Schattentänzer
anderen. Heute ist eine bedeutsame Nacht, Garrett. Du kannst dir nicht vorstellen, wie bedeutsam. Heute entscheidet sich diese Partie des Spiels. Wenn der Spieler den Befehlen unseres Gegners folgt, dann wird das Gleichgewicht zerstört. Und dann verlassen gewisse Wesen die Beinernen Paläste. Wenn das geschieht, wird sich Siala am Beginn des Dunklen Zeitalters wiederfinden. Mein Herr hegt jedoch nicht den geringsten Wunsch, diese Welt neu zu schaffen.«
»Gut. Aber jetzt mal der Reihe nach. Was haben das Horn und der Spieler damit zu tun?«
»Wenn der Spieler das Horn nach seinem Plan einsetzt, geht das Spiel verloren.«
»Dann sorgt dafür, dass er das Artefakt nicht in die Hände bekommt.«
»Das hat er aber schon.«
»Oh!«, stieß ich aus, während ich mir die Neuigkeit durch den Kopf gehen ließ. »Dann tötet ihn!«
»Der Herr hat nicht das Recht, den Spieler zu töten.«
»Hast du nicht gesagt, dein Herr habe gewusst, welchen Lauf das Spiel nimmt? Warum hat er dann nicht vorausgesehen, dass das Horn in die falschen Hände gerät? Halt! Wer ist eigentlich dieser Spieler?«
»Ein guter Einwand, Garrett. Aber selbst der Herr kann sich einmal irren. Vor allem, wenn es um Menschen geht, denn die Menschen sind schwach. Der Spieler ist keine Ausnahme. Der Herr wusste, dass der Spieler das Horn bekommt, aber er hat nicht angenommen, dass der alte Fuchs damit in eine andere Höhle rennt. Ich spreche natürlich von Arziwus.«
»Nein! Das kann nicht sein!«
»Warum nicht?«
»Warum sollte sich Arziwus auf eine solche Sache einlassen?« Ich war bereit, eine Menge zu glauben – aber dass der alte Arziwus der Spieler sein sollte, der es auf meinen Tod abgesehen hatte …
»Was wundert dich daran? Nur ein Magier kann Spieler werden. Der Herr hat ihm für seinen Dienst Wissen und Macht versprochen.«
»Und was hat ihm der andere Herr versprochen?«
»Jugend und Unsterblichkeit.«
»Verstehe.«
Und dann fing der Sendbote zu erzählen an. Es war Arziwus gewesen, der darauf bestanden hatte, dass ich das Horn besorge. Er hatte angenommen, ich würde die Aufgabe nicht bewältigen, sodass das Artefakt in Hrad Spine verbliebe.
Sobald die Sterne ihm sagten, ich könnte es schaffen, beschloss er, mich zu töten. Nun mischte sich jedoch der Herr ein, der es dem Magier verboten hat, mir auch nur ein Haar zu krümmen. Deshalb war Arziwus auf Bleichling verfallen.
Es waren auch die Männer von Arziwus, die das Pferd der Schatten gestohlen hatten. Der Erzmagier brauchte das Artefakt, mit dem sich die Dämonen beherrschen ließen, für seine eigenen Zwecke (zu dieser Zeit hatte der andere Herr den Magier bereits auf seine Seite gezogen). Doch abermals betrat der allgegenwärtige Garrett die Bühne – und Arziwus musste das Pferd der Schatten dem Orden überlassen, damit er nicht den Verdacht des Herrn von Siala weckte.
Als ich in jener Nacht nach dem Kampf um das Pferd der Schatten mit Arziwus in der Kutsche davonfuhr, hatte mein Leben an einem seidenen Faden gehangen. Der Alte hatte durchaus nicht die Absicht gehabt, mich zum König zu bringen. Er hörte sich meine Geschichte an und vergewisserte sich, dass ich nicht einmal ahnte, welche Rolle er in der Geschichte mit den Karten von Hrad Spine und dem Pferd der Schatten spielte. Was mich rettete, war meine Behauptung, ich trüge die Karten von Hrad Spine nicht bei mir. Allerdings setzte Arziwus daraufhin ein paar gedungene Meuchelmörder auf For an, denn er vermutete völlig zu Recht, die Papiere seien bei ihm.
»Ich könnte fortfahren, Dieb, aber unsere Zeit ist zu kostbar. Du musst das Horn stehlen.«
»Deine Geschichte enthält noch zu viele Ungereimtheiten«, entgegnete ich. »Das Horn befindet sich inzwischen seit über einem Monat in Arziwus’ Händen. Warum sollte er es ausgerechnet heute einsetzen? Er hätte das doch schon längst tun können. Zum Beispiel während des Sturms auf die Stadt, als alle mit anderen Dingen beschäftigt waren.«
»Stimmt, das hätte er tun können. Aber damals hätte er nicht das Ergebnis erzielt, das sein neuer Herr von ihm erwartet. Nein, er kann das Pferd der Schatten und das Horn des Regenbogens nur heute Nacht miteinander vereinen.«
»Ich gehe jede Wette ein, dass dein Herr schon sehr lange vom Verrat des Spielers weiß. Und ebenso lange weiß er, was heute Nacht geschieht. Oder etwa nicht?«
»Schon möglich.«
»Warum im Namen Sagoths hat er dann das Artefakt nicht früher stehlen lassen?! Warum erst heute?! Und
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