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Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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zuvor gesehen zu haben. Allerdings kannte ich das Wappen auf seiner Jacke: eine schwarze Wolke auf grünem Hintergrund. Das Wappen meines guten, alten Freundes Baron Oro Habsbarg. Was hatte den Mann denn hierher verschlagen?
    »Aber wir kennen dich nicht«, knurrte Hallas. »Wir sind dir noch nie im Leben begegnet.«
    »Da irrst du dich, verehrter Mann! Habt ihr das Maulwurfsschloss vergessen?«
    »Nein.«
    »Ich war einer der Männer Habsbargs!« Dann wandte er sich an Lämpler. »Du bist doch der Mann, der Maylow Trug erledigt hat?!«
    »Mhm«, brummte Mumr.
    »He! Männer!«, schrie der Soldat laut durch die ganze Kaserne. »Das ist der Meister des Langschwerts, von dem ich euch erzählt habe! Er hat Trug im Schloss der Guten Seele das Licht ausgeblasen.«
    Offenbar hatten schon alle Soldaten im Königreich von Lämplers Großtat gehört. Im Nu war unser Tisch von einer dichten Menge umstellt, und jeder wollte Mumr auf die Schulter klopfen. Diejenigen, die nicht bis zu ihm vorkamen, stürzten sich auf Hallas und mich. Ob sie annahmen, wir hätten bei jenem denkwürdigen Gericht der Sagra im Innenhof des Schlosses von Algert Dally gemeinsam das Langschwert geschwungen? Doch Hallas genoss es augenscheinlich, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen.
    Der Mann Habsbargs sprudelte über und erzählte vermutlich zum hundertsten Mal die Geschichte dieses Duells. Die anderen lauschten gebannt. Irgendwann bahnte sich ein grauhaariger Veteran den Weg zu unserem Tisch. Er hatte ein Langschwert geschultert, dessen Griff ein goldenes Eichenblatt zierte. Also war auch er ein Meister. Er verneigte sich ehrerbietig, worauf Mumr ihm ebenfalls eine Verbeugung entbot.
    Der Soldat ersuchte den Herrn Lämpler höflich und natürlich nur, falls dessen Zeit es ihm erlaubte, ihm einige Stunden zu erteilen. Mumr willigte sofort ein. Hallas grummelte, ein Bierchen wäre jetzt nicht schlecht, worauf einer der jungen Soldaten beflissen aus der Kaserne eilte, um kurz darauf mit bauchigen Bierkrügen für uns zurückzukehren.
    Beim Dunkel! In Sagraba hatte ich doch ganz vergessen, wie Bier schmeckte. Unterdessen spann Hallas im Kreis dankbarer Zuhörer sein Garn. Mit stolzgeschwellter Brust berichtete er, wie er allein mich aus dem Labyrinth der Orks gerettet und mit seiner Streithacke im Goldenen Wald achtundneunzig Orks und einen H’san’kor erschlagen hatte. Und seine Zuhörer glaubten ihm. Wie auch nicht? Schließlich konnte er zum Beweis ein Horn dieses Waldmonsters vorweisen!
    Am Ende des Märchens hätten sich alle Soldaten in der Kaserne freudigen Herzens für ihn ins Feuer gestürzt. Ich war mir sicher, dass binnen drei Tagen die ganze Armee Hallas’ Märchen kennen würde. Die Götter seien gepriesen, dass er nicht noch von Drachen und Prinzessinnen angefangen hatte.
    Nun richteten sich auch auf mich immer öfter fragende Blicke. Wahrscheinlich nahmen einige der Anwesenden an, bei einer so erlauchten Gesellschaft wie jener der Herren Deler und Hallas müsste auch ich ein legendärer Held sein. Vielleicht hatte ich ja mit bloßen Händen dem Unaussprechlichen den Hals umgedreht? Oder Hrad Spine durchquert und das Horn des Regenbogens geholt?
    »Was hat dich hierher verschlagen?«, fragte ich irgendwann Habsbargs Mann.
    »Ich bin jetzt der Adjutant und persönliche Abgesandte Mylords!«, antwortete er stolz. »Er hat mich hierher geschickt, um Hilfe zu holen.«
    »Ist der Baron denn in Schwierigkeiten?«
    »Der Baron?« Der Soldat lachte. »Das war einmal!«
    Genau in dieser Sekunde tauchte Kli-Kli auf, unterbrach kurzerhand Hallas, der sich gerade darüber ausließ, wie er die blutrünstigen Wyvern vor unser Floß gespannt hatte, und verkündete: »Egrassa ruft uns zu sich!«
    »Tut mir leid, Brüder!«, sagte Hallas enttäuscht und leerte mit einem Schluck seinen Krug. »Ich werde gebraucht. Falls wir alle überleben, erzähle ich die Geschichte zu Ende.«
    Die Soldaten wünschten uns ausnahmslos Glück, auch eine zweite Runde Schultergeklopfe wurde uns zuteil. Nachdem ich mich in Kli-Klis Gefolge durch die Menge gekämpft hatte, schmerzte meine Schulter, als hätte ich den lieben langen Tag Lasten geschleppt.
    »Wohin bringst du uns?«, fragte ich Kli-Kli.
    »An einen ruhigeren Ort. Dorthin, wo wir wie vernünftige Leute miteinander reden können«, antwortete sie.
    »Dann hat Egrassa gar nicht nach uns geschickt?«, empörte sich Hallas.
    »Natürlich nicht.«
    »Aber ich hatte meine Geschichte noch nicht zu Ende

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