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Schattenspieler (German Edition)

Schattenspieler (German Edition)

Titel: Schattenspieler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Michael Römling
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leise vor sich hin
pfeifend daran, alle Schränke und Schubladen aufzureißen,
schien aber bald die Lust am Herumkramen zu verlieren und
machte sich seinerseits über die Würste her. Sein Pfeifen ging
in ein Summen über. Oben im Haus klappte eine Tür. Dann
war es bis auf ein leises Schmatzen ganz still.
    Plötzlich stellten sich Leos Nackenhaare auf. Da war noch
ein Geräusch. Und es kam aus dem Keller unter ihm. Er hielt
den Atem an und starrte in die Schwärze. Ein paar Sekunden
lang tat sich gar nichts. Hatte er sich verhört? Leo blickte
wieder durch den Türspalt. Der Soldat hatte ihm den Rücken
zugewandt und inspizierte offenbar die Vorratskammer.
    Und dann kam wieder das Geräusch von unten, ein Schaben
und Rascheln von Stoff, als suchte jemand etwas in einer
Jackentasche. Es folgte ein kurzes Zischen und im gleichen
Moment erschien der schwache und unstete Widerschein
eines Streichholzes an der Wand am unteren Ende der Treppe.
Da suchte jemand den Weg nach oben. Leos Herz hämmerte
in seinem Kopf. Er saß in der Falle.
    Noch einmal warf er einen Blick durch den Türspalt. Der
Soldat kramte immer noch in der Vorratskammer herum und
pfiff wieder laut vor sich hin. Es gab nur eine Möglichkeit:
raus und durch die Halle in den Salon. Zwanzig Schritte. Hoffentlich
dreht der Kerl sich jetzt nicht um, schoss es Leo durch
den Kopf und hoffentlich macht die Tür kein Geräusch.
    An der Wand unter ihm wurde der Lichtschein heller. Jetzt
oder nie, dachte Leo, dann schob er die Tür so weit auf, dass
er durchschlüpfen konnte, und schlich mit langen, lautlosen
Schritten auf die rettende Schiebetür zu, die in den Salon
führte. Aus den Augenwinkeln blickte er zur Treppe. Dort
regte sich nichts. Küche und Vorratskammer verschwanden
aus dem Blickfeld. Fünfzehn Schritte noch. Das Pfeifen riss
nicht ab. Denkste denn, denkste denn, du Berliner Pflanze , war
die Melodie. Zehn Schritte. Denkste denn, ick liebe dir, nur
weil ick mit dir tanze . Fünf Schritte. Die offene Schiebetür.
Ein dicker Teppich. Leo machte zwei schnellere Schritte, die
vom weichen Untergrund geschluckt wurden. Dann ließ er
sich auf alle viere fallen und rollte hinter ein Sofa, dessen Umrisse
wie eine Rettungsinsel im dämmerigen Licht aufgetaucht
waren. Das Pfeifen erstarb.
    Leo spähte hinter dem Sofa hervor in die Halle. Die Fliesen
schimmerten im Mondlicht. Dann flog plötzlich die Kellertür
ganz auf und schlug gegen die Wand. Vor dem Fenster der
Halle erschien der Schatten eines Mannes, der im gleichen
Moment die Arme hochriss und offenbar mit einer Pistole in
Richtung der Küche zielte, die außerhalb von Leos Blickfeld
lag.
    »Albrecht?«, fragte eine Stimme.
    »Keine Bewegung!«, schrie der Mann in der Kellertür.
    Es folgte eine kurze Pause, in der es still war. Leo hielt den
Atem an. Dann meinte er, oben eine Diele knacken zu hören.
    »Wo ist Sommerbier?«, fauchte der Mann in der Kellertür.
    Der andere schien kurz zu überlegen. »Bitte wer?«
    »Versuch gar nicht erst, mich auszutricksen. Wo ist Sommerbier?«, zischte er, leiser als zuvor.
    Wieder war es einen Augenblick still.
    »Sitzt noch im Wagen«, sagte die Stimme aus der Küche.
Sie klang gelassen.
    Der Schatten in der Kellertür machte zwei Schritte nach
vorn und dann einen seitwärts neben die Eingangstür. Vor
dem Fenster neben der Tür hob sich der Arm mit der Pistole
als Schemen ab.
    Und dann ging auf einmal alles ganz schnell. Auf der Treppe
knackte es, im gleichen Moment blitzte dort etwas auf, ein ohrenbetäubender
Knall füllte die Halle, und der Schatten vor
dem Fenster brach zusammen, als hätte man ihm die Füße
weggezogen. Leos Herz raste.
    Die Treppenstufen knarrten, als der andere herunterkam.
Kurz darauf tauchte sein breiter Schatten in der Halle auf.
    »Was für ein Stümper«, sagte die heisere Stimme von vorhin.
    Der andere erschien jetzt ebenfalls in der Halle und machte
ein paar Schritte auf den leblosen Körper am Boden zu. Der
Hüne stand am Fuß der Treppe mit dem Rücken zu Leo. Er
schaltete die Stablampe ein und leuchtete den Mann an, der
immer noch seine Pistole in der Hand hatte.
    »Ist er tot?«
    Der Kleinere kniete sich vor den Liegenden und drehte seinen
Kopf im Schein der Lampe unsanft hin und her. Aus dem
Mund sickerte Blut, die Augen standen offen.
    »Mausetot. Hast du den schon mal gesehen?«
    Der Größere trat noch zwei Schritte heran. »Verdammt«,
sagte er. »Der ist mindestens seit Dessau hinter uns her. Wahrscheinlich
schon seit

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