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Schattenspäher

Schattenspäher

Titel: Schattenspäher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Sturges
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Sonnwendfeier stattfindet. Doch mein liebster Umzug ist der in dem kleinen Ort Weißendorn-am-Meer. Während anderswo die Feierlichkeiten mit großem Ernst und viel Pathos abgehalten werden, ist der Festzug von Weißendorn eine ausgelassene, zünftige Veranstaltung. Es wird viel gelacht und getrunken, wobei die als Magier verkleideten Protagonisten während ihrer Runde um den Hauptplatz vom Stadtvolk verspottet und verhöhnt werden.
    Der Mann an der Spitze ist der General, der die Gabe der Führerschaft repräsentiert. Eine fragwürdige Ehre, denn sie wird dem fettesten Kerl in Weißendorn zuteil. Der General bellt Befehle, die niemand befolgt, und tut sein Bestes, um die Parade gegen Wände und in Sackgassen laufen zu lassen.
    Ihm folgt der Meister der Tore, der für die Gabe des Raumfaltens steht. Er beschwert sich die ganze Zeit darüber, dass das Laufen unter seiner Würde sei, da er sich ja hinfalten könne, wohin er wolle.
    Danach kommt der Meisterberührer, der die Gabe der Erkenntnis vertritt. Er reitet auf einem berührten Esel - in Wahrheit zwei kostümierte Jungs. Der störrische Esel geht vor und zurück, ignoriert sämtliche Befehle des Meisterberührers und beleidigt ihn stattdessen aufs Übelste.
    Reihum folgen sodann alle anderen Magier, die ebenfalls der Lächerlichkeit preisgegeben werden. Der Zauberverstärker, der die Gabe der Bindung repräsentiert, trägt ein nutzloses Schwert aus Schilfrohr. Dann kommen der blinde Blendwerksmeister sowie der Barkenmeister, der die Gabe der Bewegung besitzt. Der Barkenmeister schleppt sich mit einem schweren Holzstamm auf dem Rücken voran. Es folgen ein furchtsamer, unfallgefährdeter Thaumaturge für die Gabe der Resistenz, ein Buckliger für die Gabe des Gleichgewichts, ein Idiot für die Innensicht, ein Seher, der mit seinen Prophezeiungen ständig falschliegt, für die Gabe der Vorahnung, ein niederträchtiger Schläger für die Gabe der Empathie. Der letzte Magier ist stets ein Elementarist, der so tut, als äße er Pferdedung, den er in seinem Mund angeblich in Roastbeef verwandele. Er erntet gemeinhin das meiste Gelächter.
    Der allerletzte Teilnehmer an der Prozession ist ein geheimnisvoller Kapuzenträger, der gar keine Gabe repräsentiert. Die Bedeutung dieser Figur ist schon vor langer Zeit verloren gegangen. Manche meinen, sie stehe für den Tod, andere glauben, er vertrete die sagenumwobene Dreizehnte Gabe. Allerdings konnte mir niemand in Weißendorn sagen, worum es sich bei dieser Gabe eigentlich handelt. Die johlende Menge indes schenkt dieser Gestalt keine Beachtung, und wenn der Umzug vorbei ist, dann verschwindet sie in die Nacht, ohne ihre Identität preisgegeben zu haben.
    - Stil-Eret, »Die wilden Ostprovinzen« aus Reisen daheim und unterwegs

31. KAPITEL
    Das Schicksal liebt die kleinen Niederlagen.
    Es verschafft ihm Gelegenheit, dir in den Rücken zu fallen.
    - Meister Jedron
    Silberdun erwachte in seinem zerstörten Bett auf Kastell Weißenberg und hatte einen mordsmäßigen Kater. Er setzte sich auf. Sein Mund war trocken, in seinen Ohren klingelte es, sein Magen vollführte Luftsprünge. Er beugte sich vor und würgte, doch es kam nichts hoch.
    Auf dem Nachttisch neben seinem Bett stand ein Wasserkrug, daneben lag ein frischer kleiner Brotlaib. Er setzte den Krug an seine Lippen, ohne sich die Mühe zu machen, sich ein Glas einzuschenken, trank ihn in einem Zug aus und fiel dann über das Brot her. Auf dem Boden lagen frische Kleider zum Wechseln.
    Er hatte furchtbare Albträume gehabt. Sela. Eisenfuß. Preyia. Flammen. Ein Sturz aus den Wolken. Bel Zheret.
    Er konnte sich gerade so lange auf den Beinen halten, um sich anzuziehen, doch dann wurde ihm wieder schwindelig und er setzte sich auf die Bettkante. Wie war er hierhergekommen? Er konnte sich nicht daran erinnern. Alles, was seit seinem letzten Aufenthalt hier geschehen war, trieb als Melange unzusammenhängender Bilder in seinem Hirn umher.
    Die Tür ging auf und Ilian trat ein. Nein, nicht Ilian, es war Jedron.
    »Endlich bist du wach«, bellte er. »Wir sind hier nämlich kein Gasthof, verstanden?«
    »Was ist denn passiert?«
    »Schätze, du hattest gestern Abend ein paar Whiskeys zu viel und lernst jetzt die Folgen zügellosen Trinkens aus erster Hand kennen.«
    »Ich hab keine Ahnung, wie ich hergekommen bin. Ich meine, wie bin ich von Elenth hierhergekommen?«
    »Elenth?« Jedron runzelte die Stirn. »Wovon redest du?«
    »Das Letzte, an das ich mich erinnere, ist mein

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