Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Titel: Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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niemand bemerken.
    Mit wieder erwachter Neugier blickte ich zur Ruine auf die gut drei Dutzend Versammelten, bis etwas anderes meine Aufmerksamkeit erregte. Dort, im Dämmerlicht der Waldnaht bewegten sich Gestalten auf und ab, als wollten sie der Ruine nicht zu nah kommen. Dann wagten sie sich plötzlich hervor. Vor Schreck erstarrte ich. Das waren also die Körperlosen, von denen Sam gesprochen hatte! Ihre Erscheinung erinnerte nur noch entfernt an die menschlichen Körper, die sie einmal besessen hatten. Nun glichen sie Geistern, als seien sie aus dem gleichen Stoff wie ihre Schwingen gemacht, als wären sie bloß dunkle Tuscheschlieren ohne feste Kontur. Ich war mir sicher, dass sie keine Schatten zu werfen vermochten, denn sie waren kurz davor, selbst welche zu werden. Dennoch mussten sie der Quell jener Energie sein, deretwegen die Luft immer stärker nach überhitzten Batterien roch. Ein ölig beißender Gestank, der sich in den Nasenlöchern festsetzte.
    Ranuken, der bislang ebenfalls schweigend die Szenerie beobachtet hatte, riss mich aus meinen Gedanken. »Da ist Kastor. Siehst du ihn?«
    Ich kniff die Augen zusammen und erblickte in der im Dunkeln liegenden Eingangstür der Ruine Kastor, der mit verschränkten Armen gegen den Rahmen lehnte. Auch wenn er eher entspannt dastand, war klar, dass er alles und jeden im Auge behielt.
    »Er hätte ruhig die Jeans anlassen können«, flüsterte ich ein wenig pikiert. »Was ist dieses Etwas, das er um seine Hüften trägt?«
    »Tatsache, Kastor hat sich echt was übergezogen!«
    Zuerst dachte ich, Ranuken wolle mich aufziehen. Dann erst wurde mir klar, dass die Schattenschwingen einfach eine völlig andere Einstellung zur Nacktheit hatten als ich. An die Oberkörper, die die meisten wegen der Schwingen freiließen, hatte ich mich bereits gewöhnt, aber an fast nackte junge Männer? Nun, damit würde ich wohl auch zurechtkommen. Nach einiger Zeit zumindest.
    »Was ist mit Sam und Shirin? Die beiden habe ich noch nirgends entdecken können.«
    Ranuken rieb sich das Kinn und ließ seinen Blick umherschweifen. »Keine Ahnung«, gab er schließlich zu.
    Doch kaum hatte er das gesagt, da zeichneten sich die Silhouetten von zwei Schattenschwingen am Himmel ab, die einen Moment später mitten auf dem Platz zwischen den Schattenschwingen landeten. Sam und Shirin. Plötzlich war ich doppelt froh, versteckt im Horst zu sitzen. Zum einen, weil Sam wie ein Leuchtfeuer am Nachthimmel strahlte und ich selbst auf diese Entfernung Probleme hatte, ihn anzusehen. Zum anderen, weil mich sein Anblick so froh machte, dass ich unwillkürlich auflachte. Glücklicherweise nahm der Wind das Lachen mit sich und niemand riss den Blick von Sam los, um zum Horst hochzuschauen.
    Ranuken grinste ebenfalls, was das Zeug hielt. »Ich habe da so den Verdacht, dass Asami sich ganz schön anstrengen müssen wird, wenn er unseren Sam kleinkriegen will.«
    »Ja«, sagte ich, immer noch halb geblendet von Sams Anblick. »Wenn das hier ein Kampf von Licht gegen Dunkelheit wird, dann hat Asami schlechte Karten.«
    Doch gerade als ich das ausgesprochen hatte, gaben die Körperlosen ihr Versteck am Waldesrand auf und begannen Kreise über der Versammlung zu ziehen. Dabei verschlangen sie sich derartig ineinander, dass ich nicht sagen konnte, wie viele es waren. Allerdings machte mir etwas anderes Sorgen: Sie fingen Sams Strahlen ab wie eine Wolke, die sich vor die Sonne schob. Und das gefiel mir ganz und gar nicht.

31
    Gewitterfront
    Sam
    Als wir die Ruine erreichten, nahm ich zu meiner Verwunderung jede einzelne Schattenschwinge, die meiner Einladung gefolgt war, wahr, auch ohne dass ich meinen Blick dazu umherschweifen lassen musste. Ich kam mir vor wie ein Blinder, der jedes einzelne Gesicht um sich herum abgetastet und auf diese Weise mehr über die Personen in Erfahrung gebracht hatte, als es ein bloßer Blick möglich gemacht hätte. Allem Anschein nach hatte die Verbindung, die ich durch meinen Ruf mit den Schattenschwingen aufgebaut hatte, eine Art Echo hinterlassen. Das musste dieses Surren sein, das ich einfach nicht wieder loswurde. Ich dachte an Milas Vergleich mit dem Radarschirm, und obwohl es der denkbar schlechteste Zeitpunkt dafür war, musste ich lächeln. Da hatte sie genau das richtige Bild gefunden. Allerdings blinkten auf diesem Radar mehrere Punkte in einem ziemlich zornigen Rot auf.
    »Bilde ich mir das ein oder sind einige schon gereizt, bevor ich überhaupt meinen Mund aufgemacht

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