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Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Titel: Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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gerechnet, obwohl ich bereits herausgefunden hatte, dass die meisten Schattenschwingen nur ungern über ihre menschliche Vergangenheit sprachen. Vermutlich, weil sie dort noch viel schrecklichere Erfahrungen gemacht hatten als ich. Doch nun war es zu spät, um zurückzurudern.
    »Habe ich gerade gegen die Regel verstoßen, dass man nicht über seine Herkunft spricht?« Da Asami immer noch nicht wieder in der Lage war, seinen verkanteten Kiefer zu entspannen, fuhr ich mit meinen Überlegungen fort. »Wie auch immer. Mir kam es jedenfalls keineswegs unnatürlich vor, als ich vorhin in der Menschenwelt gewesen bin. Oder sagen wir es so: Es hat sich nichts verändert. Ich fühle mich zwar nach wie vor wie ein Fremdkörper, aber damit kann ich umgehen. Außerdem bereitet mir das Wechseln selbst auch keine Probleme, wenn man einmal von dem Bannspruch absieht. Ich kann also ohne Schwierigkeiten in der Sphäre sein oder auch drüben in der Menschenwelt. Mir scheint es, als wäre die Sphäre so ähnlich gestrickt wie wir Schattenschwingen selbst: Ein Teil von ihr ist weltlich, so wie ein Teil von uns menschlich ist.«
    »Du solltest nur für dich sprechen, Samuel«, brachte Asami gepresst hervor. »Wir Schattenschwingen brauchen keine Erklärungen, wir sind da, wo wir hingehören. Alles andere sorgt nur für Durcheinander.«
    Ich ignorierte seinen Einwurf, denn der Faden, den ich aufgegriffen hatte, erwies sich als äußerst spannend. Vielleicht würde es mir tatsächlich gelingen, Asami zu überzeugen, dass am Wechseln nichts Schlechtes dran war. »Schauen wir mal, was ich hier habe: Arme, Beine - eindeutig menschlich. Schwingen …« Übermütig griff ich nach den faserigen Ausläufern von Asamis’ Schwinge, die er, im Gegensatz zu mir, nicht eingezogen hatte. »Eindeutig nicht irdischen Ursprungs. In der Sphäre ist so manches beheimatet, das alles andere als weltlichen Ursprungs ist. Das gilt vermutlich auch für dieses seltsame Leuchten, das in der Dämmerung zwischen den Fichten herumtanzt, und die eingefrorene Stelle, die ich draußen auf dem Meer entdeckt habe. Gut und gern sieben Meter Durchmesser und keine einzige Welle, die versucht drüberzuschwappen. Wir Schattenschwingen sind halbe-halbe, aber das ist noch lange kein Grund, warum ich mich nicht auch in der Menschenwelt bewegen dürfte. Offensichtlich sind die Menschen ja auch in der Sphäre willkommen.«
    Unvermittelt setzte Asami einen Schritt zurück und wäre fast über den Klippenrand gestürzt, so sehr brachte ihn meine Andeutung aus dem Gleichgewicht. Doch ein weiteres Zeichen seines Entsetzens alarmierte mich viel mehr: Seine sonst schon schwärzliche Aura verdichtete sich derart, dass sie ihn wie einen Schleier umfing, der die Helligkeit des Tages bannte.
    »Du hast einen Menschen mit in die Sphäre gebracht?«
    »Ja, aber das war kein Problem. Sie hat die Grenze genau so mühelos passiert wie ich.«
    Allerdings schien das Asami keineswegs zu beruhigen. Er presste sich die Hand vor den Mund, als würde er mir ansonsten vor Entsetzen vor die Füße spucken. »Wie konntest du das tun?«, fragte er mit heiserer Stimme, sobald er sich etwas beruhigt hatte.
    Nun, da es ohnehin zu spät war umzukehren, ging ich den einmal eingeschlagenen Weg zu Ende. »Es ist doch nur natürlich, Menschen in die Sphäre einzuladen. Schließlich beginnt unser Leben in der Menschenwelt, wo wir von Familien und Freunden umgeben sind. Man kann doch nicht einfach auf jemanden verzichten, den man liebt. Nur wegen irgendwelcher Richtlinien, die ihr euch willkürlich ausgedacht habt!«
    Mittlerweile hatte Asami seine Fassung wiedergefunden. Seine eben noch bebenden Schultern waren wieder gespannt und seine Gesichtszüge glichen einer ausdruckslosen Maske. »Du bist erst seit einigen Wochen in der Sphäre und siehst deshalb nicht mehr in ihr als einen leicht verzauberten Abklatsch der Welt. Und wir Schattenschwingen mögen für dich nur Menschen mit Flügeln sein. So viel Ignoranz kannst du dir leisten, weil du jung bist und erst wenig über unsere Geschichte erfahren hast. Trotzdem - wenn du dich weiterhin so arrogant verhalten solltest, werde ich dich maßregeln.«
    »Du bist nicht mein Wächter, Asami.«
    Anstelle einer Antwort, schlug Asami mir mit seiner Handkante ins Gesicht. Der Angriff kam so überraschend, dass ich es erst begriff, als er die Arme bereits wieder vor der Brust verschränkt hatte. Unter meinem Wangenknochen breitete sich zuerst ein taubes Gefühl aus, dann

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