Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse
alles zu seiner Zufriedenheit verlief, wurde Nikolais Hand in meinem Nacken schwerer. »Es spielt zwar keine Rolle, aber es enttäuscht mich, dass du mein Tun nicht begreifst. Ein Mann wird schließlich an seinen Herausforderern gemessen und ich habe mir deutlich mehr von dir erhofft.«
»Wenn du Mila freigibst, können wir gern unsere Kräfte miteinander messen. Obwohl das sicherlich kein fairer Kampf wird, nachdem du mir einen Großteil meiner Kraft geraubt hast.«
»Ich würde es nicht ›geraubt‹ nennen, ich habe nur meine unter Anstrengungen und Qualen gemachten Erfahrungen gegen dich ausgespielt. Diesen Vorteil kannst du mir nicht vorwerfen, schließlich hast du nicht einmal einen bleibenden Schaden davongetragen. Kaum eine andere Schattenschwinge hätte sich von einem solchen Kraftakt erholt. Du bist wirklich erstaunlich. Genau aus diesem Grund will ich dich, Samuel.«
»Du kannst dir nehmen, was du willst. Aber als Gegenleistung verlange ich, dass du Mila frei lässt.«
»Wer auf den Knien liegt, hat nichts zu verlangen«, herrschte Nikolai ihn an, ganz der aufgebrachte Tyrann. Mir entging jedoch auch sein amüsierter Unterton nicht: Er genoss Sams Demütigung in vollen Zügen. Sein Zorn war nur taktisches Kalkül, für ihn verlief alles genau nach Plan. »Euer beider Schicksal ruht in meiner Hand. Du hast nichts, womit du mich unter Druck setzen könntest. Und ich will euch beide. Ihr gehört beide mir, schon seit dem Tag eurer Geburt. Spätestens die Ringe an euren Fingern, die ich geschaffen habe, beweisen es.«
Endlich gelang es mir zu sprechen, obwohl der Rauch in meiner Kehle wütete. »Die Ringe beweisen nur, dass Sam und ich uns lieben!« Ich war mittlerweile so aufgebracht, dass nicht einmal mehr der Druck in meinem Nacken mich niederhielt. »Du bist vollkommen verblendet von deiner Machtgier, du siehst nicht, was du anrichtest. Sam wird sich auf keinen Fall unterordnen.«
Nikolai zog mich ein Stück hoch und flüsterte mir ins Ohr, was wegen des prasselnden Lärms des Feuers eigentlich überflüssig war. »Entweder du hältst jetzt den Mund oder ich werde dafür sorgen, dass du erst wieder zu dir kommst, wenn diese Auseinandersetzung vorbei ist. Also, entscheide dich.«
Bei der Vorstellung, bewusstlos und somit jeder Chance beraubt zu sein, das Blatt noch zu wenden, lenkte ich ein.
»Schweigen?« Nikolai lachte. »Braves Mädchen. Wir beide sind ja von Anfang an gut miteinander zurechtgekommen.«
Ja, klar, dachte ich bitter. Du hast mich von Anfang an für deine Zwecke missbraucht, schon als du mich bei der Versammlung bei der Ruine als Mittel benutzt hast, um mit einem großen Knall deine Rückkehr anzukündigen und sämtliche Schattenschwingen mit einem Streich niederzustrecken. Das ist es, was du unter »miteinander zurechtkommen« verstehst: die absolute Unterordnung unter deinen Willen. Doch ich hielt wohlweislich meinen Mund.
Als Nikolai seine Aufmerksamkeit wieder auf Sam richtete, stand der plötzlich mit gezücktem Katana da, machte jedoch keinerlei Anstalten, anzugreifen. Nikolai reagierte auf das Katana wie ein Vampir auf Weihwasser. Er riss mich an seinen Oberkörper und setzte einige Schritte zurück.
»Seit wann besitzt du eine solche Waffe, verflucht?« Es war das erste Mal, dass Nikolai die Fassung verlor. Gleich darauf hatte er sich wieder unter Kontrolle. »Ein bewaffneter Bittsteller ist nicht besonders überzeugend.«
»Du hast gefragt, was ich dir für Milas Freilassung zu bieten habe. Nun, es ist das Gleiche, was sie für mich zu geben bereit war, als sie vor dem Eiland ins Wasser gegangen ist: das eigene Leben gegen das des anderen.«
Zu meinem Entsetzen legte Sam die Schneide des Katanas an seinen Hals, dorthin, wo die Schlagader heftig pulsierte. Voller Panik dachte ich daran, wie scharf die Klinge war. »Nein, das darfst du nicht!«, schrie ich, obwohl Nikolais Hände mich fast erdrückten.
Sam schaute mich an, dann schüttelte er den Kopf. »Ich werde dich ihm nicht überlassen. Also, Nikolai, was sagst du zu meinem Angebot? Wer ist für deine Pläne wichtiger: Mila oder ich? Du musst dich entscheiden, denn du kannst nur einen von uns bekommen.«
Ich spürte, wie Nikolais Herz zu rasen begann. »Ich will euch beide, ich brauche euch beide, denn ohne dich zwischen uns ist Milas Gabe für mich nutzlos.«
Ohne den Blick von uns zu nehmen, setzte Sam die Klinge an. Blut drang aus der Wunde, lief über seinen Hals. Mit jedem Herzschlag mehr. Meine Beine
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