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Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Titel: Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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väterlichen Haus gelernt: Solange keine akute Gefahr bestand, lohnte es sich nicht, Energie an lauter unnütze Sorgen zu verschwenden.
    Wie auch der Hafen lag der Strand verlassen da, der Wind scheuchte den Sand auf und brachte das Meer zum Tosen. Obwohl mir die Wangen zu brennen anfingen und ich meine Hände gar nicht tief genug in den Jackentaschen vergraben konnte, störte mich die Kälte kaum. Sie war da, mein Körper nahm sie wahr, mehr aber nicht. Erneut ließ ich meine Gedanken treiben und sogleich flogen sie zu Mila. Wie ich es auch drehte und wendete, ich kam nicht dahinter, wie es war: Fühlte ich mich zu ihr hingezogen, weil sie mir das Gefühl gab, dass alles mit mir stimmte im Hier und Jetzt - oder konnte sie mir dieses Gefühl geben, weil ich dabei war, mich in sie zu verlieben?
    Abrupt blieb ich stehen und schluckte schwer. War die Lösung wirklich so einfach, lag diese andere Wahrnehmung in ihrer Nähe schlicht und ergreifend daran, dass ich in sie verliebt war? Ich brauchte mir bloß vorzustellen, wie Mila während unserer Matheübungen voller Konzentration meine Hände beobachtet hatte, die eine Seite eines Dreiecks darstellen sollten, und schon durchfuhr mich ein Energiestoß. Als wäre ich plötzlich doch ein echter Bestandteil dieser Welt und nicht lediglich ein Zuschauer am Rand. Neben Mila zu sitzen, war gewesen, als wäre ich zum ersten Mal aus dem Schatten in die Sonne getreten.
    Okay, ich war tatsächlich auf dem Weg, mich zu verlieben. Anders ließen sich solche wirren Gedankengänge sicherlich nicht erklären.
    Ich versuchte das Kribbeln, das jeder Gedanke an Mila mir einbrachte, abzuschütteln. Nicht etwa, weil es unangenehm war - ganz im Gegenteil. Aber es verwirrte mich. So fühlte Samuel Bristol sich einfach nicht. Unwillkürlich musste ich lachen und zwar ziemlich laut. Jetzt war es amtlich, ich war ein verliebter Schwachkopf.
    Ohne mit dem Lachen aufhören zu können, streifte ich meine Stiefel ab, krempelte die Jeans hoch und lief ins eisige Wasser. Wie immer begrüßte mich das Meer, und seine Berührung fühlte sich an wie ein Versprechen. Ehe ich mich versah, stand ich bis zu den Knien in den Wellen und konnte gerade noch dem Drang widerstehen, tiefer hineinzugehen. Mein lebenslanges Gefühl, der Glasglocke, unter der mein Leben stattfand, nur zu entkommen, wenn ich dem Meer nah war, stellte sich dieses Mal jedoch nicht ein. Ich fühlte mich lebendig und der Grund dafür trug einen Namen: Mila.

4
    Rot wie die Liebe
    Mila
    Verträumt blinzelte ich ins helle Licht. Obwohl die Sonne bereits im Westen stand, waren die Strahlen, die das Meer zurückwarf, noch voller Kraft. Ich saß zusammen mit meiner Mutter auf einer Steinmauer, gut zwanzig Meter über der Brandung, die an sich an diesem Frühlingstag äußerst mild aufführte. Unsere Füße steckten in bunten Leinenschuhen, die wir gerade bei einem fliegenden Händler gekauft hatten, und baumelten frei in der Luft. Ich mochte das Murmeln des Wassers genauso gern wie das Stimmengewirr und die vielfältigen Geräusche der Promenade in meinem Rücken. Zwar saßen wir etwas abseits des Treibens, aber das schöne Wetter hatte so viele Menschen an die Küste gelockt, dass sich einige Spaziergänger sogar abseits des Geschehens herumtrieben. Meine Mutter summte die Melodie einer Fernsehserie und schob mir die Sonnenbrille auf die Nase, die sie mir trotz meines Protestes gekauft hatte.
    »Mama, also wirklich! Kein Mensch trägt Sonnenbrillen mit knallroter Fassung.«
    »Weil all diesen Menschen knallrot einfach nicht so gut steht wie dir.«
    Ich warf ihr einen ungläubigen Blick durch die Gläser zu, die alles in einen goldenen Schimmer hüllten. Sofort nutzte sie die Gelegenheit, meine Ponyfransen unter dem Kopftuch, das ich mir gegen Sonne und Wind umgebunden hatte, zurechtzuzupfen. Es heißt immer, kurze Haare seien praktisch. Ich hatte jedoch schon nach ein paar Tagen herausgefunden, dass das eine Lüge war - morgens standen sie in alle Himmelsrichtungen ab und wenn man Pech hatte, hatte man sich beim Schlafen eine hartnäckige Macke gelegen. Wind sorgte dafür, dass man ruckzuck aussah, als habe man in die Steckdose gegriffen, und Regen … sprechen wir lieber nicht darüber. Noch etwas anderes nagte an mir: Egal, wie lieb ich meine Mutter hatte, ich hätte nie gedacht, dass ich mal mit einer ähnlichen Frisur wie sie enden würde.
    »Glaub mir, du siehst supersüß aus. Dein herzförmiges Gesicht ist schlicht geschaffen für diese

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