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Schattensturm

Schattensturm

Titel: Schattensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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erheben, um es sich zu holen, doch Tiernan war näher und griff danach. Während er aufstand, um es ihm zu bringen, schlug er es auf. Sein Schritt wurde langsamer, bis er einen Meter vor Uirolec ganz stehen blieb, völlig in das Buch vertieft. Uirolec wartete geduldig, bis Tiernan – geschlagene
fünf
Minuten später – plötzlich wieder zu sich zu kommen schien, ein »Verzeiht!« murmelte und es dem Riesen reichte.
    Uirolec warf einen kurzen Blick darauf. Sein Gesicht spannte sich plötzlich an. »Darf ich es für heute Nacht gleich behalten?«, fragte er, ohne aufzusehen.
    »Äh …«, gab Keelin zurück.
    »Nein«, antwortete Brynndrech und nahm der Aussage mit seinem Gestotter gleich wieder die Schärfe: »Ich meine, also, wenn Ihr meint, dass … aber eigentlich … das wäre uns lieber, wenn … wir würden es gerne in der Nacht behalten.«
    Uirolec nickte und brachte es Keelin zurück. Seine Augen starrten wieder, als er erklärte: »Dann werde ich morgen eine Stunde nach Sonnenaufgang wiederkommen, wenn Euch das genehm ist.«
    »Ja, natürlich«, erwiderte sie. Sorgfältig schob sie es zurück in die Tasche. »Ich würde mich auch gerne schlafen legen«, sagte sie dann in Tiernans Richtung. »Ich möchte gerne ausgeschlafen sein, wenn wir morgen über das Buch sprechen.«
    Tiernan nickte. »Dann zeige ich Euch jetzt Euren Schlafraum.
    « Gemeinsam gingen sie zu der Tür, die nach hinten tiefer in das Langhaus hineinführte. Dahinter befand sich ein großer, quadratischer Raum, genauso breit wie die Halle zuvor. Ein großer Ring aus goldglänzendem Metall war in den Boden eingelassen. An den Wänden waren hölzerne Gestänge aufgestellt, an denen etwa einen Meter über dem Ring eine Plane aus schwarzem Leder aufgespanntwar, ganz wie ein Sprungtuch bei der Feuerwehr. Über dem Gestänge waren auf einem umlaufenden Regal zahlreiche Gegenstände abgelegt: der mit Federn und Klauenzeichen verzierte Oberschenkel eines Bären, ein Dolch aus schwarzem Obsidian, ein weißer Buddha auf orangefarbenem Seidenpapier
(Buddha? Seidenpapier? Unmöglich! Keelin, du bist betrunken!) ,
ein Elefant, geschnitzt aus bleichem Elfenbein, zwei mit bunten Ringen bemalte Rasseln und vieles mehr. Ein Traumfänger hing unter der Decke wie ein handgeknüpftes Spinnennetz.
    »Dies ist ein Traumzimmer«, erklärte Tiernan. »Ihr solltet Euch die Träume, die Ihr hier haben werdet, gut merken. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sie visionären Charakter haben.«
    Keelin nickte mit offenem Mund und den Gedanken ganz woanders. Sie hatte gerade ein gerahmtes Bild bemerkt.
    »Das ist ja ein Hakenkreuz!«, rief sie empört.
    »Wir bevorzugen den Namen Swastika«, gab Tiernan leicht pikiert zurück. »Es ist ein kultisches Symbol, das schon in der Zeit vor der Weltentrennung verwendet wurde.«
    »Aber heute hat es wohl eine etwas andere Bedeutung als damals!«
    Tiernan zuckte mit den Schultern. »Das hat seinen okkulten Wert eher noch erhöht, meint Ihr nicht? Außerdem, wart nicht Ihr es, die am Telefon nach mystischem Beistand gefragt hat?«
    »Schon«, gab Keelin verärgert zu. »Aber es ist trotzdem ein Hakenkreuz …«
    »Das ist es wohl. Ich wünsche Euch nun eine gute Nacht. Ach ja: Decken und Kissen findet Ihr in der Kiste. Ich selbst schlafe in der Außenwelt und komme erst morgen im Laufe des Tages wieder zurück. Wenn Ihr mich braucht, der Weg bis zur Pforte ist nicht weit. Ansonsten wendet Euch an Brian, das ist der Älteste meiner Leibeigenen, er wird Euch gut versorgen.« Damit nickte er ihnen noch einmal zu und verließ den Raum.
    Als sich die Tür hinter ihm schloss, sahen sich Keelin und Brynndrech an. Ohne dass sie auch nur ein Wort sagen mussten,nickte der Waliser, kletterte auf die Lederplane und kroch schwankend auf die andere Zimmerseite, wo er nach dem Rahmen mit dem Hakenkreuz griff und ihn mit einem lauten Klacken umklappte.
    »Besser«, murmelte Keelin.
    Sie machten sich schlafbereit. Keelin ging noch einmal nach draußen, wo sie feststellte, dass das Wetter entschieden besser und ihre Verfassung gleichermaßen schlechter war als vorher. Nachdem sie sich noch einmal erleichtert hatte, ging sie zurück, kramte Decken und Kissen aus der Kiste und legte sich schlafen. Sie war betrunken genug, um sich nicht am Schaukeln der Unterlage zu stören, nicht einmal, als sich Brynndrechs massige Gestalt aufs andere Ende der Plane wälzte und sie für ein paar Augenblicke gewaltig schlingern ließ.
    Sie träumte von der Nacht,

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