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Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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die Worte der Dryade zu beruhigen, denn er legte sich sofort schlafen. Aal folgte seinem Beispiel, Mumr blieb noch eine Weile am Feuer sitzen, ehe auch er sich hinlegte.
    »Was ist mit dir, Garrett?«, fragte Kli-Kli.
    »Ich bin nicht müde«, log ich. »Ich bleibe noch ein Weilchen sitzen.«
    »Ich bin auch nicht müde«, versicherte die Koboldin.
    Sonnenlichter Strahl nahm uns gegenüber Platz und blickte unverwandt in die tanzenden Flammen des Lagerfeuers. Flaumige Wolke hatte sich in die Dunkelheit des Waldes zurückgezogen. Niemand von uns sagte ein Wort. Irgendwann nickte Kli-Kli ein, sackte gegen meine Schulter und fing sogar zu schnarchen an. Kein Wunder. Der Tag hatte uns alle ausgelaugt.
    Dieser schwere, elende, dieser tiefschwarze Tag. Ein Tag, wie es ihn in den letzten Monaten viel zu oft gegeben hatte. Voll schmerzlicher Verluste. Ich vermochte noch immer nicht zu glauben, dass Deler, der noch morgens mit Hallas gestritten hatte, nun tot war und wir ihn der Gnade der Waldgeister überlassen hatten.
    Er hatte mit seinem Leben für Hallas’ Rettung bezahlt, doch ohne die Dryaden wäre sogar dieser schreckliche Preis umsonst entrichtet worden. Alistan war in den Nebel hineingeritten, um die Aufmerksamkeit der Orks auf sich zu ziehen. Wir würden niemals erfahren, was dem Grafen widerfahren war und welchen Tod er gefunden hatte.
    Tod?
    Trug ich da den Hauptmann der Königsgarde nicht vor der Zeit zu Grabe? Schließlich hatte noch niemand seine Leiche gesehen. Vielleicht war er ja wirklich mit dem Leben davongekommen? Vielleicht hatte Mylord Alistan die Orks abschütteln können und streifte nun einsam und allein durch Sagraba.
    Ich spürte den Blick der Tochter des Waldes auf mir ruhen.
    »Er wird nicht mehr zu euch zurückkommen, Mensch.«
    »Woher weißt … woher wisst Ihr das, Herrin?«
    »Der Wald und die Waldgeister haben es mir gesagt. Du hörst sie nicht. Glaub mir, es tut mir sehr leid, dass wir nicht eher kommen konnten.«
    »Wie …« Ein Kloß saß mir in der Kehle. »Wie ist er gestorben?«
    »Willst du das wirklich wissen?« In ihren großen schwarzen Augen spiegelte sich das Lagerfeuer. »Brauchst du diesen Schmerz? Er ist tot, reicht dir das nicht?«
    »Nein.«
    »Gut, dann sieh her! Aber behaupte nachher nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.«
    In ihren schwarzen Augen loderte ein sattes Grün auf, und noch ehe ich begriff, was gerade geschah, hatte Finsternis die Welt geschluckt.
    Triumphierend erklangen die Hörner in seinem Rücken. Trotzdem lief er weiter und weiter, um die Orks von den anderen wegzulocken. Er hoffte inständig, Egrassa möge sie aus diesem vermaledeiten Wald herausführen. Dann durfte Vagliostrien neue Hoffnung schöpfen. Die Gespenster, die Glo-Glo mit seinem Zauber heraufbeschworen hatte, folgten ihm schweigend und hinterließen im Boden und in den Blättern deutliche Fußspuren.
    Er rannte schnell, achtete jedoch darauf, sich nicht zu verausgaben, damit ihm noch genügend Kraft für den Kampf blieb. An seine Rettung glaubte Graf Alistan Markhouse jedoch nicht. Er wusste, dass ihn die Ersten früher oder später einholen würden, und er wusste ebenfalls, dass er dann verloren war.
    Der Wald wollte kein Ende nehmen. Kein Lichtstrahl brach sich durch die Ahornbäume, um ihn herum gab es nichts als Nebel. Allmählich wurde es Zeit, einen Ort zum Sterben zu finden, denn hier, inmitten von Regen, Nebel und tristem Herbstwald, würde er der Todesgöttin gewiss nicht entgegentreten.
    Der Hauptmann fürchtete den Tod nicht, dazu hatte er ihn in seinem Leben schon zu oft miterlebt. Wenn nur jemand Zeuge seines Todes wäre! In seiner frühen Jugend hatte er davon geträumt, als Held auf dem Schlachtfeld zu sterben, indem er das Banner verteidigte oder mit seinem Körper dem damals noch jungen König das Leben rettete. Es war ein schöner Tod gewesen, würdig, in Legenden besungen zu werden. Aber seinen Tod sucht man sich nicht aus. Sagra entscheidet selbst, wann und wo sie zu einem Menschen kommt und ihn ins Licht führt. Oder ins Dunkel.
    Er wollte sein Leben teuer verkaufen, deshalb hoffte er, die Orks würden nicht mit Pfeil und Bogen schießen, sondern sich dem Kampf stellen. Natürlich hätte der Hauptmann auch Aal oder Lämpler befehlen können, die Orks mit dieser Finte abzulenken. Aber hätte er jemals wieder ruhigen Schlaf gefunden, wenn er jemand anders an seiner Stelle in den Tod geschickt hätte? Nein, Alistan war es gewohnt, an der Spitze in die Schlacht zu

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