Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe
auch nicht. Ich war viel zu trunken von ihrer Existenz.
Ohne meine Hände vom Schwert zu nehmen, blickte ich Asami an. Er stand ganz ruhig da, die Beine leicht auseinander gestellt. Mit dem Kinn deutete er ein Nicken an. »Das war gut«, sagte er gelassen.
»Danke«, erwiderte ich, bevor ich mich vor ihm verbeugte.
Mit einem Schlag fühlte sich alles richtig an: der prüfende Blick meines Lehrers, das Schwert an meiner Seite und die zum ersten Mal aufkeimende Erkenntnis, dass Iaido mehr für mich bedeuten konnte als die Kunst, einen Gegner zu besiegen. Dass es mir den Weg zeigen konnte, eine Kraft in meinem Inneren zu sammeln und zu formen, die jede Waffe überflüssig machte.
Nachdem wir die Schwerter sorgfältig gereinigt und beiseite gelegt hatten, nahm Asami ein Bad im Meer. Obwohl ich
derjenige von uns beiden war, dem der Schweiß den Rücken hinablief, begnügte ich mich damit, mich mit ein paar Handvoll Wasser zu waschen. So, wie ich mich nach dem Training fühlte, würde ich bei einem Schwimmversuch wie ein Stein untergehen. Jedes einzelne Gelenk in meinen Körper tat weh und meine Muskeln hatten sich in Zittergras verwandelt. Wäre die heutige Trainingseinheit nicht so außergewöhnlich befriedigend verlaufen, hätte ich mir in den Dünen kurzerhand eine Mulde zum Schlafen gesucht.
Froh darüber, einfach nur dazustehen und nicht den kleinsten Finger zu rühren, beobachtete ich Asami, der nach einigen kräftigen Schwimmzügen unter Wasser auftauchte und sich in der Brandung aufstellte. Obwohl der Seegang kräftig seine Hüften umspülte, verzichtete er darauf, mithilfe seiner Schwingen das Gleichgewicht zu halten. Sie blieben schwarze Tuschezeichnungen auf seinem Rücken, die größtenteils von seinem offenen Haar verdeckt wurden. Es glich nass glänzendem Seetang, wie ich fasziniert feststellte. Die Spitzen wurden immer wieder von Wellenkämmen erfasst, mitgerissen und glitten dann zurück, um an den Hüften hängen zu bleiben. Sein Haar sah aus, als würde es ein Eigenleben führen. Asamis weiß schimmernder Körper hingegen war vollkommen reglos, mehr Marmorstatue als ein Krieger, der sich nach einem anstrengenden Schwerttraining entspannte.
Neben Shirin war Asami von den mir nahestehenden Schattenschwingen diejenige, die sich am weitesten von ihren menschlichen Ursprüngen entfernt hatte. Während das bei Shirin allerdings mit der Dauer zusammenhing, die sie bereits in der Sphäre lebte, kam es mir bei Asami wie eine ehrgeizige Anstrengung vor. Offenbar wollte er alles hinter sich lassen, was an seine menschliche Seite erinnerte. Je besser ich ihn allerdings kennenlernte, desto mehr überkam
mich der Verdacht, dass es ihm in Wirklichkeit nicht sonderlich gut gelang.
Zu gern hätte ich in diesem Moment einen Blick auf sein Gesicht geworfen. Waren seine Augen geschlossen und die Züge entspannt? Oder sah er konzentriert zum Horizont, wo nach der stürmischen Nacht das grau schäumende Meer übergangslos mit dem blassen Morgenhimmel zu verschmelzen schien?
Nachdenklich streckte ich die Arme über den Kopf und dehnte meine Rückenmuskeln, die vor Erschöpfung immer noch kribbelten, wenn auch auf eine angenehme Art. Dabei verdichtete sich das Energiefeld um mich herum, als würde es von der Zufriedenheit, die ich in diesem Augenblick empfand, befeuert. Unwillkürlich leuchtete meine Aura auf.
Das Zusammenspiel von meinen Empfindungen und meiner Aura wurde mir zunehmend bewusster, seit ich es zum ersten Mal gezielt eingesetzt hatte, um Asami im Kampf zu besiegen. Ausgerechnet Asami, der seither jede freie Minute damit zubrachte, einen noch besseren Kämpfer aus mir zu machen. Das Geheimnis, wie wir unsere Aura dabei einsetzen konnten, hatte er bislang allerdings unerwähnt gelassen. Heute hatte ich zum ersten Mal eine Ahnung davon bekommen, worin es bestand. Im Nachhinein merkte ich, dass Asami richtig entschieden hatte, diese Lektion nicht in Worte zu fassen, sondern sie mich erleben zu lassen.
In diesem Moment streckte Asami seinen Arm aus und ließ die Finger über die Wellen tanzen. Es war eine selbstversunkene Geste voller Anmut, bei der seine schwärzliche Aura, die einem Schatten gleich alles Licht schluckte, sich um seinen Arm wand wie eine Schlange. Zwar waren Asamis Augen offen, aber offensichtlich war er jetzt gerade vollkommen gelöst. Ausgerechnet Asami, der Kontrollfreak,
ließ sich einfach treiben! Zuerst konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen, doch dann griff die Wirkung seiner
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