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Schattenspäher

Schattenspäher

Titel: Schattenspäher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Sturges
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Nemesis. Indem er sich selbst zum Maßstab nahm, hatte er den wohl albtraumhaftesten Tod konstruiert, den er sich vorstellen konnte. Und den er nun am eigenen Leibe erfuhr.
    Während er sich im Bauch des fel-ala wand und krümmte, fiel ihm ein, dass der Schmerz nur das Vorspiel war. Die Vorspeise zu einem wahrlich köstlichen Mahl. Und zu wissen, was noch auf ihn zukam, machte alles nur noch viel schlimmer.
    Sollte er dem allen jemals entrinnen - und er wusste, dass er das nicht konnte -, musste er sich unbedingt daran erinnern, dass das Wissen um die Pein diese noch verschärfte. Ein Häppchen nutzloses Wissen, über dem man ewig nachgrübeln konnte.
    Weil nun das Mahl kam; der Hauptgang. Auf die Marter folgte die Ewigkeit. Als ihm dies klar wurde, spürte er, wie der Schmerz nachließ. Nicht etwa, weil der fel-ala schon mit ihm fertig war, sondern weil immer weniger von ihm übrig blieb, mit dem er Schmerz überhaupt empfinden konnte. Sein Körper war nun fast vollständig aufgezehrt. Die Augen waren ihm aus den Höhlen gerissen und seine Männlichkeit zerfetzt worden. Seine Eingeweide waren aus ihm herausgezerrt und sich stückweise einverleibt worden. Er spürte, wie seine inneren Organe rissen und platzten. Als seine Lunge kollabierte und seine Atmung aussetzte, war es fast eine Erleichterung. Der Tod des Körpers stand unmittelbar bevor.
    Was folgte, war eine aufsteigende Panik und der so völlig andere Schmerz des Erstickungstodes. Sein Oberkörper, oder vielmehr das, was noch von ihm übrig war, hob und senkte sich konvulsivisch. Kaum zu glauben, dass er dafür noch die Energie aufbrachte. Der Druck in seiner Brust und in seinem Kopf stieg an. Dieser Druck drängte bald jeden anderen Schmerz zurück. Nach einem scheußlichen letzten Stolpern hörte sein Herz gänzlich auf zu schlagen. Und dann verblasste alles um ihn herum. Das Geräusch von reißendem Fleisch, seine eigenen gurgelnden Laute (und das klirrende Lachen irgendwo aus der Ferne). Die auf- und abwallende Agonie. Geruch und Geschmack der Verdauungssäfte des fel-ala vermischt mit seinem eigenen Blut. Zu guter Letzt war die Schwärze noch immer nicht absolut. Die Schwärze, welche die Nacht einfärbte im Gegensatz zur Nacht selbst.
    Wahre Dunkelheit. Endgültige Dunkelheit. Ewige Dunkelheit. Sie umfing ihn. Eine Stille jenseits der Stille.
    Besäße er noch einen Körper, würde er jetzt erschaudern. Das Wissen um das Fehlen jedweden Gefühls erreichte seinen Geist, und zunächst war er erleichtert, dass der Schmerz nun vorbei war, endgültig vorbei. Einen Moment lang war er ganz ruhig. Besäße er noch eine Lunge, hätte er tief eingeatmet und geseufzt.
    Dann bemerkte er die Dunkelheit. Das Fehlen, nein, die totale Abwesenheit von Licht und Klang. Die völlige Abwesenheit des Seins. Nichts, mit dem man hinausgreifen konnte, nichts, mit dem man zu sehen oder zu hören vermochte. Nichts.
    Eine Weile war da nur diese Dunkelheit und das Grauen dieser Dunkelheit.
    Dann setzte das Stechen ein.
    In seinem Streben nach Macht hatte er so viel Grauen gesehen - manches von ihm verursacht, anderes selbst erlebt -, dass er darüber die Fähigkeit zum Wahnsinnigwerden verloren hatte. Es war dies eine Voraussetzung für die Schwarze Kunst und eines der ersten Dinge, die ihn sein Vater gelehrt hatte. Und wenn er nicht in der Lage war, den Verstand zu verlieren, dann war es seine Nemesis erst recht nicht. Sie hatte schon Gräueltaten begangen, als die Götter selbst noch jung waren. Den Verstand verlieren, das war nur eine Redensart. Etwas, das stets andere betraf, doch mit ihr mochte es durchaus zur Realität werden.
    Er wusste, es klang nach einem Klischee, dass allein Rachegedanken ihn aufrechterhalten hatten. Er hatte den Tod seines Vaters vergolten, solange er denken konnte. Doch nun verlangten sein eigener Tod, seine eigenen Qualen Genugtuung. Das war neu.
    Nein, er würde niemals den Verstand verlieren. Und in diesem Wissen lag ein kleiner Funke Hoffnung. Ein winziger Funke. Und obwohl er stets siegesgewiss gewesen war, hatte ihn seine Paranoia dazu gebracht, eine Art Lebensversicherung abzuschließen. Selbst wenn es ihm nichts mehr nützte, verschaffte ihm allein der Gedanke an all die Idioten, die in seine Fußstapfen zu treten wünschten und sich an den nutzlosen Plänen seines Meisterstücks abarbeiteten, einen Hauch von Genugtuung. Und einen Funken Hoffnung.
    Niemals würden sie hinter das Geheimnis kommen. Wie auch? Allein Hy Pezho konnte so verwegen

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