Schattenstunde
fair.«
»Na ja, als ich nach ein paar Verwarnungen immer noch mein Zeug abgegeben habe, war ich wahrscheinlich wirklich oberschlau. Oder einfach bloß stur. Jedenfalls, insgesamt bin ich in der Schule nicht toll, eher solider Durchschnitt. Derek ist das Genie. Am besten bin ich in Sport. Ich mag Geländelauf, Hürden, Basketball, Fußball …«
»Oh, Fußball hab ich auch gespielt!« Ich unterbrach mich. »Na ja, ist schon eine Weile her. Eine ganze Weile. Das war damals, als wir noch alle wie ein Schwarm Hummeln hinter dem Ball hergerannt sind.«
»An die Zeiten erinner ich mich auch. Ich werde dir ein paar Auffrischlektionen geben müssen, damit wir eine Mannschaft bilden können. Den Lyle-House-Fußball-Club.«
»Ein sehr kleiner Club.«
»Nein, ein sehr
exklusiver
Club.«
Ich ließ mich nach hinten fallen und stützte mich auf die Unterarme. Das letzte Mal hatte ich so unter vier Augen mit einem Typen geredet, als … na ja, wahrscheinlich war das gewesen, bevor ich aufgehört hatte, sie als »andere Kinder« zu betrachten, und sie stattdessen als »Jungen« zu sehen begann.
»Wo wir es gerade von exklusiven Clubs haben«, sagte ich, »ich hoffe, du hast mich hier raufgebeten in der Absicht, mir ein paar Fragen zu beantworten.«
»Meine Gesellschaft ist dir etwa nicht genug?« Seine Augenbrauen schossen in gespielter Empörung nach oben, aber das Funkeln in seinen Augen ruinierte die Wirkung. »Okay, du hast wirklich lang genug Geduld gehabt. Was willst du wissen?«
»Alles.«
Wir grinsten uns an.
»Okay, du bist eine Nekromantin, und ich bin ein Magier. Du redest mit den Toten, ich spreche Formeln.«
»Ist das der Grund, warum du hier bist? Hast du irgendwas angerichtet?«
»Nee.« Er zögerte, und ich sah einen Schatten über sein Gesicht gleiten. »Na ja, irgendwie doch, aber es war nichts Magisches. Es ist etwas passiert. Bei Der…« Er brach ab. Aus Dereks Akte wusste ich ja, warum
er
hier war, aber ich hatte nicht vor, das zu erwähnen. »Jedenfalls, es ist was passiert, und dann ist mein Dad verschwunden, und das ist alles eine lange Geschichte, aber die Kurzversion ist, dass wir hier sind, bis irgendjemand eine Idee hat, was sie mit uns machen sollen.«
Und bis Derek »geheilt« war vermutlich. Deshalb hatte Simon keine eigene Akte und keine Therapiesitzungen. Er war nicht hier, weil er irgendein Problem gehabt hätte. Als ihr Dad verschwunden war, musste die zuständige Stelle Derek hierher gebracht und beschlossen haben, Simon mit ihm zusammen unterzubringen.
»Was gibt es noch? Was für andere Typen von …« Ich suchte vergeblich nach einem Wort.
»Paranormalen. Die verschiedenen Typen heißen Spezies. Sosehr viele gibt es nicht. Die Größten sind wahrscheinlich die Nekros, Magier, Hexen, das sind die weiblichen Magiebegabten. Ähnlich, aber eine eigene Spezies und nicht so stark wie die Magier, das sagen die Leute jedenfalls. Was noch? Halbdämonen, aber frag mich bloß nicht nach denen, weil ich nämlich praktisch nichts über sie weiß. Derek weiß mehr. Oh, und Schamanen. Das sind gute Heiler, und sie beherrschen die Astralprojektion.«
»Astral…?«
»Die können ihre Körper verlassen. Sich bewegen wie ein Geist. Coole Sache, wenn man in der Prüfung schummeln will oder sich in den Mädchenumkleideraum schleichen … jedenfalls für Typen, die so was machen würden …«
»Uh-oh. Und du sagst, Derek weiß mehr über Halbdämonen. Weil er einer ist?«
Er warf einen Blick in Richtung Flur, drehte dann den Kopf, als versuchte er sich zu vergewissern, dass das Duschwasser noch lief.
»Du hast es aus mir rausgequetscht, okay?«
»Was?«
Er drehte sich auf die Seite und kam so nahe, dass er mein Bein streifte. Seine Stimme sank ab. »Das mit Derek. Was er ist. Wenn er fragt, du hast es aus mir rausgequetscht.«
Ich setzte mich auf und verspürte ein Flackern von Gereiztheit. »Dann will Derek also nicht, dass ich weiß, was er ist? Derselbe Typ, der mir die Nekromantin ins Gesicht geworfen hat und verlangt, dass ich’s akzeptiere? Wenn er nicht will …«
»Tut er. Wird er. Es ist einfach nur … kompliziert. Wenn du nicht fragst, wird er nichts sagen. Aber
wenn
du fragst …«
Sein Blick hob sich zu meinem, bat mich darum, es ihm einfach zu machen.
Ich seufzte. »Schön. Ich frage hiermit. Was ist Derek? Einer von diesen Halbdämonentypen?«
»Nein. Wir haben keinen Namen für das, was er ist. Ich nehme an, man könnte es das Superman-Gen nennen, aber das
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