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Schattenstunde

Schattenstunde

Titel: Schattenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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dass ich mich dabei anhöre wie ein kompletter Versager.«
    Ich streckte den Arm aus, um meine Bücher auf dem Nachttisch abzulegen, und versuchte die Tatsache zu verbergen, dass ich rot wurde. Als ich meine Aufgaben aufschlug, um den Eindruck zu erwecken, dass wir arbeiteten, schmiss ich aus Versehen das Ringbuch von Dereks Buch herunter. Ich warf einen kurzen Blick auf den Titel und guckte dann noch mal genauer hin.
    Algebra und Trigonometrie.
    Ich begann zu blättern.
    »Wenn du ein Wort von dem Zeug verstehst, bist du deutlich weiter als ich«, bemerkte Simon.
    »Ich hatte gedacht, Derek ist in der zehnten Klasse.«
    »Yeah, aber nicht in Algebra. Oder Geometrie. Oder in Chemie, Physik und Biologie, wobei er in den Naturwissenschaften erst in der Zwölften ist.«
    Erst
in der Zwölften …?
    Als er gesagt hatte, niemand würde Einwände dagegen haben, dass wir zusammen Mathe übten, hatte er damit also nicht gemeint, dass
er
Nachhilfe brauchte. Einfach fantastisch. Es war schlimm genug, dass Derek glaubte, ich wäre eine hysterische Blondine, die bei jedem Geräusch ausflippte. Anscheinend war er zu dem Schluss gekommen, dass ich außerdem nicht sonderlich intelligent war.
    Ich legte das Ringbuch wieder auf Dereks Mathebuch.
    »Tori … sie hat dir nicht noch eine Szene gemacht oder irgend so was, oder?«, fragte er. »Wegen gestern meine ich.«
    Ich schüttelte den Kopf.
    Er atmete hörbar aus und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. »Gut. Ich weiß nicht, was sie eigentlich für ein Problem hat. Ich hab ziemlich klar gezeigt, dass ich nicht interessiert bin. Am Anfang habe ich noch versucht, es nett zu machen, und bin einfach nicht drauf eingegangen. Aber als sie sich komplett geweigert hat, es zu verstehen, habe ich ihr
gesagt
, dass ich nicht interessiert bin. Inzwischen bin ich richtiggehend grob, und sie gibt immer noch nicht auf.«
    Ich drehte mich zu ihm um, um ihm ins Gesicht zu sehen. »Ich nehme an, es muss schon schwierig sein – wenn jemand einen wirklich mag, und man selbst ist einfach nicht interessiert.«
    Er lachte. »Der einzige Mensch, den Tori wirklich mag, ist Tori. Ich bin einfach ein Platzhalter, bis sie wieder zu ihren Football-Kapitänen zurückkann. Mädchen wie Tori müssen einen Typen haben – irgendeinen Typen –, und hier hat sie nicht viel Auswahl. Peter war viel zu jung, und Derek ist … Derek ist nicht ihr Fall. Glaub mir, wenn ein anderer Typ hier auftaucht, wird sie vergessen haben, dass ich existiere.«
    »Da bin ich mir nicht sicher. Ich glaube, sie könnte wirklich …«
    »Also bitte. Seh ich vielleicht wie ein Diven-Aufreißer aus?« Er wälzte sich auf die Seite und stützte seinen Kopf auf den Arm. »Ja, klar, wenn Derek und ich wieder an einer neuen Schule anfangen, kriege ich meine Dosis Aufmerksamkeit von den Cliquen-Mädchen. Ungefähr so«, und er hob die Stimme zu einem schrillen Falsett, »›Hey, Simon, ich hab, also, ich hab mir gedacht, ob du mir nach den Schule vielleicht, weißt du, also mit Mathe helfen kannst? Weil nämlich, also, Mathe, und du bist doch Chinese, oder? Und ich wette, da musst du sooo gut in Mathe sein.‹«
    Er verdrehte die Augen. »Erstens, mein Dad ist Koreaner, und meine Mom war aus Schweden. Zweitens, ich bin total hoffnungslos in Mathe. Und Kuckucksuhren und Skilaufen und Edelschokolade mag ich auch nicht.«
    Ich lachte unwillkürlich los. »Ich glaube aber, das ist alles schweizerisch.«
    »Oh. Was ist dann schwedisch?«
    »Äh, ich weiß auch nicht recht … Fleischklößchen?«
    »Na ja, die mag ich ganz gern. Aber wahrscheinlich nicht die schwedische Version.«
    »Was magst du denn dann?«
    »In der Schule? Geschichte. Lach jetzt nicht. Und in Englisch bin ich auch nicht schlecht. Ich schreibe prima Haikus. Was übrigens japanisch ist.«
    »Das hab ich gewusst.« Ich sah zu den Zeichnungen an den Wänden hinauf. »Aber in Kunst musst du ein Überflieger sein. Die da sind unglaublich.«
    Seine Augen leuchteten auf, und ein goldfarbener Schimmer erschien in dem dunklen Braun.
    »Nicht sicher, wie
unglaublich
, aber danke. Aber um ehrlich zu sein, ich bin in Kunst kein Überflieger. Letztes Jahr bin ich mit Ach und Krach durchgekommen. Hab meine Lehrerin geärgert, weil ich immer meine Comics eingereicht habe. Nicht, dass ich die Aufgaben nicht gemacht hätte, aber ich hab die Techniken immer für mein eigenes Zeug verwendet. Sie hat gedacht, ich versuchte auf ihre Kosten oberschlau zu sein.«
    »Das ist nicht

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