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Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Titel: Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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spürte, seinen Atem auf meiner Haut wahrnahm, hoffte ich nichts anderes, als dass er mich küssen würde.
    Stattdessen fragte Sam: »Du vertraust mir?«
    Anstelle einer Antwort suchte ich nach seinen Lippen und als ich sie fand, war der Kuss wahrer, als jedes Wort es gewesen wäre. Sam sorgte dafür, dass ich meine Arme um seinen Hals schlang und nur allzu begierig griffen meine Hände in sein Haar, das nun den Nacken bedeckte. Er hingegen umschlang meine Taille mit einer solchen Kraft, dass es mir den Atem raubte. Dann setzte er einen Schritt zurück und ehe ich begriff, was geschah, stürzten wir über den Klippenrand.
    Es ging zu schnell, um einen Angstschrei auszustoßen. Ich glaubte noch das Schlagen der Wellen gegen den Fels zu hören, dann spürte ich schneidende Kälte, nicht länger als einen Herzschlag, doch der freie Fall wurde nicht vom Wasser abgebremst. Ich spürte kein Reißen der Tiefe, kein Salzwasser drang mir in Mund und Nase und ich spürte auch keinen Aufprall, als hätte eine aufragende Klippe den Fall gestoppt.
    Endlich riss ich die Augen auf, und in einigem Abstand sah ich den Grat, aber dort loderte nun kein Lagerfeuer mehr. Stattdessen standen da geduckte Fichten, die aussahen, als wollten sie dem Wind ausweichen. Der Küstenabschnitt war mir vertraut und doch fremd zugleich. Aber etwas riss und zerrte an ihm, als wäre es bloß ein Film, der zerfaserte, während ich ihn ansah. Ich blinzelte und die Küste geriet scharf, um dann sogleich wieder leicht zu vibrieren.
    Der Schrecken, daran musste es liegen. Unter mir umtanzte ein schwarzes Meer die Klippen, von denen wir uns immer weiter entfernten. In die Höhe. Wie konnte das sein? Jemand hatte die Welt von den Füßen auf den Kopf gestellt. In meiner Panik schlang ich meine Arme noch fester um Sams Nacken und klammerte mich zugleich mit den Beinen an ihm fest.
    »Keine Angst, ich werde dich bestimmt nicht ins Wasser fallen lassen«, sagte er mit einer Selbstsicherheit, die mich aufhorchen ließ. »Du brauchst dich also nicht mit Leibeskräften an mir festzuhalten … nicht, dass ich etwas dagegen hätte.« Dabei klang er tatsächlich vergnügt.
    Wenn Sam entspannt genug war, um mit mir zu flirten, konnte unsere Lage nicht allzu schlimm sein. Obwohl ich den Drang verspürte, einfach nur abzuwarten, bis dieser Wahnsinn von selbst aufhörte, riss ich mich zusammen. Da erst nahm ich das Geräusch von schlagenden Flügeln wahr. Lauter als der Wind, der uns umtoste. Hinter Sams Rücken glitten riesige Schwingen durch die Luft, kaum erkennbar in der Nacht, nicht mehr als Schatten. Und sie trugen uns auf die Küste zu, die unablässig näher kam.
    »Ich sagte doch, dass die Schwingen keine Tätowierung sind.« In Sams Stimme hatte sich eine Mischung aus Ernst und einer Spur von Überdrehtheit ausgebreitet.
    »Statt auf die Klippen unter dem Wasser zu stürzen, bist du also einfach davongeflogen?« Ich kam nicht umhin zu bemerken, wie verrückt diese Frage klang.
    »Nein, ich bin ins Meer geschlagen, genau wie wir beide soeben auch. Nur, dass sich für mich unter dem Wasserspiegel seitdem etwas anderes verbirgt. Willkommen in meiner wahren Heimat.« Ich sah Sam in die Augen, die trotz des kalten Sternenlichts aufleuchteten, als würden Sonnenstrahlen seine Farben zum Strahlen bringen. Der Rest von ihm bestand hingegen nur aus Grautönen. Ich blickte an mir herab: Mein einst orangefarbenes T-Shirt hatte seine Farbe verloren, und das lag gewiss nicht an der Dunkelheit. Wo wir jetzt waren, gab es keine Farben, hier war alles schwarz-weiß. Bis auf Sams Meeresaugen, die ungebrochen in einem verwirrenden Spiel aus Blau und Grün schillerten. Ich schmiegte mein Gesicht an seine Halslinie und horchte in mich hinein. Das hier war Realität, nur eben nicht die Realität, die ich kannte. Ich verspürte Angst, aber sie entstand aus dem Wissen, etwas noch Unbekanntem gegenüberzustehen und nicht etwa aus der Furcht heraus, den Verstand verloren zu haben. Sam hatte mich in eine andere Welt gebracht, daran bestand kein Zweifel. Aber es war seine Welt, und nirgendwo anders wollte ich jetzt sein.

17
    Flug über dem Wasser
    Sam
    Die Erleichterung, dass Mila nach dem Wechsel nicht in Panik verfallen war, gab mir ein verführerisch leichtes Gefühl. Sie vertraute mir - mehr als das: Sie wollte weiterhin bei mir sein! In meiner Brust breitete sich ein Prickeln aus, es stieg mir die Kehle hinauf und kitzelte an meinen Lippen. Nur mit Mühe konnte ich das Lachen im Zaum

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