Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen
dieser dunklen Magie zu sein, die dich schon einmal verunreinigt hat? Oder hast du gehofft, dass dieser Junge, der offenkundig stark genug ist, um seinen Bannspruch zu beherrschen, auch stark genug ist, dich von deinen Sklavenketten zu befreien?«
»Wer sagt denn, dass Shirin nicht immer noch unter dem Einfluss der Sklavenringe steht?« Asami hatte die Arme vor der Brust verschränkt und blickte voller Verachtung auf die Wächterin hinab. »Wir wissen doch alle nur allzu gut, dass ihr alter Herr das Spiel mit den Menschen und ihrer Welt geliebt hat. Vielleicht hallt sein Wille immer noch als ferner Nachruf durch ihren Geist.«
Shirin stöhnte gequält auf. »Wie kannst du so etwas auch nur behaupten, Asami?«
»Warum er so etwas behauptet?« Juna stieß ein trockenes Lachen aus, das genau so abrupt endete, wie es ausgebrochen war. »Jeder weiß, dass du damals die Hure des Schattens gewesen bist. Liebevoll gehätschelt, während er uns andere ausbluten ließ.«
»Was meinst du damit?« Ich wollte die Frage nicht stellen, doch sie entwischte mir. Noch immer quälten mich die Nachwirkungen der Prüfung, der die Körperlosen mich unterzogen hatten. Es fiel mir schwer, mich zu konzentrieren, Teil dieses Streitgesprächs zu sein. Gerade so, als habe mir jemand meine Lebenskraft geraubt. Dabei war nur die Strahlkraft meiner Aura gemindert.
Juna musterte mich mit kalten blassgrauen Augen. »Hat dir deine Wächterin nichts von der ehrlosen Rolle erzählt, die ihr diese einzigartigen Armreifen aus Bernstein eingebracht haben? Wie sieht es aus, Shirin? Sollen wir das jetzt nachholen?«
»Du Miststück!« Mit einem geschmeidigen Sprung wollte Shirin die vollkommen überrascht dreinschauende Juna aus der Höhe hinabreißen. Ein aussichtsloses Unterfangen angesichts der ohnehin schon feindseligen Schattenschwingen, die uns umkreisten. Ehe ich jedoch reagieren konnte, hatte Lorson Shirin an der Hüfte gepackt und sie mit einem Ruck zurückgerissen. Shirin wehrte sich wie von Sinnen, doch Lorson, offenbar mit ihrer Kampftechnik vertraut, hielt sie fest. Schwer atmend lag sie schließlich in seinen Armen. Ihr Kampfeswille schien gebrochen.
Juna war nach dem Angriff ein Stück weiter in den Himmel aufgestiegen. »Hast du wirklich geglaubt, du könntest jemals wieder mit erhobenem Haupt vor uns treten?«, rief sie nun aus einigen Metern Höhe herab. »Sobald Asami deinen Wächter-Status als Strafe für deine Missachtung aufgehoben hat, werde ich dir beweisen, wozu eine ›Moos ansetzende‹ Schattenschwinge wie ich imstande ist. Du wirst ihren Status doch sicherlich aufheben, Asami?«
Doch zu meiner Überraschung ließ Asami sich keineswegs von Junas geiferndem Aktionismus anstecken. »Die Frage, was aus Shirin wird, kann warten. Ich werde erst einmal dafür sorgen, dass Samuel nicht länger zwischen den Welten wechseln kann.«
Nun riss auch mein Geduldsfaden. »Für wen hältst du dich eigentlich, Asami?«
Asami legte den Kopf schief wie eine Katze, die eine Maus betrachtete, die auf Angriff ging, anstatt nach einer Fluchtmöglichkeit zu suchen. »Als wenn du eine Ahnung davon hättest, worum es hier wirklich geht, du Frischling. Du weißt ja nicht einmal, woher die Magie rührt, die dein Fleisch gezeichnet hat.«
»Dafür weiß ich, wie man sie beherrscht«, hielt ich ihm provozierend entgegen, das überraschte Aufschnappen um mich herum ignorierend.
Ein abfälliges Lächeln zeigte sich auf Asamis Gesicht. »Das bist du, nicht wahr? Ein echtes Wunderkind, das alle Regeln umstoßen und unsere Welt auf den Kopf stellen darf. Ein Kind der Veränderung - dass ich nicht lache. Als wenn das allein schon ein Heilmittel wäre! Samuel, du weißt nicht, was Demut bedeutet, aber ich werde es dir beibringen.«
Sämtliche Blicke waren auf Asami gerichtet, dessen dunkle Aura die Dämmerung einschwärzte, bis es aussah, als herrschte eine sternenlose Nacht. Mit einer konzentrierten Bewegung zog er ein bernsteinfarbenes, leicht gebogenes Langschwert aus den Falten seiner weiten Leinenhose und richtete die Spitze auf mich.
Augenblicklich weitete sich der Kreis um mich herum und ich hörte, wie einige Schattenschwingen angstvoll nach Luft schnappten. Sie verströmten ein Durcheinander an freudiger Erregung, Ungeduld, Angst oder Empörung - doch keine von ihnen tat sich hervor, sie alle überließen Asami das Feld, was mich beim Anblick der bernsteinfarbenen Klinge nicht im Geringsten wunderte. Einen Faustkampf hätte ich dank meines
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