Schattensturm
ließ den Urin seine Oberschenkel hinabrinnen. Er nahm es kaum wahr. Er erwartete, nein, er wusste, dass im nächsten Moment ein Phantom aus der Dunkelheit auftauchen und ihn anfallen würde.
In diesem Moment verlosch seine Fackel, und mit seiner auch die anderen.
»Lauft«, stammelte er, aus Furcht kaum noch fähig, einen klaren Gedanken zu fassen. »LAUFT!« Er wirbelte herum und rannte.
Er rannte, so schnell er konnte, so schnell es bei völliger Dunkelheit auf dem Pfad möglich war. Speer und Fackel waren bereits fallengelassen, hektisch versuchte er, auch noch den Schild loszuwerden, dessen Riemen an seinen Arm geschnallt waren. Hinter sich hörte er Schritte, schnell, platschend, und er wagte es nicht, sich umzudrehen, aus Angst vor einem Sturz. Direkt vor ihm lief Hastus, hysterisch schreiend.
»SEPTUS!«, brüllte Baturix, sich daran erinnernd, dass der Gardistmit der anderen Hälfte seiner Männer irgendwo in der Nähe sein musste. »SEPTUS!«
Er hörte keine Antwort, sah nicht einmal mehr den Fackelschein des anderen Trupps jenseits des Sees, doch dafür hörte er jetzt ganz klar die Schritte hinter ihm,
platschplatsch, platschplatsch, platschplatsch …
Er glaubte, ein Knurren zu hören, und versuchte, sich nicht auszumalen, wie sich
das Monster
in seine Kehle verbiss und ihn zum Sterben hier liegen ließ.
Dann ging alles ganz schnell. Zu spät bemerkte Hastus, dass vor ihm einer der Männer am Boden lag, stolperte und ging zu Boden. Baturix, dicht hinter ihm, hatte keine Chance mehr auszuweichen und stürzte über ihn. Hastus schrie wie am Spieß, »ES FRISST MICH! ES FRISST MICH!!!«, bevor er abrupt und heftig zu weinen anfing.
Baturix wälzte sich von ihm und sah sich hektisch um. Die Schritte des Verfolgers hatten aufgehört. Kein Laut war mehr zu hören. Liscorix, der Unglückliche, über den sie beide gefallen waren, rappelte sich stöhnend auf.
»Alles in Ordnung?«, fragte Baturix.
Liscorix brummelte etwas. Sein Gesicht hatte die schreckgeweiteten Augen eines Träumers, der gerade aus einem Alptraum erwacht war und noch nicht sicher war, dass der Schrecken tatsächlich vorüber war. Genau so fühlte sich Baturix.
»Ist es weg?«, wunderte sich Liscorix.
»Was war es überhaupt?«, gab Baturix zurück.
»Und wo sind die anderen?«
»Tot sind sie!«, kreischte Hastus, der sich noch immer nicht beruhigt hatte.
Baturix rümpfte die Nase. Er war offenbar nicht der Einzige, der die Kontrolle über seine Körperfunktionen verloren hatte, doch so wie es roch, war er noch glimpflich davongekommen. »Es ist vorbei, Hastus!«, erklärte er. Dabei stieß er ihn mit dem Fuß an, ohne jedoch seinen Blick vom Pfad zu nehmen.
Sicher
war er sich nämlich keineswegs …
»HASTUS!«, rief jemand in der Ferne. »BATURIX! LISCORIX!«
»Kommt zurück!«, rief Baturix. »Wir sind hier! Alles in Ordnung!« Oh, wie
gerne
er selbst daran glauben würde …
Sie warteten, mit pochendem Herzen, alle Sinne bis aufs äußerste angespannt.
Erst nach ein paar Minuten bemerkte Liscorix: »Es hat aufgehört zu regnen.«
Baturix zwinkerte. Liscorix hatte recht. Statt des Regens war Nebel aus dem Wald gekrochen und hing über dem See und dem Pfad. Er sah nach oben und erblickte eine Handvoll Sterne am Himmel.
Von hinten kamen schmatzende Schritte. Baturix warf einen hastigen Blick über die Schulter und sah eine Gestalt in der Dunkelheit. »Wer dort?«, fragte er schnell.
»Veroclöt. Baturix?«
»Ja«, flüsterte er.
»Was machen wir jetzt?«
Baturix hatte inzwischen genügend Zeit gehabt, darüber nachzudenken. »Wir sammeln unsere Sachen ein«, antwortete er. »Wo ist Lobix?«
»Keine Ahnung. Er war schneller als ich. Willst du wirklich noch einmal dorthin zurück?«
»Ja. Oder willst du deinem Herrn erklären, wo du seine Ausrüstung gelassen hast?«
Veroclöt schüttelte den Kopf.
»Na, dann los. Hat jemand Feuerstein und Stahl?«
Hastus nickte und kramte die Gegenstände aus einer Gürteltasche. Während er versuchte, mit zitternden Händen eine Fackel zu entzünden, starrte Baturix angestrengt in die Dunkelheit. Zweimal rief er laut nach Lobix, bekam aber keine Antwort. Wahrscheinlich war der Mann bereits über alle Berge. Schließlich hörte er hinter sich eine Fackel knistern. Rötlicher Flammenschein breitete sich aus. Baturix ließ eine zweite Fackel anzünden, hielt die beiden anderen, die sie besaßen, aber noch zurück. Er hatte das Gefühl, dasser auf dem Heimweg um ein wenig Licht froh
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