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Schattensturm

Schattensturm

Titel: Schattensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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entspannte.
    Für einen kurzen Moment überlegte er, die Fackel auszulöschen und in den Wald zu verschwinden. War es Desertion, sich von einem Heer abzusetzen, das sowieso nach Hause marschierte? Doch ihm war nur zu deutlich bewusst, welche Folgen ein solches Verhalten für seine Familie bedeuten würde – Schmach und Schande waren noch die erträglichsten Sanktionen, doch er hatteauch schon gehört, dass Angehörige von Deserteuren in die Leibeigenschaft verkauft worden waren. Das konnte und wollte er nicht riskieren.
    Schließlich erreichte er das Ufer eines unregelmäßig geformten Sees, dessen Zuflüsse aus den umliegenden Hügeln durch den tagelangen Regen angeschwollen waren. Baturix beugte sich zu einem dieser Bäche hinab und trank ein paar Schluck davon, um seinen Durst zu löschen. Dann setzte er sich auf einen Baumstamm und beobachtete mit einem wachsenden Gefühl der Bedrohung die Fackelkette, die ihm gefolgt kam.
    Er sah sich hastig um. Für einen Moment war ihm gewesen, als ob ein Schatten über ihn gefallen wäre. Er schüttelte den Kopf. Es gab kein Mond- und kein Sternenlicht und keine andere Lichtquelle hinter ihm. Was hätte einen Schatten werfen sollen? Dennoch war er froh, den Speer zurückgefordert zu haben. Er steckte die Fackel in die Lücke zwischen zwei Steinen und nahm langsam den Schild vom Rücken.
    »Etwas gefunden?«, fragte Veroclöt, als er bei ihm ankam.
    Baturix schüttelte den Kopf.
    Veroclöt legte Fackel und Speer zur Seite und schöpfte sich ebenfalls Wasser. Als er wieder aufsah, zog er die Stirn in Falten. »Alles in Ordnung?«
    »Ja. Warum?«
    »Du siehst aus, als ob du ein Phantom gesehen hättest!«
    Ich fühle mich auch so
, dachte Baturix.
    Die anderen erschienen. Ein paar tranken von dem Bach, während sich Septus umsah. »Göttervergessener Ort ist das«, murmelte der Gardist, »zumindest bei Nacht und Regen. Wenn hier irgendwo Fomorer sind, möchte ich nicht in ihrer Haut stecken.«
    »Möchte bei Nacht und Regen auch nicht in
meiner
Haut stecken«, murmelte einer der Männer leise.
    Liscorix, der Letzte der Männer, trank gerade aus dem Bach, als er plötzlich herumfuhr und rief: »Was war das?«
    Baturix war nicht der Einzige, der vor Schreck herumwirbelteund seinen Schild zur Abwehr hob. Andere taten es ihm gleich, Septus riss sein Schwert aus der Scheide.
    »Was?«, blaffte der Gardist.
    »Ich … ich weiß nicht«, stammelte Liscorix. »Ich dachte, ich hätte etwas gesehen …«
    Für einen Moment herrschte eisiges Schweigen. Der Regen prasselte herab, der Wind ließ das Schilf am Seeufer rascheln und den Wellenschlag gegen die Felsen platschen.
    »Irgendetwas stimmt hier nicht«, zischte Septus.
    »Was ist es?«, fragte Veroclöt.
    Baturix versuchte, Septus’ Blick zu erhaschen.
Phantom
, sagte er tonlos. Er erinnerte sich noch zu gut an die Furcht-Aura, die sie an der Nebelpforte erlebt hatten. Der Gardist verzog die Lippen, ohne etwas darauf zu erwidern.
    Ein paar weitere Momente vergingen. Baturix’ Fackel verlosch mit einem letzten Zischen. Er starrte sie an und wunderte sich, ob einfach ihre Zeit gekommen war oder ob hier irgendeine finstere Magie mit im Spiel war. Er zog eine der Ersatzfackeln aus seinem Gürtel und entzündete sie an der seines Nachbarn. »Bist du schon bei deiner zweiten Fackel?«, fragte er ihn leise. Dieser nickte und ließ ihn aufatmen.
    »Wir teilen uns auf«, erklärte Septus. »Baturix, du nimmst die Hälfte der Männer und gehst rechts um den See. Ich gehe links herum. Wir treffen uns auf der anderen Seite.«
    Baturix nickte. Er verschwendete keinen Gedanken mehr an einen Hinterhalt von Septus oder einem anderen Helvetier. Zu groß war seine Angst, einem Phantom zu begegnen. Abgesehen davon schienen die anderen mindestens ebenso verängstigt zu sein wie er selbst. »Kommt«, befahl er, »bleibt zusammen und haltet die Augen offen.«
    Am See entlang führte eine schmale, morastige Tierfährte, der sie folgten. Baturix schnallte die Riemen seines Schilds lockerer und schob ihn auf seinen Oberarm, so dass er die Hand frei hatte für die Fackel. Er befahl den anderen, es ihm nachzutun. Danngingen sie los. Ihre Stiefel machten schmatzende Geräusche im Sumpf, ihre Fackeln warfen tanzende Schatten in das Schilfröhricht auf der einen und den Wald auf der anderen Seite. Baturix spürte Gänsehaut auf seinen Armen, als er sich fragte, welche Gestalt ein Phantom hier wohl annehmen würde.
    Vor ihm huschten plötzlich zwei Wanderratten

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