Schattentänzer
Blutegel sind wir alle besser dran. Aber ich bleibe nicht gern was schuldig. Was ist, wirst du über den Vorschlag nachdenken?«
»Ja.«
»Sehr schön. Wir sehen uns, Meister.«
»Tun wir.«
Shelos und seine Schläger zogen ab. Ich ließ mir tatsächlich durch den Kopf gehen, ob ich der Gilde beitreten sollte oder ob ich weiterhin mein eigener Herr bleiben wollte. Beides hatte Vor- und Nachteile, weswegen die Entscheidung nicht ganz leichtfiel.
Allmählich wurde es Zeit aufzubrechen. Ich bat Gosmo, mir das Bier auf die Rechnung zu setzen, verabschiedete mich von ihm und verließ die Schenke.
Es war schon dunkel, und inzwischen sah man noch weniger Menschen in den Straßen. Es schneite. Da kein Wind ging, schwebten die Flocken sanft aufs Pflaster. Beim Dunkel! Offenbar hatte ich länger in Gosmos Schenke gesessen als geplant. Jetzt musste ich mich beeilen.
Ich schlug mich durch die Gassen des Hafenviertels, auch wenn ein solcher Spaziergang einen unerfahrenen Mann den Geldbeutel, zuweilen auch das Leben kosten konnte. Aber es war eine Abkürzung. In den schummrigen und verlassenen Straßen ließ ich es nicht an Wachsamkeit mangeln und hielt die Armbrust bereit.
Sagoth hatte Mitleid mit mir, niemand wollte mir das Leder gerben. Einmal traf ich zwar auf ein Dutzend Angehörige der Stadtwache, die mir höchst argwöhnische Blicke hinterherschickten, doch keine Fragen stellten. Ich bog in die Straße der Wanzen ein, kam in die Straße der Äpfel, huschte durch die Kleine Bittergasse, trat in einen dunklen Durchgang und …
… wurde von jemandem fest von hinten bei den Schultern gepackt. Ich wollte die Waffe anlegen, doch der Unbekannte fing meine Hand ab und würgte mich gleichzeitig, sodass ich kaum noch Luft bekam. Ganz zu schweigen davon, dass ich mich nicht mehr rühren konnte.
»Deine Waffe wird dir kaum helfen, Garrett«, erklärte mir eine spöttische Stimme. Ich erschauderte und leistete nicht länger Widerstand.
Der Sendbote! Hol ihn das Dunkel!
»Du weißt, wer ich bin, Dieb. Ich lass dich jetzt los. Ein kluger Kopf wie du wird ja wohl keine Dummheiten machen, oder?«
Ich schwieg.
»Gut«, brachte der Sendbote heraus. »Du hast dir also das Horn geholt.«
»Stell dir vor, das habe ich«, brachte ich heraus, während ich fieberhaft überlegte, was der Kerl wohl von mir wollte. »Das hättet ihr euch nicht träumen lassen, du und dein Herr, oder?«
»Bild dir nichts ein, Garrett.« Er lachte leise. »Der Herr wusste ganz genau, welchen Lauf das Spiel nimmt. Du hast das Horn nur, weil er es so wollte.«
Nun gab mich die Kreatur frei. Ich trat einen Schritt vor und drehte mich um. Er stand auch diesmal im Halbdunkel, sodass ich nur einen dunklen Schatten und die goldenen Augen zu erkennen vermochte.
»Was willst du?«
»Kann es sein, dass du nicht gerade erfreut über meinen Besuch bist?«
Ich hüllte mich in Schweigen.
»Gut, Garrett.« Der Sendbote seufzte, während seine Augen funkelten. »Es wird Zeit, deine Schulden zu begleichen.«
»Meine Schulden?!«
»Hast du etwa unseren kleinen Handel vergessen?«
»Nein, Jok.« Der Name des Sendboten war mir unwillentlich über die Lippen gekommen.
»Sehr schön.« Er überging meinen Versprecher. »Der Herr bittet dich nun, den Kontrakt mit ihm einzugehen.«
Ich seufzte. Ich hatte zwar nicht die geringste Lust, einen Kontrakt für den Herrn zu übernehmen, aber auf den Handel hatte ich mich nun einmal eingelassen. Außerdem würde der Sendbote nicht verschwinden, bevor ich einwilligte.
»Worum geht es?«
»Um die kleinste Kleinigkeit, Dieb. Du brauchst bloß bis Mitternacht das Horn des Regenbogens aus dem Turm des Ordens zu stehlen.«
Hatte mir da eben jemand einen Streithammer über den Schädel gezogen?
»Will sich dein Herr über mich lustig machen?! Das werde ich auf keinen Fall tun.«
»Warum nicht?«
»Weil es unmöglich ist! Niemand dringt in den Turm des Ordens ein und stiehlt das Horn des Regenbogens!«
»Jetzt hör mir mal gut zu, Garrett. Du besorgst dieses Artefakt. Und zwar bis Mitternacht. Und zwar nicht nur weil du in unseren kleinen Handel eingewilligt hast. Nein, sondern weil du es selbst willst, wenn du erst einmal gehört hast, was ich dir zu sagen habe.«
»Und das wäre?« Sollte mir doch der Mond auf den Kopf fallen – aber ich würde das Horn nicht freiwillig holen.
»Der Spieler hat den Herrn verraten.«
»Ich sehe den Zusammenhang nicht.«
»Der Spieler hat meinen Herrn verraten und dient jetzt einem
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