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Schattenstunde

Schattenstunde

Titel: Schattenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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Krankenhaus aufgewacht war, hatte ich festgestellt, dass meine Fingernägel gefeilt worden waren, bis man nur noch rosa sah – als hätten sie befürchtet, ich könnte durch Kratzen Selbstmord begehen. Ich erwischte die Pappe, zog … und riss ein weiteres Stück ab. Der Rest steckte jetzt so tief in dem Spalt, dass kein Nagel welcher Länge auch immer noch drangekommen wäre.
    »Hast du den Eindruck, dass irgendjemand nicht will, dass wir da reingehen?«, fragte Rae.
    Ich versuchte zu lachen, aber seit sie etwas von Leichen gesagt hatte, hatte ich einen schalen Geschmack im Mund.
    »Wir brauchen den Schlüssel«, stellte sie fest, während sie sich aufrichtete. »Vielleicht ist es der an dem Ring in der Küche, an dem auch der Schuppenschlüssel hängt.«
    »Ich hole ihn.«
    Als ich mich in die Küche schlich, war Derek gerade dabei, im Obstkorb herumzuwühlen. Die Tür hatte kein Geräusch gemacht, als ich sie aufstieß, und er stand mit dem Rücken zu mir. Eine perfekte Gelegenheit, Rache zu üben. Ich tat drei langsame, lautlose Schritte in seine Richtung, wagte kaum zu atmen …
    »Der Schlüssel, den du brauchst, ist nicht an diesem Ring«, sagte er, ohne sich umzudrehen.
    Ich erstarrte. Er förderte einen Apfel zutage und biss hinein. Dann ging er zum Kühlschrank hinüber, griff dahinter und holte einen Schlüsselbund an einem Magneten heraus.
    »Versuch’s mit denen.« Er ließ sie in meine Hand fallen und ging an mir vorbei zur Küchentür. »Ich hab keine Ahnung, was ihr da unten treibt, aber wenn ihr das nächste Mal versucht, heimlich eine verschlossene Tür aufzumachen, schmeißt euch nicht so hart dagegen, dass hier die Wände wackeln.«
    Als ich mit den Schlüsseln in den Keller zurückkehrte, erwähnte ich nicht, dass Derek wusste, was wir vorhatten. Am Ende hätte Rae daraufhin beschlossen, das Unternehmen abzubrechen. Außerdem, Petzen war nicht Dereks Stil … hoffte ich jedenfalls.
    Während Rae die Schlüssel durchprobierte, rieb ich mir den Nacken und verzog das Gesicht angesichts des dumpfen Pochens, mit dem sich ein Kopfschmerzanfall bei mir immer ankündigte. War ich wirklich so nervös wegen dem, was hinter dieser Tür zum Vorschein kommen konnte? Ich ließ die Schultern kreisen und versuchte, das Gefühl abzuschütteln.
    »Hab’s«, flüsterte Rae.
    Sie stieß die Tür auf und präsentierte … einen leeren Abstellraum. Rae schob sich hinein. Ich folgte ihr. Wir standen in einem Raum, der so winzig war, dass wir zu zweit kaum hineinpassten.
    »Okay«, sagte Rae. »Das ist komisch. Wer baut einen Abstellraum, tut nichts rein und schließt ihn dann ab? Da muss doch irgendein Haken sein.« Sie klopfte kräftig an die Wand. »Au! Das ist Beton. Gestrichener Beton. Hab mir die Knöchel ordentlich zerschrammt.« Sie berührte die anderen Wände. »Kapier ich nicht. Wo ist der Rest vom Keller?«
    Ich rieb mir die Schläfe, hinter der es mittlerweile hämmerte. »Es ist bloß ein halber Keller. Meine Tante hat mal in einem viktorianischen Altbau gelebt, bevor sie die dauernden Reparaturen satt gekriegt hat und in eine moderne Doppelhaushälfte gezogen ist. Sie hat gesagt, als ihr altes Haus gebaut wurde, hatte es überhaupt keinen Keller, bloß einen Hohlraum unter dem Haus, so einen Kriechkeller. Später hat dann jemand einen Waschkeller anlegen lassen. Sie hatte eine Menge Probleme mit dem Raum, weil er bei Regen immer unter Wasser gestanden hat. Vielleicht ist der hier auch aus so einem Grund leer und abgeschlossen. Damit niemand auf die Idee kommt, ihn zu benutzen.«
    »Okay, und was will dein Geist also, dass du hier siehst? Ungenutzten Stauraum?«
    »Ich sag doch, wahrscheinlich war es überhaupt nichts.«
    Die Worte kamen schärfer heraus, als ich beabsichtigt hatte. Ich ließ die Schultern kreisen und rieb mir wieder den Nacken.
    »Was ist los?« Rae legte mir eine Hand auf den Arm. »Himmel, Chloe, du hast ja eine Gänsehaut.«
    »Ich friere bloß ein bisschen.« Aber mir war nicht wirklich kalt. Ich war einfach … nervös. Wie eine Katze, die eine Bedrohung spürt und den Pelz aufstellt.
    »Hier ist ein Geist, stimmt’s?«, sagte sie, während sie sich umsah. »Versuch Kontakt mit ihm aufzunehmen.«
    »Wie denn?«
    Sie warf mir einen Blick zu. »Versuch’s mal mit ›Hallo‹.«
    Ich tat es.
    »Weiter«, sagte Rae. »Rede weiter.«
    »Hallo? Ist da jemand?«
    Sie verdrehte die Augen. Ich ignorierte es. Ich kam mir schon albern genug vor, auch ohne dass sie meine Dialogzeilen

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