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Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Titel: Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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ich losgezogen bin, warst du ja gerade bestens mit Julius beschäftigt.«
    Ehe ich meine Ausrede weiterspinnen konnte, sagte Lena blitzartig »Ach so, okay« und hakte sich bei mir unter, während wir den Weg in Richtung Fahrräder einschlugen. Zuerst war ich ehrlich verblüfft, dass sie sich so leicht abwimmeln ließ, dann musste ich breit grinsen. Ich hatte also richtig gelegen: Lena war tatsächlich viel zu sehr mit Julius beschäftigt gewesen, um sich ernsthafte Sorgen um mich zu machen. Vermutlich war ihr erst vor ein paar Minuten aufgefallen, dass ich nicht wiederaufgetaucht war. Da brauchte ich ihr also gar nicht groß was vorzuflunkern.

20
    Warnruf
    Außer sich vor Wut wand er sich in seinem Gefängnis wie eine Schlange. Er wollte ausbrechen, seinen gleißenden Zorn, der jeden Augenblick in Verzweiflung umschlagen konnte, an etwas auslassen. Und wenn das nicht möglich war, dann sollte ihn doch wenigstens der Schlaf überkommen, damit er vergaß! Doch diese Gnade wurde ihm nicht zuteil, sodass er sich mit dem Grund für seine Rage auseinandersetzen musste. Sein Plan war nicht aufgegangen. Nicht nur, dass die Zeichen unvollendet geblieben waren, nun taugten sie nicht einmal mehr dazu, ihm zumindest die dringend benötigte Kraft zuzuführen, indem sie den Schattenkokon um sein Opfer spannen. Sein grandioser Plan, der ihn aus seinem Elend befreien sollte, hatte sich als Sackgasse entpuppt. Der, der ihn aus seinem unendlichen Schlaf hatte holen sollen, hatte gelernt, das Zeichen zu beherrschen, und war ihm entkommen. Er würde sich eingestehen müssen, dass von ihm nicht mehr übrig geblieben war als von der verstümmelten Sphäre: ein schwacher Abklatsch früherer Stärke, nicht mehr als ein Schatten.
    Während er sich seinen trüben Gedanken überließ, schlich sich nach und nach eine Empfindung ein, die er schon fast vergessen hatte. Ein Mensch hatte die Sphäre betreten, er spürte den schwachen Geist, dem es nur gerade so gelang, sich seinem Zugriff zu entziehen. Trotzdem erkannte er sie wieder, denn er hatte das Mädchen bereits einmal berührt. Und was man einmal getan hatte, konnte man auch ein zweites Mal tun. Es brauchte nur die richtige Gelegenheit.
    Erfüllt von plötzlicher Zufriedenheit überließ er sich dem Sog der Träume. Seine Zeit würde kommen, schon bald.

    Sam
    Nachdem ich den ganzen Morgen hart an meinem Plan gearbeitet hatte, die Sphäre für Mila zu einem freundlichen Ort werden zu lassen, an dem sie sich gern aufhielt, spürte ich die Erschöpfung in jedem einzelnen Knochen. Trotzdem zog ich Kreise hoch über dem Meer, das im Mittagslicht funkelte.
    In meinem Kopf überschlugen sich die Eindrücke der letzten Nacht, mein Herz raste und ich verspürte das Verlangen, irgendetwas Albernes zu tun. Wilde Schreie auszustoßen oder sogar Loopings zu drehen. Zugleich überkam mich wieder das Gefühl, Mila Unrecht angetan zu haben. Was, wenn sie nun an ihrem Verstand zweifelte? Nein, das konnte ich mir nicht vorstellen, sie war überrascht gewesen, aber keineswegs verstört. Auch wenn es mir immer noch unmöglich erschien, so hatte sie doch tatsächlich geahnt, dass ich nicht nur am Leben, sondern auch alles andere als der Junge von nebenan war. Bei niemand anderem hätte ich mit so einer gelassenen Reaktion rechnen können. Ich hatte instinktiv gewusst, dass die Wahrheit ihr keine Angst einjagen würde. Aber wie würden andere Menschen reagieren? Mit einem Schauder dachte ich an meine Schwester Sina. Keine gute Idee. Ihr Leben war vermutlich einfacher, wenn sie mich für tot hielt und mein Vater bis zum Jüngsten Tag hinter Schloss und Riegel saß. Entschlossen schob ich die Grübeleien beiseite, dafür waren die letzten Stunden zu verheißungsvoll gewesen. Jetzt wollte ich bloß den kühlen Wind spüren, seinen Widerstand und das Rauschen, das er in meinen Ohren verursachte.
    Ich war so versunken in das gleichmäßige Auf und Ab meiner Schwingen, dass ich den Schatten, der plötzlich auf mich fiel, erst bemerkte, als er bereits direkt über mir war. Blitzartig schoss das Adrenalin durch meinen Körper. Wenn diese Schattenschwinge sich bislang vor mir verborgen hatte und nun ganz dicht über mir flog, dann war das mehr als bedrohlich. Denn so konnte sie verhindern, dass ich meine Schwingen einsetzte. Ich würde abstürzen, wenn sie es darauf anlegte. Eilig drehte ich mich um die eigene Achse. Dazu musste ich die Schwingen kurz einziehen und sackte ein Stück in der Luft ab. Augenblicklich

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