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Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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klar, dass das eine Stadt ist. Aber was für eine?«
    »Woher soll ich das wissen?« Der Narr zuckte die Achseln. »Diese Ruinen erinnern sich noch an den Abzug der Oger in die Öden Lande und die Ankunft der Orks und Elfen in Siala. Woher soll ich wissen, wer damals in ihr gelebt hat? Aber glaub mir, Chu ist sehr schön. Oder war es zumindest.«
    »Was du nicht alles weißt!«
    »Hör mal, Chu ist nicht die einzige Stadt in Sagraba, die untergegangen ist. In der Gegend, in der mein Volk lebt, gibt es noch eine. Wir nennen sie die Stadt Bu. Sie ist weit besser erhalten als Chu.«
    Die Sonne verschwand bereits hinterm Horizont, die ersten Strahlen schafften ihren Weg durch die Bäume schon nicht mehr. Im Wald wurde es schummrig. Zum hundertsten Mal überprüfte ich, ob meine Miniaturarmbrust auch geladen war. Zu meiner großen Freude und zu Kli-Klis außerordentlichem Missvergnügen hatte uns Alistan Markhouse hier zurückgelassen, während sich die anderen die Orks vorknöpften. Recht hatte er! Ein Dieb und ein Narr taugten nicht für den Kampf! Der Kobold vertrat in dieser Frage zwar eine vollständig andere Auffassung, hatte sich am Ende jedoch dazu herabgelassen, bei mir zu bleiben.
    Kraaa! Kraaa! Kurara!
    Der Schrei des Vogels flog wie ein trauriges Gespenst über die Ruinen dahin, hallte von den Mauern wider und störte die Ruhe des verlassenen Ortes auf. Mit einem Mal flackerte an der Spitze einer schief stehenden Säule und an den Baumstämmen der bläuliche Widerschein eines Zaubers auf, der zweihundert Yard von hier entfernt gewirkt wurde, nur um alles sogleich wieder der Stille einer toten Stadt zu überantworten.
    »Das ist Miralissas Werk«, sagte Kli-Kli und erhob sich ein wenig.
    »Ich höre gar nichts.«
    »Ein gutes Zeichen, denn dann hören die anderen auch nichts. Warten wir ab.«
    Und wir warteten. Die Minuten dehnten sich ins Unendliche.
    Da der dicke Moosteppich alle Geräusche schluckte, hörten wir die Schritte erst, als uns kaum noch zehn Yard von dem Mann trennten. Kli-Kli packte meinen Arm und drückte ihn so fest, dass es schmerzte. Er nickte in die Richtung einer Säule. Zunächst hielt ich den Läufer für Egrassa. Aber warum trug der Elf statt des S’kaschs einen Yatagan?
    Es war also kein Elf, sondern ein Ork. Die beiden Rassen sehen einander zu ähnlich, als dass man sie auf Anhieb unterscheiden könnte. Der Erste rannte aus der Stadt und sah sich dabei ständig um. Uns entdeckte er Sagoth sei Dank aber nicht.
    »Worauf wartest du noch?«, zischte Kli-Kli und nahm das erste Paar Wurfmesser vom Gürtel. »Der entkommt sonst.«
    Das stimmte. Und in dem Fall würde er die anderen Orks warnen. Außerdem war er so nah, dass wir uns schon Mühe geben mussten, ihn zu verfehlen.
    Die Armbrust klackte!
    Mühelos durchschlug der Bolzen das leichte Kettenhemd und bohrte sich in den Rücken des Orks. Der stolperte und fiel mit dem Gesicht auf den Boden. Ich empfand keinerlei Gewissensbisse, einem Fliehenden in den Rücken geschossen zu haben. Hätte der Erste die Gelegenheit gehabt, hätte er Kli-Kli und mich ebenso kaltblütig abgemurkst.
    »Ist er tot?«, fragte Kli-Kli.
    »Sieht so aus«, antwortete ich unsicher, behielt die Armbrust aber noch in der Hand.
    »Es sieht so aus!«, höhnte Kli-Kli. »Der bringt es fertig und spielt uns was vor!«
    »In seinem Rücken steckt ein Bolzen! Wie soll er da noch leben?«
    »Also ich werde nicht derjenige sein, der nachsieht«, verkündete Kli-Kli.
    Angst und Zweifel sind stets ansteckend, sodass nun auch ich ängstliche Blicke zu dem reglosen Ork hinüberschickte. Was, wenn Kli-Kli recht hatte und der Erste nur vorgab, tot zu sein? Den Yatagan hielt er zumindest immer noch in der Hand.
    »Gut«, seufzte ich. »Aber merk dir eins: Ich tu das nur zu deiner Beruhigung!«
    Ich näherte mich dem Körper bis auf wenige Schritte und versenkte einen zweiten Bolzen in seinem Rücken – doch der Mistkerl zuckte nicht einmal.
    »Bist du jetzt überzeugt, dass er toter als tot ist?«
    »Beinahe.« Der Narr trat vorsichtig an die Leiche heran und stieß mit der Schuhspitze gegen sie. »Die Götter seien gepriesen, den hast du erledigt.«
    »So schrecklich sind sie gar nicht! Du erledigst sie genauso einfach wie Menschen.«
    »Wenn du sie von hinten erwischst.« Egrassas Stimme ließ mich jäh herumfahren und die Armbrust hochreißen.
    »Das würde dir jetzt auch nicht helfen, Garrett. Ein Ork hätte dich längst getötet. Außerdem ist deine Armbrust nicht geladen.

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