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Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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Roten Grenzflecken.«
    »So rot ist es hier aber gar nicht«, mischte sich Lämpler ein. »Bestimmt verwechselst du mal wieder was, Kli-Kli.«
    »Streng mal deinen Kopf an, Mumr! Jetzt ist Nacht! Aber tagsüber, vor allem Anfang September, ist hier von den Rotsträuchern alles rot!«
    »Schön und gut, aber wieso heißt der Ort Grenzflecken?«, schlug ich mich auf Lämplers Seite.
    »Hat doch ohnehin keinen Sinn, euch Hohlschädeln was zu erklären!«
    Der Kobold war heute Nacht in mieser Laune. Und das lag nicht nur am Roten Grenzflecken.
    Mich dagegen wies weder meine innere Stimme noch Walder auf eine Gefahr hin. Sicher, der Geist in meinem Kopf schwieg schon, seit ich vom Gefängnis des Herrn geträumt hatte. Ob der tote Erzmagier endlich abgezogen war? Na ja, große Hoffnungen machte ich mir da nicht.
    Wer war dieser Walder? Angedeutet habe ich das ja schon. Er ist ein Magier, der vor ein paar Jahrhunderten wegen des Horns des Regenbogens gestorben war und sich nun in meinem Kopf eingenistet hatte. Das ist eine lange Geschichte – aber vielleicht zeichne ich ja eines Tages mein Leben auf, dann werde ich sie in allen Einzelheiten erzählen.
    Vor mir schimmerte Lämplers Rücken. Ein Schritt, noch einer und dann noch einer. Wie viele Hundert Schritte hatte ich wohl schon getan, seit wir die Ruinen der Stadt Chu hinter uns gelassen hatten?
    Unterdessen war die Nacht zur Hälfte verstrichen, die Sterne zogen über den Himmel, der Mond schien heller und heller. Die Rotsträucher, die unter jeder Goldbirke wuchsen, hatten den Wald fest im Griff. Diese verfluchten Büsche! Am meisten hing mir ihr säuerlicher Geruch zum Hals heraus. So hartnäckig, wie er in die Nase stieg, drohte einem der Kopf zu bersten und der Niesreiz unerträglich zu werden.
    Je länger wir durch den Roten Grenzflecken zogen, desto schwerer lastete die Stille auf uns. Das Flüstern des Windes, das Rauschen der Zweige, die Schreie der Nachtvögel und das Surren der nächtlichen Insekten waren verstummt. Kein Glühwürmchen zeigte sich. Und auch kein Waldgeist. Nur unsere Schritte raschelten durch die Nacht. Der Mond verströmte bloß noch ein totes, fahles Licht. Eine schwer fassbare Wachsamkeit bemächtigte sich unser.
    Als ich hörte, wie hinter mir eine Klinge aus der Scheide glitt, fuhr ich herum. Mylord Alistan schritt mit blankem Schwert weiter, seine Miene zeigte einen entschlossenen und finsteren Ausdruck.
    »Diese Stille gefällt mir nicht«, gestand Kli-Kli, der sich unruhig nach allen Seiten umsah.
    »Die Stille hat noch niemanden getötet.«
    »Sag das nicht, Garrett«, widersprach unser Schlaukopf. »Und ob sie das schon hat!«
    Die nächste halbe Stunde brachte niemand einen Ton heraus. Alle lauschten wir auf die Stille und hofften, wenigstens irgendein Geräusch zu erhaschen, das nicht von unseren Füßen stammte.
    So ist es ja immer. Nie achtest du auf die Geräusche um dich herum, stets nimmst du sie als gegeben hin. Da tschilpt ein Vogel, dort zirpt eine Grille, hier rascheln Blätter. Bleiben diese Geräusche jedoch einmal aus, begreifst du sogleich, wie sehr dir dieses Getschilpe und Gesurre fehlt, das du allzu oft als störend empfindest.
    »Was ist das denn?«, presste Hallas heraus und ergriff die Streithacke fester.
    Der Pfad brachte uns an eine Brücke, die so alt wie Chu zu sein schien. Es hätte mich nicht gewundert, wenn sie von denselben Baumeistern erschaffen worden war, die auch die Stadt erbaut hatten. Doch im Unterschied zu dieser hatte die Zeit der Brücke nichts anhaben können.
    Eine Steinbrücke, dreißig Yard lang und zwei Yard breit. Zwei Mann vermochten sie bequem gleichzeitig zu überqueren. Beide Seiten säumte eine halbmannshohe Mauer, die ein Geländer ersetzte. Alle fünf Yard gab es zweimannshohe Säulen. Wahrscheinlich hatten sie einst ein Dach getragen (das heute fehlte), vielleicht hatten sie aber auch von vornherein einzig einen Tribut an die Schönheit dargestellt.
    Die Brücke führte über eine Schlucht oder einen Hohlweg, keine Ahnung, worum genau es sich handelte. Jedenfalls fielen die Hänge steil ins Dunkel und in einen silbrigen, vom Boden aufquellenden Nebel ab.
    »Das ist das Herz des Grenzfleckens«, erklärte Kli-Kli.
    »Müssen wir wirklich über diese Brücke?«, fragte Alistan Markhouse. »Die flößt mir nicht gerade Vertrauen ein.«
    »Keine Sorge, Mylord Alistan«, beruhigte ihn Miralissa. »Die Brücke ist stärker als jeder Felsen, es gibt sie schon seit Jahrtausenden. Nun

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