Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe
Als ich danach griff, riss es schmerzhaft in meinem Bizeps und mein Ächzen ließ Kastor noch herablassender dreinblicken.
»Könntest du das bitte unterlassen?«
Kastor verschränkte die Arme vor der Brust. »Was meinst du?«
»Na, mich anzustarren, als wäre ich irgendein ekeliges Gewürm zu deinen Füßen, nur weil mein Muskelkater mich umbringt. Abgesehen von den Prellungen, die ich diesem Sadisten Asami zu verdanken habe. Ob du es glaubst oder nicht: Er hat mich in eine Höhle gebracht, in der mir ein Lichtfresser aufgelauert hat. Nur so zum Training, verstehst du?«
»Ein Lichtfresser also.«
Diese verhaltene, ja, geradezu gelangweilte Reaktion traf mich. Nicht dass ich ein mordsschwer beeindrucktes »Wahnsinn! « erwartet hatte, aber ein Tick Respekt wäre schon nicht schlecht gewesen. Stattdessen deutete Kastors Miene an, dass er allmählich die Geduld mit mir verlor. Vermutlich verspeiste er Lichtfresser zum Frühstück, so ganz nebenbei.
»Samuel, du hast zu lang in der Sonne gelegen. Es ist schon seit dem Krieg kein Lichtfresser mehr in der Sphäre
gesehen worden, weil sie nämlich alle vernichtet worden sind. Selbst wenn es einem von ihnen gelungen sein sollte zu entkommen und er von Asami entdeckt worden wäre, hätte er ihn sofort ausgelöscht. Diese einstigen Schattenschwingen, denen ihre Aura geraubt worden war, waren damals ein echtes Übel. Sie können große Zerstörung anrichten, wenn sie in die Reichweite unserer Aura geraten. Davon einmal abgesehen, würdest du jetzt wohl kaum entspannt in der Sonne dösen, wenn du tatsächlich einem von ihnen begegnet wärst. Vor allem nicht umrahmt von deiner leuchtenden Aura.«
Der Protest lag mir bereits auf der Zunge, aber ich hielt inne. Asami hatte zwar nichts davon gesagt, dass ich über den Lichtfresser Stillschweigen bewahren sollte, aber Kastor schien von dem, was er da sagte, sehr überzeugt. Nun, ich hatte in den letzten Tagen ja bereits herausgefunden, dass Asami nicht so leicht einzuschätzen war, wie ich gedacht hatte. Da passte es fast ins Bild, dass er sich einen Lichtfresser für seine Schwertkampfübungen hielt.
»Einverstanden, ich gestehe. Asami hat mich beim Iaido alle gemacht und ich bin vor lauter Überanstrengung zusammengebrochen. «
Die Art, wie Kastor die Augenbrauen hochzog, bedeutete wohl, dass er sich genau das gedacht hatte. Das wollte ich dann aber auch nicht auf mir sitzen lassen.
»In meiner Kultur gilt man übrigens nicht gleich als Weichei, nur weil man ein bisschen rumstöhnt. Man gilt auch nicht als echter Kerl, weil man Kleidung für überflüssig hält«, fügte ich schnippisch hinzu, wohl wissend, dass meine Worte an Kastor abprallen würden.
Mit so viel Elan, wie mir überhaupt möglich war, kam ich auf die Beine und streckte mich. Dabei knackte meine Wirbelsäule wie ein Maschinengewehr. Es war schwer zu sagen,
wer bei diesem Geräusch gereizter aussah: Kastor oder ich. Letztendlich machte er den ersten Schritt auf mich zu, indem er seine Schwingen einzog, was einem Friedensangebot gleichkam.
»Hübscher Rock übrigens«, sagte er und gab mir einen Klaps aufs Hinterteil.
»Das ist kein Rock, das ist eine Hose.« Zum Beweis zog ich die gefalteten Stoffbahnen auseinander. »Heißt Hakama oder so. Und selbst wenn es ein Rock wäre, müsste ich mir wohl deutlich weniger Sorgen um mein Outfit machen als du. Schließlich ist die Sphäre kein Nudistenclub.«
Kastor bedachte mich mit einem Kopfschütteln, als habe ich nicht die geringste Ahnung, wovon ich da eigentlich sprach, dann nahm sein Gesicht einen ernsten Ausdruck an. »Während du mit deinem Freund«, das Wort Freund sprach er betont ironisch aus, »gespielt und anschließend ein Nickerchen gehalten hast, bin ich allein ins Weiße Licht geflogen, um unsere Idee endlich umzusetzen.«
Mit einem Schlag war meine Müdigkeit verflogen. »Das hast du allein getan? Du erinnerst dich noch, warum die Zustimmung des Rates zu diesem Vorgehen so wichtig war, oder? Weil es zu zweit kaum zu schaffen ist, im Weißen Licht nach den Überresten des Schattens zu suchen – geschweige denn allein.«
»Beruhige dich, es hat ja auch nicht funktioniert. Er muss tatsächlich abgetrieben sein. Nicht, dass er zuvor mit leichter Hand auszumachen gewesen wäre. Shirin hat wirklich hervorragende Arbeit geleistet, als sie die Überreste verborgen hat. Eine solche Aufgabe hätte keine andere Schattenschwinge stemmen können, dazu brauchte es einen Feuereifer. Sich der Grenze zum
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