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Schattenspieler (German Edition)

Schattenspieler (German Edition)

Titel: Schattenspieler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Michael Römling
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Sack zumacht,
Tore offen gelassen, damit alle sehen: Hier gibt's nichts zu
holen. Und wenn die Knallerei vorbei ist, dann kommt ihr zurück
und wollt euer altes Leben wiederhaben. Und beschwert
euch wahrscheinlich noch, wenn ein paar Scheiben zu Bruch
gegangen sind.
    Leos Magen knurrte. Hoffentlich gibt die Vorratskammer
noch was her, dachte er. Er hatte vor Hunger schon weiche
Knie.
    Das Hauptportal mit dem nur als Umriss zu erahnenden
Wappen über der Tür war verschlossen, was auch sonst. Leo
umrundete das Gebäude und fand eine Kellertreppe. Als er
nach unten blickte, konnte er sein Glück kaum fassen: Die Tür
stand sperrangelweit offen.
    Im Keller war es so dunkel, dass man die Hand vor Augen
nicht sah. Leo tastete sich an einer Wand entlang, immer weiter,
ohne einen Lichtschalter zu fassen zu bekommen. Spinnweben
streiften sein Gesicht. Dreimal wurde die Wand durch
hölzerne Türen unterbrochen. Dann stieß Leo mit der Fußspitze
gegen eine Stufe, gleichzeitig fasste seine Hand ein Geländer.
So ist das, wenn man blind ist, dachte er. Stufe für Stufe
tastete er sich hoch. Die Treppe machte einen Knick, dahinter
kam wieder eine Tür. Sie stand offen.
    Leo befand sich in einer hohen Eingangshalle mit Fliesen im
Schachbrettmuster. Die Wände waren von oben bis unten mit
Hirschgeweihen und Elchschaufeln gespickt. Im einfallenden
Mondlicht sahen sie wie verkrampfte Finger aus, die von der
anderen Seite durch die Wände gestoßen und im Greifen nach
irgendetwas erstarrt waren.
    Leo schlich durch die Halle. Links von ihm, gegenüber dem
Eingangsportal, gab eine doppelte Schiebetür einen riesigen
Salon frei, der in einen Wintergarten mündete. Hinter ihm,
über der Tür zum Keller, führte eine breite Holztreppe mit
geschnitztem Geländer nach oben. Und gegenüber lag, hinter
einer halb geöffneten Tür erkennbar, die Küche. Na also,
dachte Leo.
    Die Küche ging in eine Vorratskammer über, die seine
kühnsten Hoffnungen übertraf: In den Regalen stapelten sich
die Konservenbüchsen. Eine Kette von Würsten hing über ein
paar Haken an der Wand und in der Ecke stand ein Bretterverschlag
voller Kartoffeln. Mit dem, was hier lagerte, hätte
man in Berlin einen ganzen Häuserblock glücklich machen
können. Leo riss eine der Würste von der Kette ab und biss
durch die harte Pelle. Mit einem lauten Knacken erfüllte der
würzige Geschmack seinen Mund. Es war unbeschreiblich.
    Während Leo, immer noch gierig, die zweite Wurst kaute
und die Schubladen in der Küche nach einem Dosenöffner
durchstöberte, hörte er ein anschwellendes Motorengeräusch.
Er blickte auf. Plötzlich sah er Scheinwerfer hinter den Bäumen
vor der Zufahrt. Ein schwerer Lastwagen näherte sich
zielstrebig dem Hof. Leos Gedanken rasten. Als das Scheinwerferlicht
das Küchenfenster streifte, duckte er sich instinktiv,
dann huschte er mit ein paar Sätzen aus der Küche und
durch die Halle zurück zur Kellertreppe. Er zog die Tür hinter
sich zu, blieb auf der obersten Stufe stehen und lauschte. Als
draußen auf dem Hof der Motor erstarb, hörte Leo zuerst nur
sein eigenes Herz pochen. Dann Türenklappen und Schritte
auf Kies. Dann Stimmen.
    Leo konnte der Versuchung nicht widerstehen, die Tür einen
winzigen Spalt zu öffnen. Im selben Moment ertönte ein Knirschen
und Splittern, dann riss das altertümliche Schloss aus
der Verschraubung und flog quer durch die Halle, während
das Portal aufsprang und mit ohrenbetäubendem Krachen
gegen die Wand schlug. Im Türrahmen waren schemenhaft
zwei Männer zu erkennen, die jetzt die Halle betraten. Sie
trugen Uniform und einer hatte sehr breite Schultern, mehr
war nicht zu erkennen. Der andere lehnte ein Brecheisen gegen
die Wand. Beide blickten sich um.
    »Gib mal die Lampe her«, sagte eine heisere Stimme, die
offenbar dem Breitschultrigen gehörte. Im gleichen Moment
flammte eine Stablampe auf. Der Lichtkegel taumelte kurz
durch die Halle, fiel dann in die Küche und erfasste sofort die
Würste. Ein bewundernder Pfiff ertönte.
    »Schau an«, sagte der andere. Er hatte eine höhere Stimme.
»Vornehm geht die Welt zugrunde.«
    »Pack alles ein, was du findest«, sagte der Heisere. »Ich schau
mich mal oben um.«
    Die Silhouette mit den breiten Schultern verschwand aus
dem Bereich der Halle, den Leo einsehen konnte. Kurz darauf
knarrten über ihm die Stufen. Während der Mann hinaufstieg,
hustete er ein paar Mal rasselnd. Anscheinend war er ordentlich
erkältet.
    Der zweite Soldat ging nun in der Küche

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