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Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Titel: Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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halten. Jetzt war ganz gewiss nicht der richtige Zeitpunkt, um schallend loszulachen, auch wenn sich meine allergrößte Sorge gerade in Luft aufgelöst hatte. Milas Fingernägel krallten sich schmerzhaft in meinen Nacken und ich konnte ihre Angst vor der Tiefe, die sich unter uns auftat, an ihrem Gesicht ablesen. Mit dem gelungenen Wechsel war der erste Schritt zwar getan, aber wenn ich wollte, dass sie all das wohlbehalten überstand, würde ich mich zusammenreißen müssen.
    »Mila, versuch dich ein wenig zu entspannen. Wir landen gleich, dann hast du wieder festen Boden unter den Füßen.« Obgleich ich mich so sanft wie möglich bewegte, stieß sie einen Angstschrei aus. »Ich werde dich nicht fallen lassen«, versuchte ich sie zu beruhigen.
    »Wie kannst du dir da so sicher sein, ich bin schließlich kein Federgewicht.«
    »Und ich bin kein gewöhnlicher Mensch. Also?«
    Als sie nicht sofort antwortete, befürchtete ich schon, das Falsche gesagt zu haben. Die Frage, was ich denn dann war, wollte ich lieber erst später beantworten. Falls ich das überhaupt konnte.
    Glücklicherweise flüsterte Mila: »Einverstanden.«
    Zwar lockerte sie ihren Griff keinen Deut, aber sie schrie auch nicht erneut auf und ihr Herzschlag an meiner Brust beruhigte sich wieder. Mit ein paar Flügelschlägen folgte ich der Wassernaht, bis die Steilklippe in einen weich abfallenden Fichtenwald überging. Die Bäume waren klein und standen allesamt schief. Der Boden der Lichtung, die ich ausgewählt hatte, war weich von Dünengras und Farnen. Durch die Baumstämme hindurch konnte man das Meer sehen und vor allem hören, ohne dem nächtlichen Wind, der darüber hinwegfegte, ausgesetzt zu sein. Ein Ort, an dem man sich behütet fühlte. Außerdem wurde auch das Sternenlicht abgemildert, an dessen unerklärlich helles Strahlen ich mich immer noch nicht gewöhnt hatte. Wie sollte es da erst Mila ergehen? Die Nacht war hier so fern wie der strahlende Tag.
    Nachdem wir aufgesetzt hatten, brauchte Mila noch einen Moment, bis sie mich loslassen konnte. Dann trat sie einen Schritt zurück und massierte sich die Handgelenke, die bestimmt vor Anstrengung schmerzten. Als ich meine Schwingen einziehen wollte, blickte sie auf.
    »Mach das bitte nicht«, sagte sie, die Stimme heiser, als würde jemand ihre Kehle umfasst halten. »Ich glaube, es ist besser, wenn ich sie mir ein Weilchen ansehen kann. Sonst zweifele ich noch an meinem Verstand.«
    Obwohl mich die Schwingen störten, sobald ich auf Grund stand, hielt ich sie, soweit es mir die Fichten erlaubten, ausgebreitet. »Wenn du möchtest, kannst du sie anfassen«, schlug ich vor.
    Zögernd streckte Mila die Hand aus, und als sie die Schwinge streifte, fuhr ich vor Überraschung so heftig zusammen, dass ich aufkeuchte. Sofort machte sie einen Satz zurück und schlug sich vor Schreck die Hände vor die Brust. Ich hätte mich ohrfeigen können.
    »Alles in Ordnung«, versuchte ich die Sache wieder geradezubiegen, obwohl es mir schwerfiel, einen ordentlichen Satz zustande zu bringen. »Ich war nur nicht darauf vorbereitet, wie intensiv sich die Berührung anfühlen würde. Damit hatte ich nicht gerechnet. Wenn ich sie selber berühre, hat es keine nennenswerte Wirkung.«
    Mila holte tief Luft und schenkte mir zu meiner Erleichterung so etwas wie ein Lächeln. »Und wie hat sich meine Berührung angefühlt, von intensiv einmal abgesehen?«
    »Das möchtest du nicht so genau wissen.« Damit brachte ich es ziemlich auf den Punkt, auch wenn ich mich bemühte, das Ganze mit einem Grinsen zu entschärfen. Die Stelle, an der Mila die Schwinge gestreift hatte, pulsierte unablässig und wollte mehr.
    »Deine Schwingen … Es hat sich angefühlt, als würde ich ein Energiefeld berühren und nicht etwas Festes wie Federn oder Seide. Ich konnte ihre Konturen fühlen und doch wieder nicht. Als würde ich mir bloß einbilden, dass meine Finger etwas berührt haben. Es ist das Gleiche, wenn ich die Schwingen anschaue: Ich sehe sie, aber irgendwas in meinem Kopf meldet, dass da eigentlich nichts ist. So sieht hier übrigens alles um mich herum aus, wie eine Traumfrequenz.«
    Nachdenklich betrachtete ich eine Schwinge, deren Spitzen den Boden steiften. Auch ich konnte nicht sagen, woraus sie bestanden - ich wusste nur, dass sie zu mir gehörten wie mein Gesicht. Sie gehörten zu meiner Identität und zu meinem Körper. Endlich wusste ich, was mir solange gefehlt hatte. Aber aus was für einem Stoff die Schwingen

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