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Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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damit mich der Elf erkennen konnte.
    »Was willst du?«, fragte Egrassa unfreundlich und senkte den Bogen.
    »Deler hat gesagt, dass ich dich hier finde.«
    »Ja und?«
    Gute Frage. Was zum Dunkel hatte mich eigentlich hierher geführt? Die gelben Augen blickten mich mit festem Blick an.
    »Es tut mir leid, was mit Miralissa geschehen ist.«
    Schweigen.
    »Sie hat doch eine Tochter, oder?«
    »Woher weißt du das?«
    »Sie hat es mir erzählt.«
    »Sie hat gesagt … Sie hat sehr auf euch Menschen gehofft … Sie hat euch geachtet und angenommen, ihr wäret im Grunde eures Herzens nicht schlecht, ihr wüsstet nur nicht, was in euch steckt. Die meisten Elfen sehen das anders. Sie hätte das Haus nie verlassen dürfen. Niemand von uns hätte das tun sollen.«
    »Ich …«
    »Hol einfach dieses Horn, Garrett. Mehr nicht. Beweis mir und meinen Artgenossen, dass sich Miralissa nicht geirrt hat. Und jetzt geh, du störst mich.«
    Ich drehte mich um.
    »Garrett!«, rief mir Egrassa nach.
    »Ja?«
    »Du holst doch das Horn?«
    »Ja.«
    »Bestimmt?«
    »Bestimmt«, antwortete ich.
    Darauf sagte Egrassa kein Wort mehr.
    Als ich zum Lagerfeuer zurückkehrte, schlief Deler bereits. Jetzt hatte Hallas Wache. Als er mich hörte, packte er seine Streithacke, doch kaum erkannte er mich, spuckte er missbilligend ins Feuer. »Du bringst mich noch ins Grab«, knurrte er.
    Ich setzte eine schuldbewusste Miene auf, hüllte mich in meine Decke und fiel in einen traumlosen Schlaf.
    »Jetzt brauchen wir die Ersten nicht mehr zu fürchten.« Der Elf stützte sich auf die Lanze des Grauen.
    »Dafür sollten wir Balistan Pargaide und sein Gesindel fürchten, das sind mehr als zwanzig Mann.« Mylord Alistan überzeugte sich, dass sein Schwert leicht aus der Scheide glitt.
    »Und Lathressa«, rief uns Kli-Kli in Erinnerung. »Die wiegt gut zwanzig Soldaten auf.«
    Der Narr hatte recht: Lathressa war gefährlich, vor allem jetzt, da Miralissa nicht mehr bei uns war.
    »Bis zum Osttor ist es nicht mehr weit. Vorwärts!«, sagte Egrassa und ging uns voraus.
    Wir marschierten durch ein Waldstück, in dem einzig Goldbirke wuchs. Diese Bäume übertrafen alles, was wir bisher gesehen hatten. Die gewaltigen Stämme hatten einen Umfang von fünfzehn Yard, die Kronen ragten in unerreichbare Höhen auf und schienen sich in den Himmel zu bohren. Hier und da lugten orangefarbene Wurzeln aus dem Erdboden, jede viermal so dick wie der Schenkel eines erwachsenen Mannes. Durch die Kronen der Goldbirken bahnten sich die Sonnenstrahlen ihren Weg, um den Nebel aufzustören, der seit dem Morgen in der Luft hing. Genau so hatte ich mir Sagraba vorgestellt: mächtig und wundervoll.
    Rrrrrr … Rrrrrr …
    »Wie sich dieser Specht ins Zeug legt!«, bemerkte Deler.
    »Ruhe!«, zischte Egrassa und lauschte den Waldgeräuschen nach.
    Der Wind strich leise durch die Wipfel der Bäume, der Specht hackte unermüdlich nach Nahrung, Vögel zwitscherten, Insekten summten im Gras. Der Wald lebte sein eigenes Leben und tat so, als stünde nicht schon längst der Herbst vor der Tür.
    »Menschen. Ganz in der Nähe.« Der Elf lehnte die Lanze gegen einen Baum, spannte eine neue Sehne auf den Bogen und zog einen Pfeil aus dem Köcher. »Ich überprüfe das. Wenn ihr etwas hört, haltet euch bereit!«
    »Aal! Du begleitest Egrassa!«, befahl Alistan Markhouse.
    »Ja, Mylord. Leihst du mir deine Armbrust, Garrett?«
    »Sie ist bereits geladen.« Ich hielt dem Garraker meine Waffe und zwei Ersatzbolzen hin.
    »Wenn keine Gefahr besteht, pfeife ich«, sagte der Elf.
    Die beiden verschwanden im dichten Wacholdergebüsch. Lange Zeit war außer den Geräuschen des Waldes nichts zu hören. Wir warteten angespannt. Endlich vernahmen wir einen schwachen Pfiff.
    »Vorwärts!«, kommandierte Alistan Markhouse. »Kli-Kli, lauf mir nicht vor die Füße!«
    »Wann hätte ich das je getan?«, murrte Kli-Kli und zog seine Wurfmesser. »Das ist doch Garretts Spezialität.«
    Ich grinste bloß, verkniff mir aber jede Bemerkung und schnappte mir die Lanze des Elfen.
    Egrassa und Aal empfingen uns auf einer kleinen, schattigen Lichtung, die von Goldbirken gesäumt war. Ich fragte mich, ob es tatsächlich die Natur gewesen war, welche die Bäume in dieser Weise hatte wachsen lassen. Der Kreis, den sie bildeten, schien mir nämlich allzu gleichmäßig. Die undurchdringliche, dunkel-orangefarbene Wand aus Baumstämmen schien den Ort gegen die übrige Welt abzuschirmen. In der Mitte der Lichtung erhob

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